laut.de-Kritik
Iron Minions? Up The Pumpkins!
Review von Yan VogelHelloween kehren zurück. Zu siebt! Goldkehle Michi Kiske und Godfather Of Metal Kai Hansen komplettieren die aktuelle Besetzung um die Urkürbisse Michael Weikath und Markus Grosskopf. Die Metal-Gemeinde überschlägt sich vor Begeisterung. Und wisst ihr was: Die Platte ist Bombe. Das selbstbetitelte Werk schlägt einmal den Bogen zu den Klassikern der Anfangsphase wie "Keeper Of The Seven Keys Part I". Zudem liefern Andi Deris und Gitarrist Sascha Gerstner einige feine Exponate, die eine Spur moderner gestrickt sind.
Ob nun die Reunion einer göttlichen Fügung, purem Zufall oder dem Ergebnis kühler Berechnung entspringt, sei dahingestellt. Fest steht: jeder Ton auf "Helloween" klingt nach dem berühmten hanseatischen Metal-Export. Hier erklingt Metal wie er sein sollte: kitschig, kultig, aber auch komponiert. Mit Blick auf das Songwriting lautet die Devise Partitur statt Proberaum.
Die zwölf Songs auf dem Kiske- und Hansen-Comeback hätte es nicht gegeben ohne die erfolgreiche Pumpkins United-Tournee. Der Zuspruch der Fans auf der einen Seite sowie das konfliktfreie Miteinander der diversen Charaktere andererseits bedingen, dass nun tatsächlich der Geist der Achtziger Einzug in 2021 erhält. Bestes Beispiel: Die Akkorde in der Bridge von "Down In The Dumbs" entlehnt Michael Weikath dem Klassiker "Eagle Fly Free".
"Out For The Glory" stellt die herausragende Weikath-Komposition dar. Das old schoolige "Robot King" und das hymnische "Down In The Dumbs" haben ebenfalls ihren Charme, aber was die Herren auf dem Opener fabrizieren, verdient das Prädikat Weltklasse. Dabei erinnert das Gitarren-Picking zu Anfangs frappierend an "South Of Heaven" von Slayer. Wie Michi Kiske anschließend im Refrain die hohen Tonlagen bedient und Kai Hansen den Einwurf "Iron Minions" platziert, klingt kultig und klassisch ohne Ende.
Das anschließende "Fear Of The Fallen" zeigt die Qualitäten von Andi Deris als Songwriter und beweist, wie gut seine Stimme mit der von Kiske harmoniert. Die zwei verstehen sich bereits Live mit einer Eingespieltheit, die der spirituelle Kiske im Interview bereits als karmische Verbindung bezeichnet.
Mit "Rise Without Chains" schwingt Deris sowohl das stumpfe Schwert wie die feine Klinge. Einem eingängigen Einstieg inklusive Celtic Frost-"Uh" von Hansen folgt ein metrisch verschobener Refrain. Schlagzeuger Dani Löble ist mit seiner Arbeit der heißeste Anwärter auf den Galopper des Jahres. Auf dem Drumkit des Gründungsmitglieds Ingo Schwichtenberg (RIP) macht er ordentlich Dampf, weiß seine Zügel zeitweise zu zäumen.
Das Küken der Band Sascha Gerstner liefert zwei Beiträge. Das wavige "Best Time" ist ein Ohrwurm par excellence und dürfte Live für strapazierte Kehlen sorgen. Neben einem Hauch "I Want Out" orientiert sich Gerstner insbesondere an Gary Moores "Out In The Fields" und speziell in den Strophen an Billy Idols "Rebel Yell". Auch wenn Hansen im Vergleich zu Kiske und Deris die geringeren Anteile an den Vocals erhält, fasst er in gewohnt kauziger Art mit der Zeile "Yesterday is history, tomorrow is a mystery" den aktuellen Zauber prägnant zusammen. "Angels" gelingt weniger schmissig. Die Melodieführung ist perfekt auf Kiske zugeschnitten. Die sakralen Momente dieser Nummer unterfüttert eine Orgel, wie sie auch Powerwolf gut zu Gesicht stünde.
Mit der ersten Single liegt die Latte hoch. Die Komposition aus der Feder von Kai Hansen ist überbordend, mit Intro 13 Minuten lang und ein Lehrstück in Sachen Metal mit Köpfchen. Ein Schelm, wer hierbei nicht an die Longtracks "Halloween" und "Keeper Of The Seven Keys" denkt. Im Mittelteil von "Skyfall" spendiert das Septett noch eine "Phantom Of The Opera"-Reminiszenz à la Maiden. Rein instrumental passiert hier eine Menge, so dass beinahe das Wörtchen Prog angebracht scheint.
Markus Grosskopf wirbelt am Bass wie sein gelocktes Vorbild Steve Harris durch die Tonleitern und hält selbst halsbrecherischen Läufen stand. Bei der Anzahl an Gitarrenspuren und Layern stellt sich die Frage, wie die Live-Umsetzung selbst mit dem Triumvirat Hansen, Weikath, Gerstner gelingen soll. Dem Produzenten-Team Charlie Bauerfeind/Dennis Ward strickt jedenfalls aus der Vielzahl der Stimmen eine Sinfonie, die nie in Kakophonie abdriftet.
Sogar ein wenig Lagerfeuer dringt bei "Skyfall" aus den Boxen, wenn Hansen den Part mit den Worten "Hey Little Alien" anstimmt. Der brillante Klargesang von Kiske führt durch die Story eines Aliens, das nach einer Bruchlandung auf der Erde, sich zahlreichen Herausforderungen gegenüber sieht. So eskapistisch der Text anmutet, so aktuell kann er auch gelesen werden mit dem Thema Unbehagen gegenüber dem Unbekannten.
