laut.de-Kritik
Die Hantelbank immer fest im Blick.
Review von Stefan JohannesbergMit knapp 38 Jahren spannt der Ranzen wie am Schulanfang – nur eben auf der anderen Seite. Das eine klitzekleine Gläschen Wein am Abend wildert in den Gehirnzellen wie Alzheimer und nach dem Seven-To-Seven-Job endet um 21:45 Uhr nicht nur der Tatort. Doch – der Energie um uns sei Dank – marschiert ein deutscher Bad Boy 2013 mit seiner drei "Echter-Mann-starken" Truppe durch die Straßen des Rapgames und prügelt alle lahmarschigen Langweiler humorlos aus dem Pups-Sessel an die Geräte zum Pumpen: "Maskulin Motivation" ist angesagt.
"... Kritiker haben es angezweifelt / Doch mittlerweile hat das ganze Land gepeilt / welche Wegrichtung die Zukunft weist / gut gebaut, gut gestylt ...", Animus rollt auf dem gleichnamigen Track unaufhaltsam nach vorne, während sich der top produzierte Beat mit fiebrigen Synthies tonnenschwer durch die Boxen schleppt - Glocken, Toms und Scratches inklusive. Armselige Ausreden oder zaghaftes Zaudern ziehen hier nicht, Tunnelblick, Schultern breit machen und seine Aufgaben und Anforderungen aktiv in Angriff nehmen.
Wie könnte man dem körperlich und künstlerisch vielschichtigen Animus auch widersprechen? Er fühlt sich umgeben von Fler, Silla, Jihad und der ganzen Rocker-Macho-Atmosphäre pudelwohl wie Hamburger im goldenen Club. Es sagt sehr viel aus, dass der neue Maskuliner das Crew-Tape nach Belieben dominieren darf und sich Chef Fler geschickt im Hintergrund hält: Der Heidelberger hat einfach was zu erzählen. Auf dem böse klingenden "Beast Mode" reitet er gnadenlos gegen den Rest der Welt wie Theo und behält neben klassischen Anti-Hater-Rezepten auch die Hantelbank fest im Blick: "... Beast Mode / Schweres Eisen / Muskeln schuften hart, bis sie reißen.".
Aber Obacht: Animus legt nicht nur Gewicht auf, er legt es auch in seine Verse. "Ausreden: Fremdwort / Bin ich nicht am Pumpen, mache ich Denksport" ("Beast Mode"). Auf den weiteren Solo-Tracks "Keine Rücksicht" und "Die schwerste Schlacht" fließt er wasserfest über die bangenden Beats - Fler hält tatsächlich Wort wie Demonstranten, denn die Produzenten Hijackers, X-plosive, Cubeatz und JumpaBeatz (lassen die Ohren sogar als MP3 mit Apple-Kopfhörern vibrieren) und berichtet bildhaft und stimmig über seinen Struggle, seine Motivation. "Ich dachte, ich spüre mein Herz nie wieder / Denn mich zogen all die Schmerzen tiefer / Bis ich eines Tages lernte, Gott spart die schwersten Schlachten für die stärksten Krieger".
Fakt: Geschäftsmann Fler checkt, wie in mehreren Interview bereits angekündigt, ob Animus durch die Decke gehen kann wie der blutige Baron. Antwort: Asap. Oder wenigstens ein Kollabo-Album mit Kollege Silla. Die Chemie und die Flows - besonders der beiden Bodybuilder - funktionieren auf dem Breitwand-Kopfnicker "Hardcore" und dem böse nach vorne preschenden Old School-Breakbeat "Schwarzes Tanktop" erstaunlich gut. Im Zusammenspiel mit dem bekannten Duo Fler und Jihad sind die fitten Vier auch auf fast allen Tracks stärker als die Summe der Einzelteile – nur bei "High Heels" und "Money" fallen die Hanteln aus der Hand.
Reife 38-Jährige müssen eben passen wie bei Pep Guardiola, wenn auf Deutsch in "High Heels" geschnackselt wird und "Money" in den Slips der Stripperinnen verschwindet. Sex-Mucke in allen Ehren, aber bitte nur als Soul-Musik und nicht als Synthie-Proll-Style. Und Scheine schmeißen im Club war früher, im Reihenhaus wirft man jetzt kein Geld mehr auf den Flur – erstens hat man ihn ja eben im schwarzen Tanktop geputzt und zweitens kriegt man sonst Stress mit der Frau.
Doch gerade wenn man sich fragt, ob man wirklich der maskulinen Motivation frönen möchte, schiebt sich ein Animus zwischen all die Schlampen und schreibt mit "Ich Bin Da Für Dich" einen der schönsten Rap-Love-Songs ever. Neben unpeinlichen Zeilen kommt Animus realer als real und – ein Novum im Rapgame – bleibt trotzdem (Cheating?) bei ihr: "So lange du ehrlich bist zu deinem Mann / gibt es nichts, was ich nicht verzeihen kann". Stark – und schon schiebt sich die Anzeige doch noch auf vier Punkte. Maskuline Motivation eben. Mit dem Soundtrack greift man ja auch eher zur 10-Kilo-Hantel – selbst wenn diese noch einen Tick zu schwer ist.
