laut.de-Kritik

Mit vielen Köchen zurück zu alter Stärke.

Review von

Nach seinem fulminanten Karrierestart mit "Get Lifted" fand sich John Legend mit den beiden Nachfolgealben "Once Again" und "Evolver" schnell am Boden der Tatsachen wieder. Aus dem neuen Ray Charles war in Windeseile ein weiterer gewöhnlicher R'n'B-Sänger geworden. Erst die leidenschaftliche The Roots-Zusammenarbeit "Wake Up" machte klar, dass irgendwo in Legend noch immer ein Feuer brennt. Endlich hat der Sänger wieder Blut geleckt.

Gemeinsam mit Kanye West und Dave Tozer widmet sich Legend nun der Liebe in der Zukunft. Wobei sich diese nicht sonderlich von ihrem Gegenstück in der heutigen Zeit unterscheidet. Die sanften Soul-Balladen unterlegen abgeklärte Hip Hop-Beats. Das ist alles. Ansonsten schmachtet, trauert, prahlt und kopuliert sich der Herr munter in den Sonnenuntergang. "I was sent here for you / We were made to love."

Etwas merkwürdig mutet es jedoch schon an, wenn bei einigen Tracks die Liste der Produzenten und Songwriter die Lyrics in Länge und Kreativität übertrifft. Das hindert die Menschenmassen aber nicht, recht brauchbare Songs zusammen zu schustern. Viele Köche ergeben also nicht immer zwangsweise Matschebrei.

"The Beginning" startet mit schwerem Schlagzeug und Legends Stakkato-Piano: eine bitter-süße Ballade, die auch offenbart, dass es dem Sänger an den leidenschaftlichen Stellen an Wirkungskraft fehlt. Sobald er seine Stimme voller Inbrunst erheben möchte, geht er in ein dünnes Quaken über.

"Who Do We Think We Are" basiert zu einem großen Teil auf einem Sample aus Marvin Gayes "If I Should Die Tonight". Schneidet man mit Audacity den uninspirierten, unnötigen Gastauftritt von Rick Ross heraus, handelt es sich um einen euphorisch übersprudelnden R'n'B-Track.

Die Djembétrommeln und Handclaps in "Made To Love" sorgen für ordentlichen Rabatz. Durch die Mitwirkung der neuseeländischen Sängerin Kimbra gehört das Lied trotz seines einfallslosen Textes zu den Höhepunkten auf "Love In The Future". Bobby Caldwells "Open Your Eyes" erhält ein frisches Soundgewand, bleibt ansonsten dem flehentlichen Original weitestgehend treu. Im schmuck unterkühlten "Wanna Be Loved" bedient sich Legend bei seinem eigenen "Ordinary People", um im funkelnden "Hold On Longer" wie Stevie Wonder zu seligen "Songs In The Key Of Life"-Zeiten zu klingen.

Legends exzellente Performance täuscht allerdings auch nicht darüber hinweg, dass es sich bei der süßlich klebrigen Pianoballade "All Of Me" auch um einen x-beliebigen Boygroup-Track handeln könnte. Vocoder-Vocals durchziehen das schwunglose "Dreams", als hätte sich der Sänger noch einen Abstecher zur Daft Punk-Kommandobrücke erlaubt.

Sein viertes Album bietet für John Legends geschicktes Pianospiel und seine fintenreichen Gesangsarrangements genug Platz zum Entfalten. Doch leider trüben zu viele vorbeirauschende Lückenfüller das gelungene Gesamtbild. Zu oft verliert sich der Amerikaner in Allgemeinplätzen. "Love In The Future" stellt keine prächtige Neugeburt und erst recht keine Zukunftsmusik dar, aber einen deutlichen Schritt zurück zur alten Stärke.

Trackliste

  1. 1. Love In The Future (Intro)
  2. 2. The Beginning
  3. 3. Open Your Eyes
  4. 4. Made To Love
  5. 5. Who Do We Think We Are ft. Rick Ross
  6. 6. All Of Me
  7. 7. Hold On Longer
  8. 8. Save The Night
  9. 9. Tomorrow
  10. 10. What If I Told You? (Interlude)
  11. 11. Dreams
  12. 12. Wanna Be Loved
  13. 13. Angel (Interlude) ft. Stacy Barthe
  14. 14. You & I (Nobody In The World)
  15. 15. Asylum
  16. 16. Caught Up

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