Die bunte Mischung geht vollends auf. Trotz des Brückenschlages ins Hier und Jetzt ist die Hinwendung zu den kultigen Keeper-Zeiten - nicht zuletzt in Sachen Artwork-Gestaltung - unverkennbar. Helloween haben die Macht des Moments erkannt und hauen eine Platte raus, die man heiraten möchte. Iron Minions? Up The Pumpkins!
12 Kommentare mit 47 Antworten
Die wichtigste Frage vorab: Trägt Kai Hansen eigentlich ein Toupet oder kämmt er sich die Haare von schräg hinten über die Stirnglatze? Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe (mit Gamma Ray als Support für Maiden auf der Real live tour 1993 in Essen) trug er ein Käppi... und das hat ja üblicherweise seine Gründe.
Egal!
Song kann man sich geben, typisch alte Helloween... beim ersten Hören klingt er aber schon arg zusammengestückelt aus Einzelparts, die nicht immer viel miteinander zu tun haben... aber so etwas halten manche ja für proggy...
Video ist eine absolute Katastrophe... für ein Crazy Frog Video vielleicht ok, aber wer hält sowas 2021 noch für witzig?
Für ein vernünftiges Metal-Video reichen doch: Eine kleine Pseudo-Bühne, reichlich Par-Kannen für buntes Licht, etwas Nebel, Windmaschine, enge Buchsen, möglichst eckige Klampfen, gut geputze Zungen. Woher dieser Drang zur Veränderung?
Allein schon der Akustik Part bei Fear of the Fallen erinnert an Keeper Zeiten. Nuff said. Geiles Teil!
Best Reunion Platte ever.
Standards are low, obviously.
Dinosaur Jr. would like to have a word ????
Habe es mir jetzt ein paar mal angehört und ich finde es saugut! Die zwei bzw. drei Sänger harmonieren echt und die Songs sind abwechslungsreich und nicht überdreht und hören sich einfach nach Helloween an...
"hören sich einfach nach Helloween an..."
Genau das ist das Problem
Sie bleiben sich selbst treu! Wo Halloween drauf steht ist Helloween drin! Die einen werden es lieben, die anderen hassen. Es ist ein Meisterwerk! Sie zelebrieren ihr Magnum Opus! Ihr neuestes Langeisen. Die Musik ist episch. Ein Meilenstein der Hartwurstszene!
Uiii, wenn sich selbst Schwingi unstimmen lässt, sollte ich da wohl auch mal reinhören.
OBACHT @Herr Glorp,
der Schwingster lebt bekanntermaßen zu seinem Namen auf und NIEMAND hier weiß mit Sicherheit, ob er nicht gestern Abend mal wieder versehentlich die lustigeren Pilze in seine Jägersauce verhackt hat!
...ich wollte nur anfügen, dass Meta-Witze immer auch so ein bissl moderne rhetorische Entsprechung des Turmbaus zu Babel werden können, schwindelerregend schnell sogar!
Aber bitte nicht verwechseln mit der "Running Gags und Jenga"-Parabel, das ist nämlich wieder eine andere Art von Liebesverhältnis, hm? Danke.
S(ch)winger schläft mal wieder mit allen Bräuten im Club. Glaub der war unterirdisch genug, nicht?
Spaß und Frauenfeindlichkeit zur Seite, last uns Hardwurstszene besprechen? Taugt die Scheibe wirklich was? Wenn Schwinger mehr als 3 Worte über eine Scheibe verliert, dann würde ich ja das eher befürworten!
Gruß Ahab
hey captain, ich glaub die luft ist rein. der hai ist anscheinend im urlaub.
Muß mal wieder urteilend mit dem Kopf schütteln, wie schwach die Humorkompetenz unter Lauchs ist. Schwingli hat natürlich ein hübsches Bonmot geschrieben. Props dafür! Immerhin scheint es etwas mehr aufgefallen zu sein als sonst
Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.
Ist bei Anderen mangelnde Humorkompetenz bemängeln und dann augenscheinlich nicht bemerken, dass hier wohl jeder (bis auf den Käpt'n eventuell?) geblickt hat, wie Schwingi das gemeint hat, jetzt eigentlich schon satirisches 4D-Schach? Oder vielleicht bleiben wir einfach bei soulis Türmchen.
Pseudis Intervention scheint gefruchtet zu haben
da ragi bekanntermaßen niemals eingestehen kann, daneben zu liegen, werden wir für das satirische 4D-schach schon vor dem zweiten zug überlänge beantragen müssen.
Was wäre laut.de, wenn hier irgendjemand eingestehen könnte, daneben zu liegen? Jedenfalls nicht die ekelhafte Orgie sich aneinander reibender, trauriger Gestalten, die wir so lieben.
Ausgerechnet die von Pseudi. Also, dessen Methoden sind sicher vieles, lege artis sind sie nicht.
Aber klar, so breit und unbeirrt, wie der sich im Vergleich zu mir auf die Gesellschaftswiese fläzt... Ich hasse ihn dafür, aber alle wirklich filmreifen Abenteuer und wolkenkratzerhohen Emotionen beginnen mit dem Moment, in dem ich den Kopf abschalte und Pseudi alle Zügel in die Hand gebe...
na ja.. kriege es zwar nicht mehr ganz zusammen aber Walls of Jericho lief bei uns damals rauf und runter... die Keeper Alben dann auch... bin dann mit Hansen ausgestiegen. Nach über 30 Jahren und der positiven Kritik .... kurzum...auf Album Länge kann ich den Gesang einfach nicht ertragen... Vielleicht liegt es am Alter.
kurzum...auf Album Länge kann ich den Gesang einfach nicht ertragen... besser hätte man es nicht sagen können - danke dafür