laut.de-Kritik
Standard-Best Of mit einigen hübschen Raritäten.
Review von Julius StabenowVielleicht gar nicht mal so gewagte These: Eine klassische Best Of zum 25-jährigen Dasein als Solokünstler von Jan Delay braucht im Jahr 2024 kein Mensch. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass niemand mehr wirklich ein Best Of von irgendwem braucht, wenn eh längst jeder seine persönliche Best Of-Playlist seines Lieblingskünstlers erstellt hat. Und so wirkt auch die ganze Aufmachung und Promophase von "Forever Jan" eher wie ein Mittel zum Zweck, um eine Jubiläumstour zu legitimieren und den Sammlern und Nostalgikern mit schicken Vinyl-Boxen ohne viel Aufwand noch ein paar schnelle Euros aus der Tasche zu ziehen.
Deshalb können wir die A-Seite schnell abhandeln: Das sind natürlich alles keine schlechten Songs, die verklärte Nostalgie macht es sich direkt in meinem 33-jährigen Gehörgang gemütlich. Dafür wurde die Tracklist recht uninspiriert und vorhersehbar mit den größten Hits der einzelnen Alben des Hamburgers bestückt. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Das beginnt bei Reggae-Ausflügen vom Solo-Debüt "Searching For The Jan Soul Rebels", geht über Udo Lindenberg-Kollabos und Funk-Einflüsse von "Mercedes Dance" und "Wir Kinder vom Bahnhof Soul" bis zum Rock-Totalausfall "Hammer & Michel" und am Ende noch in die Moderne mit Songs aus der aktuellsten Platte "Earth, Wind & Feiern" feat. Marteria und Summer Cem. Sogar die beiden neuen Tracks "Hallo!" und das Sportfreunde-Stiller-Cover "Siehst du das genauso?" hätten problemlos genau so auf einem der Vorgänger landen können. Wären sie nicht vorher explizit als neue Songs angekündigt worden, einem unwissenden Hörer wäre es gar nicht aufgefallen.
Widmen wir uns also eher der B-Seite, die ein paar vergessene Songs und kaum wahrgenommene Features von Jan Delay in den Fokus rückt. Hier erschließt sich der Sinn eines Best Of in der heutigen Zeit schon eher, denn selbst Fans entdecken hier vielleicht noch ein paar Perlen. Am ehesten bekannt sind die Highlights aus den sehr sehenswerten Diskoteque-Sessions auf YouTube mit Trettmann, Kool Savas, Deichkind und einem "Maschin/Füchse"-Mashup.
Keiner der als rar gekennzeichneten Songs wurde wirklich zum Hit, die Kollabos fußen allesamt auf einer gemeinsamen Vision für einen bestimmten Vibe. Los gehts mit "Soundhaudegen", einer Zusammenarbeit mit den deutschen Reggae-Pionieren Silly Walks Movement aus dem Jahr 2002. Der entspannte Dub-Sound knüpft nahtlos an das damals gerade erschienene "Searching For The Jan Soul Rebels" an und unterstreicht nochmal Jans Verbundenheit mit dem Genre. Das gilt auch für "Die Welt steht still" mit der auf der "Flashnizm"-Tour entstandenen Sam Ragga Band, bei der Jan Gründungsmitglied war, zum Zeitpunkt des Debütalbums allerdings nur noch als Gastmusiker auftrat.
Sogar auf Melbeatz’ Produzentinnen-Meilenstein "Rappers Delight" war Jan mit dem Song "Mel+Eiz Air" vertreten, der uns mit seinem sphärisch-synthetischen Sound und den Flugzeug-Metaphern direkt zurück in die Mitte der 00er Jahre versetzt. Ähnliches gilt für "Halt es fest", einem Beitrag zur "They Call Me Hansi"-Compilation der deutschen Musiklegende James Last. Es folgt ein sehr gelungener Electro-Tune mit Moonbootica, eine Live&Unplugged-Version des Udo Lindenberg-Klassikers "Reeperbahn" sowie ein wildes Live-Medley diverser Disco-Gassenhauer von "Pump Up The Jam" bis "Remmi Demmi". Der politische Humor auf dem Brass-Song "Alle Kinder" mit Moop Mama sorgte 2016 sicher für ein paar Lacher und zustimmendes Kopfnicken, wirkt heute aber aus der Zeit gefallen.
Den Abschluss vor den Discoteque-Sessions bilden die gelungene Kitschkrieg-Zusammenarbeit "17:30" sowie die Werder-Hymne "Grün weiße Liebe". Überraschenderweise fügt der erste Song mit Autotune auf Anschlag der eh schon sehr speziellen Stimme von Jan Delay eine weitere interessante Facette hinzu. Muss man allerdings mögen. Wie er als Hamburger Lokalpatriot jedoch zum eingefleischten Bremen-Fan werden konnte, weiß nur er selbst. Der Track ist ein erwartbar pathetischer Fußball-Song inkl. Mitgrölhook für die Fans. Muss man ebenfalls mögen.
Genauso wie die Stimme von Jan Delay, entweder man liebt oder hasst sie. Irgendwas zwischendrin gibts nicht. So ist "Forever Jan" wirklich nur für echte Fans gedacht, die ein wenig in Nostalgie baden, sich in Stimmung für die anstehenden Konzerte bringen und ihre Vinyl-Sammlung komplettieren wollen. Alle anderen haben ihre Favoriten schon längst in ihre Playlists gezogen und können dieses Best Of ohne schlechtes Gewissen ignorieren.
9 Kommentare mit 7 Antworten
Schmutz.
Auf jeden Fall schon lang dabei und auch irgendwo inspirierend gewesen, aber soundtechnisch...keine Stimulation
"Genauso wie die Stimme von Jan Delay, entweder man liebt oder hasst sie. Irgendwas zwischendrin gibts nicht." Kaum etwas ist mir egaler als Jan Delays Stimme, wer ist dieser Stabenow, der es wagt mit solch unzulässigen Vereinfachungen derart um sich zu werfen? Solche Zeilen kann nur verfassen, wer seine Leser verachtet.
Ich habe auch selbst von den verstrahltesten Hinterwäldlern noch nie gehört oder gelesen, sie "liebten" Jan Delays Stimme. Bestenfalls toleriert man sie und versucht, die Instrumentals der Begleitband zu mögen.
Auf "Searching for the Jan Soul Rebels" und einigen hooks der beginnern, fand ich seine stimme schon sehr gut. aber ja lieben ist vielleicht bisschen zu viel verlangt.
Leude, chronischer Schnupfen ist nicht zum Lachen!
ekelstimme
Und der Jan ist vergiftet.
Best-of braucht natürlich kein Mensch aber ohne Jan Delay wäre die deutsche Musiklandschaft ärmer.