laut.de-Kritik
Sag mir, wo ist dein Soul geblieben?
Review von Alexander EngelenHier hat es wohl jemand mit dem "Evolven" etwas übertrieben. Oder zumindest falsch verstanden. Einst – weniger pathetisch gesagt vor drei Jahren – tauchte John Legend als vielversprechender Musiker in der brachliegenden Soul-Szene auf und lieferte mit "Get Lifted" eines der besten R'n'B-Alben des Jahrzehnts ab, um schon mit seinem zweiten Werk mit dem Kopf durch die Pop-Wand zu rennen.
Jetzt bewahrheitet sich auf "Evolver" das Motto von Album Nummer zwei: "Once Again". Da steckt die Musikmaschinerie derzeit so herrlich tief in einer rückwärtsgewandten Soul-Nostalgie wie noch nie zuvor und dieser vermaledeite John Legend hat nichts Besseres zu tun, als sich völlig unüberlegt und platt den Pop-Mantel überzustreifen. Wann wäre denn bitte ein passender Zeitpunkt, um dem 'wahren' Soul zu frönen und sich an dessen Spitze zu setzen?
Schon verrückt: Während eine Amy Winehouse mit Black Music nach alter Formel unglaubliche kommerzielle Erfolge feiert, fällt den legitimen Nachfolgern der alten Soul- und R'n'B-Größen nichts Besseres ein, als ihren Sound mit dem Blick auf die Massentauglichkeit akustisch zu verwässern. Meine Frage an John Legend (genauso übrigens auch an Alicia Keys): Wo ist dein Soul geblieben?
John Legends "Evolven" steht ganz offensichtlich in erster Linie für eine Abkehr vom Klischee des Piano-spielenden Soulbarden. Doch "Evolver" ist zum enttäuschenden Versuch geworden, das Soundbild zu erweitern und mehr als nur ein Zusammenspiel aus Piano und "fraglos klasse Stimme" (O-Ton Kollege Kopp) zu zeigen.
Als Ergebnis präsentieren sich aber 60 Minuten Mainstreamgedudel, dem musikalischer Biss abhanden gekommen ist. Soll das hier tatsächlich der Mann sein, dem man vor seinem Flügel sitzend, jede achso käsige Silbe von "Ordinary People" abgenommen hat?
"Evolver" zeigt sich als Ausgeburt einer Mainstream-Lebenswelt: aalglatt, unaufgeregt und berechnend. Die Randpunkte umkreisen eine Highlight-arme, einstündige Pop-Session: Radio-Reggae mit aktuellem Charts-Darling ("No Other Love" mit der auf Legends Label gesignten Estelle), vorsichtig von der Leine gelassene Synthielines von führendem Chartsproduzenten ("Satisfaction" von Will.I.Am) und zwei zugegebenermaßen frisch und funky konzeptionierte Mitnicknummern in Kollaboration mit der 2008er Dandy-Elite ("Green Light" mit Andre3000 und "It’s Over" mit Mentor Kanye West).
Natürlich besteht insbesondere "Green Light" mit jovialer Bassline und catchigen Disco-Elementen den Test auf der Tanzfläche, doch Hauptziel des Soul war und ist schließlich nicht zwangsläufig Mark und (Tanz-)Bein, sondern vielmehr Herz und, na ja, Seele. Entwicklung klingt anders - und fühlt sich vor allem anders an.
11 Kommentare
Na das sehe ich mal total anders.
Aus meiner Sicht wäre es absoluter Mainstream auf dem mitterweile völlig nervenden Retrozug aufzuspringen.
Die Frage, wo auch bei Alicia Keys der Soul geblieben ist, ist lächerlich, fast schon eine Frechheit. Soll ich darüber laut lachen oder mich eher maßlos ärgern.
Ich tue nichts davon und lege ihre aktuelle Platte lieber noch mal in meinen Player
Sorry, aber jemals die "get lifted" gehört?
Das ist Soul, das ist gut!
Lächerlich sind eher die 2 Punkte, die vergeben wurden, wenn man die 4 Punkte für erst genanntes Album entgegensetzt. So was von schade, dass es diesen Kerl in eine Richtung treibt, welche schon 1000x gelangweilt hat: Weichgespülter Scheiß! Immer im Kontext zu sehen was möglich gewesen wäre.
Selbstverständlich kenne ich "Get lifted" und ich sage ja auch mit keiner Silbe, dass "Evolver" besser klingt...
Nur finde ich den Wunsch nach einem mehr oder weniger Retro-Soul-Album affig, weil genau das heutzutage dem absoluten Mainstream entspricht.
Mal von der Wertung unabhängig, ist die Review für mich sowieso total wertlos. Was nützt mir ne Review fast zwei Wochen nach dem Release?! Aktualität absolut ungenügend. Ich kaufe meine Platten nun mal in den ersten Tagen, wenn ich ein Album auf jeden Fall haben möchte.
Was für ein schlechtes Album, was für eine Enttäuschung. Nach den beiden großartigen Vorgängern klingt dieses neue Album weichgekocht und nach Plastik-RnB. Fehlt nur noch nen Feature mit Lil-irgendwer und Usher und es geht als Timbaland/West-Einheitsbrei durch.
Lediglich der Track mit Estelle kann was (Dank ihr!).
Der Reviewer meint wohl er habe die Weisheit mit dem Löffel gefressen. Wenn es ihm schon schwer fällt die Objekitvität zu wahren, sollte er sich besser auf Musik konzentrieren die ihm gefällt und die er auch versteht. Peace out
Und Tschüß!