laut.de-Kritik
Savas bleibt Savas, mit allen Vor- und Nachteilen.
Review von Timm Lechler"Ihr habt lang genug gewartet, dass ein Album erscheint." Als alter Hip Hop-Head sollte ich bei einem Kool Savas-Album auf diese Floskel eigentlich verzichten. Doch anlässlich seines fünften Studioalbums, dessen Titel "KKS", also "King Kool Savas", auf alte Zeiten anspielt, passt das fast 20 Jahre alte Zitat wieder wie die Faust aufs Auge. Der Rocky des Raps kehrt vier Jahre nach dem letzten Album "Märtyrer" zurück und wirkt dabei noch lange nicht so altersschwach wie Sylvester Stallone in den neuen "Creed"-Filmen. Auch ganz ohne Botox.
Savas greift auf seine bewährte Taktik "Qualität statt Quantität" zurück. Zwölf Songs umfasst die Platte, in der obligatorischen Fan-Box gibt es die Instrumentals und neun Remixe von alten und neuen Klassikern wie "Till' Ab Joe", "King Of Rap" und "Aura" obendrauf. Außerdem kündigt der Deutsch-Türke im Vorfeld an, diesmal fast schon strategisch und mit viel Augenmerk auf die Hooks und auf das Songwriting an das Album herangegangen zu sein.
"KDR", der Titel ein Akronym von "Kill diese Rapper" riecht nach Intro. Doch wer denkt, ein klassisches Flowgewitter vorzufinden, in dem der, frei übersetzt, "Kalte Krieg" sein übliches Silbenfeuerwerk abfeuert, wird enttäuscht. Der Autotune-Singsang ist mal was Neues. Gefällt mir trotzdem nicht. Auch wenn der tiefere Sinn vielleicht in einer Spitze in Richtung der aktuellen Rap-Landschaft stecken soll, verspüre ich trotzdem leichte Fremdscham. Nach über einer Minute erlöst uns Savas und fängt dann doch noch an, auf einem molligen Klavierbeat namenlose Hipster-Rapper zu schnetzeln. "How could you be so heartless?"
Im Titeltrack "KKS", einem klassischen Representer, fegt der Altmeister im wortgewandten Kalaschnikowflow über seine Konkurrenz und "metzelt diese Vollidioten" weg. Was ist die "Steigerung von fresh? KKS."
Nessi unterstützt "Deine Mutter" mit einer Gesangshook. Der catchy Refrain geht gut ins Ohr und spart trotzdem nicht an Disses für die Konkurrenz. "Und deine Mutter hat es immer gewusst, aus dir wird nichts mehr, aus dir wird nichts mehr, wir sehen schwarz, yeah." Doch Savas selbst "hat seine Träume verwirklicht, aus dem Kreuzbergerviertel, wo sie wissen wollen: Deutsch oder türkisch?" Neben dem Refrain setzt auch das Video ein Highlight. Das Who-Is-Who der deutschen Raplandschaft versammelt sich hier zum Klassentreffen, inklusive ein Gag mit und über Fler.
Der Posse-Track à la "Der Beweis (Mammut Remix)" und "Immer Wenn Ich Rhyme (Mammut Remix)" in Gestalt von "Universum/Hawkings" gehorcht erneut dem Motto "Klasse statt Masse". Fünf wahre Emcees hat Savas hier versammelt: Olli Banjo, Boz, Cr7z, Daev Yung & Infinit. Hier sticht vor allem der unterbewertete Cr7z mit einem absolut absurd genialen Part heraus: ein Schmankerl für die Rapliebhaber. Doch auch insgesamt überzeugt das Gipfeltreffen der wortgewandten Flowmonster auf einem spektakulären Kopfnickerbeat. Vor allem der zweite Teil des Tracks, "Hawkings", geht ab.
Dahinter reiht sich ein weiterer Battle-Rap-Song: "Ende Der Vernunft". Langsam fängt es, an eintönig zu werden. Abwechslung schafft dann endlich der bisher persönlichste Titel in Savas' Karriere. "Krieg Und Frieden" widmet Savas seinem Sohn. Er zeigt Emotionen und liefert trotzdem krasse Reime. Geht also auch, oder? Vincent von SDP steuert eine schöne Hook bei, und Savas flowt gefühlvoll über einen Gitarrenbeat von Beatzarre und Djorkaeff. Zwei Jahre Arbeit stecken in dem Stück Musik, das merkt man auch. Anhören!
"Essah Ist Zurück" bringt einen dann leider direkt wieder zurück in die Welt des Battle-Rap. Geiler Track, könnte vor allem live so abgehen wie "Es ist wahr /S A zu dem V". Aber ist halt wieder die alte Leier von der arroganten Selbstprofilierung und dem lyrischen Einstampfen der fiktiven und realen Gegner. Inklusive Kinderstimme im Refrain. Kenn' ich irgendwoher. Auch dass Savas keiner das "Wasser reichen kann bis auf 'nen Barkeeper", wissen wir schon lange.