23 Kommentare mit 32 Antworten
4 Sterne - check. Hätte ich nicht erwartet hier. Kenne nur die Vorab-Singles "high heels" und "schwarzes Tanktop", geht mir beides gar nicht rein. Aber im Grunde sehr sympathisch alle, wünsche gutes Gelingen!
nein. sprayer fler, der mitunter hart auf gangsta macht gehört zu den abmahnern und heult über die pööhsen download kiddies
Lol, diese Typen und Denksport. Schon sehr wack, die ganze Veranstaltung.
Wieso sprichst Du denen das denken ab? Kannst Du das irgendwie begründen, oder ist das nur so ein Gefühl?
Musikalisch ist das auch nix für mich.
Das planlose, debile Geblubber, dass diese Herren in Interviews von sich geben, ist Beweis genug. Und Animus sieht dazu noch aus wie ein Michelinmännchen, dass zu lange im Solarium war.
Verstehe nicht welches Geblubber Du meinst, alle Aussagen sind schlüssig und erläutern den Maskulin-Stil komplett. Kannst Du evtl. 1-2 Beispiele bringen von Aussagen die Deinen Eindruck stützen?
Animus sieht aus wie jemand der seit 10 Jahren sauber trainiert. Er ist Perser, evtl. kommt der dunklere Teint daher?
Wenn man so unterkomplexen Kram daherschwafelt ist eigentlich kaum möglich, widersprüchliche Aussagen zu treffen. Aber ein Beispiel: Fler zickt rum, weil KIZ ihn gesampled haben, er behauptet es würde ihm nicht ums Geld gehen, verlangt aber dennoch Geld. Ansonsten hört man antiquiertes Geblubber über Männlichkeit, dass nur Horste wie dich interessiert.
Und wenn das 10 Jahre sauberes Training sein solln, dann empfehle ich umgehend dieses Training einzustellen, da niemand das Michelinmännchen attraktiv findet.
Mal abgesehen davon, dass du Lauch der letzte bist, der Widersprüche erkennen kann.
Generali: Wenn KIZ das Sample nicht klärt darf Fler doch Kohle verlangen, auch wenn er sie nicht nötig hätte, was los? Und die Männlichkeit die die Jungs da definieren ist im Grunde ok, wenn auch für Kings wie mich eh selbstverständlich.
Und was Du so denkst was NIEMAND denkt, youkno..
Dieser Kommentar wurde vor 11 Jahren durch den Autor entfernt.
Was nichts daran ändert, dass seine Aussagen widersprüchlich sind, Fanopfer.
Ich bin kein Fan von Fler oder Maskulin. Nie gewesen. Konnte bis auf die alten Sachen mit Bubu und ner handvoll weiterer Tracks nichts anfangen. Finde ihn vom Typ her halt ganz sympathisch, wie auch einige seiner Aussagen. Wenn man kein Hater ist wird man direkt als "Fan" eingestuft, wa..
ich erinnere nur mal an das interview in dem fler den doubletime-rap erklärt... das tut echt weh beim zuhören
Och, die Line ist doch noch super selbstironisch!
Aber dieser Animus rappt sowas von ausdruckslos und lahm, wo soll da der Flow sein? Halt so'n Bushido/Fler-Slow Flow, mehr nicht...ist mir zu standard.
Ansonsten halte ich es mit Eko "Was für Trap-Musik? Macht mal Rap-Musik!" und pumpe dann doch lieber SSIO.
Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.
Mixtape ist Müll, das letzte reguläre Album war um Längen besser.
Stefan ist der einzige Kritiker hier, der lang genug dabei ist, um HipHop/Rap zu verstehen. Ist einfach so. Wenn ich mir andere Kritiken des öfteren durchlesen, bekomme ich fremdschämen
Stefan ist natürlich spätestens seit der gerade damals mutigen und noch heute grandiosen VBBZS-Rezension unhatebar. Würde mir deutlich mehr Rezensionen von ihm wünschen, z.B. demnächst echt mal einen Meilenstein-Text zu "Diplomatic Immunity" oder "Purple Haze".
Dein Kommentar hätte allerdings besser unter "Blaues Blut" gepasst, denn bis auf die Beats ist das hier doch nix. Animus mit seinem wacken Stimmeinsatz ist nicht ohne Grund wieder von der Bildfläche verschwunden und Fler hat wohl höchstens hier und da mal ein paar Minuten zwischen zwei Telefonaten investiert... Lyrisch unter aller Sau teilweise, auch für Fler-Verhältnisse. Die anderen beiden sind eh nicht meine Kanne Bier. Insgesamt sehr mau, vielleicht 2/5.
Übrigens muss ich mich an dieser Stelle noch einmal beim Menschenfeind bedanken, der mir damals "Blaues Blut" empfohlen hat. Hier lag Stefan goldrichtig. Ein unterschätztes Album, das vielleicht ein, zwei Jahre zu früh kam. Deutschland peilt es eben entweder gar nicht oder zu spät...
das kommende fler-album wird einschlagen wie chris brown
vertrau mir. der ist auf dem zenit