laut.de-Kritik

Ein Kiss-Fan-Album von Hellacopters-Nicke.

Review von

Es gibt kaum ein Interview, in dem der ehemalige Hellacopters-Frontmann Nicke Andersson nicht auf seine Liebe zum 70s-Erbe der Herren Paul Stanley und Gene Simmons hinweist. Mit jüngeren Werken aus dem Hause Kiss hat der Schwede jedoch so seine Probleme: "Die letzten beiden Alben waren nicht so dolle. Vor allem produktionstechnisch hätte man da wesentlich mehr rausholen können. Wenn ich die Scheiben produziert hätte, dann würden Kiss heute Siebziger-lastiger denn je klingen", so der passionierte Mützenträger.

Mit großen Tönen rennt man beim Starchild und dem Demon bekanntermaßen offene Türen ein. Doch Andersson liefert den Beweis gleich mit, denn mit dem mittlerweile dritten Imperial State Electric-Album "Reptile Brain Music" präsentiert sich der Sänger samt Gefolge näher am Mittsiebziger-Klangbild der Maskenmänner, als das in den letzten dreißig Jahren veröffentlichte Kiss-Schaffen zusammen.

Kratzige Gitarren, eingestreute Kuhglocken und trockene Garage-Drums: Was das Klangbild betrifft, haben die Skandinavier schon mal die halbe Miete zusammen. Doch wie vereint sich das Ganze? Dreckigen Glam-Rock, präsentiert unter dem Schutze des Retro-Banners hört man heutzutage schließlich fast an jeder Ecke – jedoch halten nur die Wenigsten dem Vergleich mit den Urvätern des Genres stand.

Bei ISE merkt man jedoch von Beginn an, dass sich der Mastermind des Ganzen nicht erst seit gestern mit der Materie beschäftigt. Und so wecken Songs wie "Underwhelmed", "Faustian Bargains" und "Nothing Like You Said It Would Be" ohne Probleme Erinnerungen an Zeiten, in denen Anderssons Helden mal eben so mit der zeitgleichen Veröffentlichung von vier Soloalben Musikgeschichte geschrieben haben. Vor allem Stanleys Party-Pop-Rock scheint dem ISE-Chef besonders am Herzen zu liegen.

Auch auf der Überholspur hält die Band problemlos Kurs ("Emptiness Into The Void", "Eyes", "Born Again"), wenn sich groovende Boogie-Anschläge, tighte Drums und sich immer wieder für große Arenen bewerbende Refrains nur so die Klinke in die Hand geben. Selbst ein irgendwie verdächtig nach "You Give Love A Bad Name" klingender Dreiminüter wie "Apologize" wird am Ende willkommen geheißen.

Draußen bleiben müssen allerdings experimentelle Spaßbremsen à la "Dead Things" und "Stay The Night". Hier verirren sich die Verantwortlichen in spröden, teils langatmigen Rock-Sphären, bei denen sich wohl selbst ein Peter Criss die Decke über den Kopf ziehen würde. Prinz Valium schaut aber nur zum kurzen Gruße vorbei. Die, die hier am längsten ausharren, wollen alles andere, nur nicht schlafen. Und so rocken und feiern sie, bis die Herren Simmons und Stanley endlich die Pforten öffnen und den Urheber des Ganzen für zukünftige Studioaktivitäten verpflichten. Es darf ja wohl noch geträumt werden, oder?

Trackliste

  1. 1. Emptiness Into The Void
  2. 2. Underwhelmed
  3. 3. Faustian Bargains
  4. 4. Reptile Brain
  5. 5. More Than Enough Of Your Love
  6. 6. Dead Things
  7. 7. Apologize
  8. 8. Stay The Night
  9. 9. Eyes
  10. 10. Born Again
  11. 11. Nothing Like You Said It Would Be
  12. 12. Down In The Bunker

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Imperial State Electric – Reptile Brain Music €20,39 €3,00 €23,39

Weiterlesen

2 Kommentare mit 6 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Super Platte! Ich ärgere mich immernoch, dass ich meine Hellacopters Karte für die Netherlands-Tour (2008), kurz vor der Auflösung der Band verkauft habe...

    • Vor 10 Jahren

      glaub ich dir.hab die gottseidank in den 90 ern noch und nöcher live gesehen, zusammen mit gluecifer, the hives etc.war man immer mit 15-25 mark dabei, traumhafte zeiten.

    • Vor 10 Jahren

      Ich hab die ein mal Ende der 90er auf der Tour mit The Hives gesehen und da wurden sie leider gnadenlos von eben jenen an die Wand gespielt.

      Deren Kick-Ass Garagenrock kommt live und auf Platte wesentlich besser als das schmockige Gitarrengegniedel der Hellacopters. Was für eine überbewertete Band!

    • Vor 10 Jahren

      auf der tour hab ich sie auch live gesehen,köln luxor glaub ich.hives waren scho gut, dachte auch net das die copters da noch nen scheit drauflegen konnten.ging aber mühelos.nix mit anne wand gespielt

    • Vor 10 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 10 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 10 Jahren

      Jo. Ich finde die Hives mittlerweile auch sehr langweilig. Mit 15, 16 hab ich die ganz gern gehört, aber es wurde mir auch schnell zu langweilig, was die machen. Hab die auch 2, 3 Mal auf verschiedenen Festivals gesehen. Da find ich die Ideen der 'Copters doch um einiges origineller. Zudem habe ich letztens ISE in der Nähe von Frankfurt gesehen und die haben auch wirklich Spaß bei der Sache. Die Hives sind halt seit Jahren ne ständig gebuchte Festivalband, die aber auch immer das Gleiche macht. Da gibt es eigentlich seit Jahren keine Weiterentwicklung. Kann mir auch aus Musikersicht nicht vorstellen, dass die Hives die 'Copters an die Wand spielen würden. Alles Ansichtssache ;)

    • Vor 10 Jahren

      Ich sehe es übrigens anders. Stay the Night is n geiler Song.