laut.de-Kritik

Donnerbalken-Party zum Jubiläum? Weit gefehlt.

Review von

20 Jahre Fiddler's Green. Ein Jubiläum, das angemessen gefeiert werden will. Schließlich sind die Erlanger seit der großen Folkpunk-Welle in Deutschland zu Beginn der 90er Jahre im Geschäft.

Als das Boot mit Weggang von Fixpunkt Peter Müller, dem geliebten Feind, zu kentern drohte, besann man sich der eigenen kompositorischen Fähigkeiten und holte als zweiten Sänger (neben Gründungsmitglied Ralf Albers) Patrick Prziwara. Die vorliegende Scheibe ist das erste Livedokument in der neuen Besetzung.

Und zur Porzellan-Hochzeit muss es selbstverständlich ein Gig in der süddeutschen Heimatstadt sein. Das Publikum im E-Werk spielt mit und frisst der Band quasi aus der Hand. Trotz der gelegentlichen und wohl unvermeidlichen Rituale aus der Grundausstattung eines jeden Mallorca-Animateurs gerät das Konzert zum Glück nicht zur Donnerbalken-Party.

Im Vordergrund steht immer die Musik. Das hat die Truppe vor allem den alten Folkhasen Stefan Klug und Tobias Heindl zu verdanken, die mit Bodhran, Geige und Akkordeon aufspielen, als täten sie seit Gründung der Sinn Féin nichts anderes. Egal ob angepunkter Rock, ruhige Balladen, Jigs oder Reels - das Duo lässt die Stimmung nach Belieben hochkochen oder herunterstrippen.

So bleibt es für die beiden Shouter ein Leichtes, die komplette Irish Folk Picture Show abzufackeln. Und erst auf der Bühne zeigt sich, welch ein Glücksgriff Pat Prziwara für das Veteranenquintett seit vier Jahren ist.

Während Albi Albers wie immer auf extrem sauberen Gesang mit klarer Stimme setzt, gibt der nicht mehr ganz so neue Mann gern den trinkfest tönenden harschen Widerpart: Das Duell zwischen Oxford-Englischem-Streberfolk und versoffen irischem Beelzebub.

Tracks wie "Marie's Wedding" oder "Bottom Of Our Glass" sollten auf keiner Genreparty fehlen. Doch gerade die romantischen Songs wie "Rose In The Heather" oder der "Captain Song" bekommen durch kehligen Sandpapier-Charme erst den echten Kick.

Zwar trifft von den frischen Eigenkompositionen Fiddler's Mark II noch nicht jedes Lied ins Schwarze. Dafür räumen sie bei Auswahl und Interpretation der Traditionals richtig ab. Als Anspieltipps seien hier "Lanigan's Ball" und "Mrs. McGrath" jedem Irish Folk Fan wärmstens ans Herz gelegt.

Natürlich muss man sich trotzdem in jeder Sekunde bewusst sein, dass Pogues und Konsorten in den Fiddlern waschechte Epigonen gefunden haben. Besonders Patricks Gesang bleibt so dermaßen in Richtung Shane MacGowan angelegt, dass man nach dem Genuss dieser Platte die Originale in den Player werfen muss.

Anders gesagt: Fiddler's Green verhalten sich zu den irischen Pionieren wie die 69 Eyes zu den Sisters Of Mercy. Wer darüber hinwegsehen mag, erhält eine fette Dosis teutonisch-irische Party.

Trackliste

  1. 1. Life Full Of Pain
  2. 2. Sporting Day
  3. 3. Folk's Not Dead
  4. 4. Lanigan's Ball
  5. 5. Irish Air
  6. 6. Mrs. McGrath
  7. 7. All These Feelings
  8. 8. Bottom Of Our Glass
  9. 9. Bretonix
  10. 10. Marie's Wedding
  11. 11. Rose In The Heather
  12. 12. Another Spring Song
  13. 13. The Night Pat Murphy Died
  14. 14. Rocky Road To Dublin
  15. 15. Captain Song
  16. 16. Bugger Off
  17. 17. Blarney Roses

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