laut.de-Kritik
"Promobeefs? Ich hab' grad 'ne Depression besiegt."
Review von Dani FrommMit ausbleibender Popularität kann man hadern. Hilft meist kaum, versaut aber zuverlässig die Laune. Oder man nutzt einen Flug unterhalb des Radars, um sich dort alle Freiheiten der Welt herauszunehmen. Klingt irgendwie deutlich vergnüglicher. Geeno versteigt sich in keinerlei Illusionen: "Ich weiß eh, keiner findet mich hier relevant." Aus dieser Position heraus lässt es sich dann aber herrlich hemmungslos agieren.
Um zu sehen, dass es in der deutschen Rap-Szene vor Nixcheckern, Trendhuren und Promokaspern nur so wimmelt, müsste man gar nicht so wahnsinnig genau hinschauen. Geeno tut es aber doch und grummelt sich darüber gleich beim Intro in Rage. "Deutschland Hat Kein Style" bringt der erste richtige Track die Verachtung auf den Punkt: "Alles nur geklaut, dreimal durchgekaut und als heißen Scheiß verkauft." Da nicht wirklich dazuzugehören: nichts, weswegen sich Geeno graue Haare wachsen lassen würde: "Klar bin ich nicht relevant, bei so 'nem Oberflächenbrand."
"Es ist 2016. Rapper streiten über Mode." Das kann vermutlich nur jemand nachvollziehen, der keine ernsthaften Sorgen kennt, die wenigstens ab und zu die Prioritäten zurechtschütteln. Auch hier gehört Geeno nicht dazu: "Was für Promobeefs?", raunzt er. "Ich hab' grad 'ne Depression besiegt." Vor diesem Hintergrund zeigt er sich noch weniger als ohnehin schon gewillt, seine Zeit zu verplempern.
Geeno rappt statt dessen ungefiltert, was er fühlt, sieht und denkt. Das erscheint nicht immer originell, stets aber ehrlich, nachvollziehbar und genau deswegen selbst an Stellen, die die abgedroschensten aller Bilder benutzen (wie das vom "Kämpferherz") nicht ansatzweise so langweilig wie die aufgeblasenen Phrasen, die viel zu viele andere wieder und wieder voneinander kopieren.
Geeno muss nirgends gebrauchte Räuberpistolen abkupfern. Er hat auch so genug zu erzählen. Er rollt seinen Werdegang und seine privaten Probleme auf ("Vida Tombola", "Kämpferherz", "So Is Halt"), feiert seine Liebe zum Hip Hop ("Babbel Net", "FatCapRaps"), grenzt sich zugleich aber deutlich ab ("Nicht So Wie Du"). Zeit zum "Chilln" bleibt auch noch: in "Perfect Day", "Pass The Weed" oder "Wir Fliegen".
Zwischen Persönlichem, Rap über Rap oder Kifferhymnen schweift der Blick aber dennoch immer wieder über den Tellerrand. Zwar behauptet Geeno, er wolle politische Themen aussparen, weil sich komplexe Zusammenhänge unmöglich innerhalb eines Tracks abhandeln ließen. Das nimmt ihm aber höchstens ab, wer dem fluffigen Klimpersound von "Wunschkonzert" erlaubt hat, vom Inhalt abzulenken. "Que Pasa Alemanya" und "Dunkel Im Barrio" müsste man zudem am Stück überspringen, um die Kritik zu überhören, die in und zwischen den Zeilen wohnt.
Noch breiter als das Themenspektrum spannt Geeno den Bogen bei der musikalischen Ausgestaltung. Um von atmosphärischem Gewaber ("Intro Babbel Net") über Synthies und blecherne Drums ("Deutschland Hat Kein Style") zu einer Kombination aus Scratches und Gitarre ("Babbel Net") zu gelangen, braucht er gerade einmal zweieinhalb Tracks. In der Folge stoßen noch coole Bassläufe, Reggae-infizierter Singsang, R'n'B und ein dramatisch angeschlagenes Klavier dazu.
Zwischen Bass und Klingeling quietschen in "Dunkel Im Barrio" die Reifen, ehe die Hook die Streicher auspackt. DJ Juan Fran kratzt, wie zuvor "Babbel Net", auch den "FatCapRaps" den Oldschool-Vibe ein. Bei "Wir Fliegen" steckt am Ende der Kopf schon tief in den Wolken.
Erstaunlich, dass die wüste Mixtur, die unterwegs auch noch mehr, weniger oder gar nicht mehr verblümt Charles & Eddie, Audio Two und die Fantastischen Vier zitiert, so wenig beliebig erscheint. Dass Geeno mit fast keinem Track den Drei-Minuten-Rahmen sprengt, trägt mit Sicherheit dazu bei, Längen erst gar nicht aufkommen zu lassen.
Von der unbekümmerten Herangehensweise sollte man sich aber bloß nicht täuschen lassen. Bei der zentralen Botschaft lässt Geeno keinen Interpretationsspielraum offen: "Babbel net von Game, für mich ist es kein Spiel." Der Ernst des Lebens schmeckt aber zum Glück nicht immer nur bitter.
1 Kommentar mit 3 Antworten
habe gerade mal 3-4 songs durchgehört. ich verstehe die wertung von 4 sternen nicht. der typ ist durchschnitt und hat null wiedererkennungswert
Muschbizzl!!
Sei gegrüßt!
true, paar gute zeilen sind dabei. aber er klingt halt hart nach 2006. das bisschen anspruch an technik und aussprache erfüllt er gar nicht.
jo, das deustchrapjahr 2016 war eh nicht das beste.
hola garretinho, was geht bei dir? ich lass mich mal die tage wieder öfter blicken.