laut.de-Kritik
Herbstlich unterkühlter Neo-Noir-Pop mit sonnenbebrillter Glam-Attitüde.
Review von Martin MengeleIn der Blogosphäre und im heimischen Dänemark hat "Save The Youth" 2010 schon längst den Geheimtipp-Status überschritten. Die Ladies von Giana Factory wagen sich mit der weltweiten Veröffentlichung ihres Synthiepop-Longplayers nun endlich auf internationale Bühnen.
Mit "Mexican" beginnt ein Downbeat-Roadmovie aus Reverb-Westerngitarren, die sich auf einem sphärisch wabernden Twin Peaks-Keyboardflokati ausbreiten. Ein Szenario aus Douglas-Tannen, verlassenen Highways und schäbigen Motels. Amerikana für die dunkle Seele - steppenwölfisch und voller Einsamkeit. Im Ausklang verheißen die gefälligen Vocals von Loui Foo aber auch Trost, Erlösung und stimmen auf eine Wiederkehr ein.
Eine einprägsame 303-Bassline im Vordergrund macht das "Rainbow Girl" zur Wunschsingle. Es fungiert formal wie inhaltlich als Hymne an das hedonistische Next Supermodel auf dem Laufsteg des Partywochenendes, das nach durchtanzter Nacht die verwaschene Mascara von den kalkweißen, aber erröteten Bäckchen wischt. Damit liegen sie ganz nah an ihren Vordenkern von den Raveonettes und haben noch genug Eigenpotenzial, um auf Heavy Rotation im dänischen Radio und jetzt rund um die Welt gespielt zu werden.
Als weitere Perle des Synthiepop soll "Pixelated Truth" die Affinität der Damen zu klassischen 8-Bit-Computerspielen beweisen. Mit der Vocoder-untermalten Stimme und den reduzierten Gitarrenlicks schmiegen sie sich sehr eng an The XX. Herbstlich unterkühlt aber mit sonnenbebrillter Glam-Attitüde.
Vom Temperament eher weltschmerzgepeinigt gibt sich "Dirty Snow" und zeigt, dass die Mädels gitarrentechnisch ihre New Wave-Hausaufgaben gemacht bzw. bei The Cure abgeschrieben haben. Die Synthiebass-Hookline läuft derweil Amok wie seinerzeit 1984 und fühlt sich nach New-EBM oder Post-Industrial an. Ein dem Tanzzwang unterwerfendes Rhythmusmonster - vorzugsweise im Grufti-Wiegeschritt.
Nach der Vorabveröffentlichung von "Save The Youth" in Dänemark lief in der Giana Factory das Fließband weiter auf Hochtouren und spuckte diverse 7"-Vinyl-Singles aus mit Remixen von befreundeten Künstlern wie z.B. Anders Trentemøller. Das nun im weltweiten Release vorliegende Doppel-Album featured im Bonusteil genau diese Singles, und die zusätzlich beigelegten Demos geben einen netten Einblick in die Entstehungsgeschichte vom rohen Studio-Schnipsel hin zum fertigen Album-Track.
Darauf findet sich unter anderem das großartige "Heart Thief" mit dem flirrenden Synthie-Groove, der auf einem an Doktor Avalanche erinnernden minimalistischen Drumcomputer-Rhythmus dahingleitet. Mit der aus "Mexican" bekannten Westerngitarre klingt dieses Album in aller Tristesse aus und hinterlässt Goosebumps aus Neo-Noir-Pop.
5 Kommentare
Danke, laut. Damit kann ich mich an meinem freien Tag gleich mal meine Amazon-Bestellung fertig machen. Tolles Teil, was ich bisher von youtube hören konnte.
Gern geschehen. Wenn Dir das gefällt, solltest Du die Augen nach "2:54" auf halten. Das könnten Dir auch gefallen. Kommt aber erst im Juni oder so...
2:54 konnte ich jetzt schon ein paar Songs reinhören über Youtube (Scarlet, You're early). Das ist viel versprechend!
Liebes Laut Team - Kommt noch ein Künstler - Portrait zu Darkness Falls/Kritik zu "Alive in Us"?
wow, dieses album ist vom ersten bis zum letzten lied umwerfend!