laut.de-Kritik
Wilde Songs, die eingefangen werden wollen.
Review von Kai ButterweckFür John Butler bedeutet Musik weit mehr als nur das gängige Aneinanderreihen von Strophen, Bridges und Refrains. Der australische Ausnahmegitarrist und Songwriter verlässt sich lieber auf spontane Eingebungen. Auch mit seinem neuen Album spuckt der Sänger Freunden standardisierter Allerwelts-Strukturen wieder gehörig in die Suppe.
Den Anfang macht die an Simon & Garfunkel erinnernde Frühling-Ode "Spring To Come", ein akustisch schunkelnder Flauschteppich, der jede Schneeflocke zum Schmelzen bringt. Doch die Ruhe trügt, denn bereits auf dem anschließenden "Livin' In The City" schmiegt sich die unter Strom gesetzte Lapsteelgitarre in des Frontmanns Arme und lässt sich auf altbewährte Art und Weise bearbeiten.
Plötzlich verwandelt sich fluffiger Folk in knarzig groovenden Crossover der Marke Red Hot Chili Peppers. Auch auf dem folgenden "Cold Wind" lässt das Trio die Tanzbeine schwingen, ehe das anschließende "Bullet Girl" mit smoothen Cosmo Jarvis-Vibes aufwartet.
Weiter geht's mit knackigem Gospel-Bluesrock, bei dem sich Hammond-Sounds, Steel-Einwürfe und Handclaps die Klinke in die Hand geben ("Devil Woman"). Spätestens jetzt hisst jede Genre-Schublade die weiße Flagge. Wohin mit diesem australischen Gitarren-Derwisch und seinem pumpenden Zweimann-Gefolge?
Auch das psychedelisch angehauchte "Blame It On Me" hinterlässt bei Branchen-Archivaren dicke Fragezeichen. Mit schlängelndem Groove, hochtönigen Drums und hypnotisierenden Vocals, führt der Dreier die Hörerschaft abermals in die Irre.
Die Verantwortlichen haben hörbar Spaß an ihrem Klang-Labyrinth für die Gehörgänge. Mit karibischen Folk-Einschüben "Only One", atmosphärischen Arthaus-Soundscapes ("Young And Wild", "Wings Are Wide") und wahlweise poppig flotten ("How You Sleep At Night") oder narkotisierenden Elektro-Rundreisen ("You're Free") rühren John Butler, Grant Gerathy und Byron Luiters während der zweiten Halbzeit noch mal extra kräftig um, bis sich auch der letzte Hörer fragend am Kopf kratzt. Die Urheber hingegen reiben sich vor Freude die Hände: "Meine Songs sind wie wilde Pferde, wie wilde Biester", sagt John Butler. Wohl wahr. Viel Spaß beim Einfangen.
1 Kommentar
Klasse Album. John Butlers sechstes Album besinnt sich teilweise wieder auf die alten Stärken. Mehr Gitarrenjams, weniger "normale" Popsongs und eine Prise australischer Entspannung.
http://platten-blog.de/john-butler-trio-fl…