laut.de-Kritik
Diese Stücke leben, pumpen, atmen.
Review von Martin TenschertWerden einem die dreizehn Stücke von "Ways Over Water" tatsächlich Möglichkeiten eröffnen, auf dem Wasser zu wandeln wie weiland der Schreiner aus Nazareth? Oder bieten sie eher so konventionell bootsmäßige Lösungen an? Es ist dem Berliner jedenfalls hoch anzurechen, dass er zwischen seinen mannigfaltigen Live-Auftritten noch genug Zeit gefunden hat, um seinen dritten Longplayer zu realisieren. Nach den hochwertigen Vorgängern "Here Today Gone Tomorrow" und "Sick Travellin'" auch kein wirklich einfaches Unterfangen.
Souliger Stimmeinsatz ist und war sicherlich eines der stilprägendsten Elemente Kalkbrenners. Die starke Single "Back Home" überzeugt neben den charismatischen Vocals jedenfalls mit knackigen Claps und eingängiger, ja radiotauglicher Melodie.
Das euphorische "One Of These Days" bleibt ebenfalls sofort hängen und generiert selbst am vernebeltsten Bodensee sofort einige Hektoliter gute Laune. Dass Fritz ein besessener Klangforscher ist, ist kein Geheimnis. Trotzdem gelingt es ihm, die Tracks nicht zu glatt zu polieren, ihren Charme durch übertriebenes Mastering abzuschleifen. Vielmehr leben, pumpen, atmen die Stücke.
Ein gutes Beispiel hierfür ist "The Sun", eine cremig melancholische Ode an den Feuerball und seinen Zyklus. Neben diesen doch eher poppigen Stücken verkommt der Clubsektor keineswegs zum Stiefkind: Da kommt man her und da geht man auch immer wieder hin. Shuffelnde Houseperlen wie "Three The Hard Way" oder auch "Pitch Perfect" mit seiner Deepness gefallen besonders.
Paulchens großer Bruder hat sich erfreulicherweise auch mehrheitlich für eine fette Kickdrum entschieden. Knackig, laut und druckvoll produziert. Trotzdem lässt sie immer noch Raum für die kleinen, die leisen Töne, die Kalkis Stärke sind. Dies wird bei lockeren Downtempo-Nummern wie "Front Of The World deutlich, die auch einen prima Filmsoundtrack abgäbe.
Wer weiß, vielleicht kommt ja bald nach Bruders Vorbild auch mehr Filmmusik vom ehemaligen Kulturredakteur. Jetzt aber erstmal bequemes Schuhwerk angelegt und übers Wasser dancen.
2 Kommentare
Ick freu ma druff.
Ich muss sagen, mit den Jahren habe ich den Geschmack an dem Kalkbrenner Sound verloren. Ziemlich popig mit guten Melodien, jedoch auch extrem simpel und kommerziell. Da gibt es einfach viele andere Künstler, die ähnliche gute Melodien aus dem Ärmel schütteln, ohne die Komplexität der Songs aufzugeben. Vor allem die zwei letzten Alben von Fritz und Paul fand ich sehr fade.