Track zehn featurt Sido und Nico Santos. Auf "S Auf Der Brust" gehen die drei "mal eben kurz die Welt retten". Zum Glück nicht so wack wie damals Tim Bendzko. Nico Santos zeigt deutlich mehr Stil und beweist einmal mehr, dass deutscher, männlicher R'n'B-Gesang nicht peinlich klingen muss. Ob Kool S nun aber Superman oder "Batman" sein will, hat er wohl noch nicht entschieden. Wir sind allerdings schon wieder beim Thema "Rapper schlachten". "Gatekeeper" beendet das Album, der Inhalt sollte langsam klar sein.
Ja, Savas zerlegt Rap-Crews zu Mosaik und puzzelt daraus "KKS" wieder neu zusammen. Seine kompromisslosen Rhymes schneiden durch die Beats wie damaszener Stahl. Die musikalische Untermalung passt sowohl zu Savas als auch auch in die heutige Zeit: oldschooliger als aktueller Hip Hop, aber dennoch zeitgemäß.
Es bleibt das alte Savas-Problem, das Kritiker ihm schon immer vorwerfen: fehlende inhaltliche Tiefe. Klar, jeder hört dem Schwergewichtsrapchampion gerne zu, wie er erneut emporsteigt und die namenlose Konkurrenz zugrunde richtet. Aber das reicht eben nicht. Auch nicht ein wirklich toller, gefühlvoller, außergewöhnlicher Song wie "Krieg Und Frieden" wirkt in seiner Intimität eher leicht fremd und nicht kohärent auf der ansonsten battlelastigen Scheibe.
Auch Songanzahl und Länge stoßen ein wenig sauer auf: Zwölf Songs, darunter ein Skit und ein wie ein Intro anmutender Track. Darunter mit einer Ausnahme kein Solo-Song, der die drei Minuten übersteigt. Klar, mit Savas-typischen Tempowechseln und sich überschlagenden Doubletimepassagen drei Minuten zu füllen, ist sicherlich schwer. Trotzdem: schade.
"Muss er noch etwas beweisen?" Nein, natürlich nicht. Beschreibt "Essah besser besser als besser"? Auch das mag für den einen oder anderen stimmen. Aber ist er mit diesem Album "gekommen um alles zu verändern"? Wohl eher nicht. Alle, die damit gerechnet haben werden es abfeiern. Savas bleibt eben Savas, mit allen Vor-, aber auch mit allen Nachteilen.
18 Kommentare mit 29 Antworten
Finde das Album ziemlich austauschbar. Savas wiederholt sich alle paar Jahre auf Albumlänge, die Beats Folgen dem gleichen Muster, die Features passen ihren Stil ihm an und die Hooks sind seit Moe Mitchell Zeiten grauenhaft. Die Nico Santos-Hook macht den Song für mich unhörbar, und selbst der Refrain von Krieg und Frieden ist einfach nur cheesy . Die Hooks könnten in der Form genauso auf nem Max Giesinger Album stattfinden und würden für den Schmalz hier zerrissen werden. Verstehe nicht, wie man in Zeiten von Trettmann und Co noch solche plumpen Refrains raushauen kann. Savas selber rappt natürlich wieder gut, aber die Lines könnten genauso gut auf jedem anderen Release von ihm sein. Eine Zuordnung zu einem bestimmten Release ist einfach nicht möglich.
Alles in allem eine Enttäuschung, die man aber fast schon in der Form erwarten konnte.
Nach dem ersten hören fand ich es wirklich nicht gut...jetzt läufts in Dauerschleife im Auto. Gutes Ding
Wenn man das Album KKS nennt, dann bitte keine Nico Santos Features oder andere Singsang-Hooks. Ist schon klar, dass Savas nicht mehr wie Anfang der 2000er rappt, aber wenn das Denkmal schon bröckelt dann muss man keine Abrissbirne mehr drauf werfen!
Vielleicht steht das auch einfach für Kommerziele KackScheisse.
als ich den Albumtitel "KKS" gesehen hab, dacht ich (aus irgendeinem Grund) er geht jetzt richtig ab und haut noch nen Klassiker raus. Ich hör den Teaser, den coolen beat, dann die bekannte Stimme von Karen Firlej und änder meine Meinung grad wieder ein bisschen. Die Lead Single KKS fand ich schonmal recht enttäuschend, vor allem musikalisch war da bis auf den Beat kaum was rauszuholen. Deine Mutter und ich schalt ab
Niemand der seit der KKS-Zeit Rap konsumiert dürfte beim hören dieses Albums vom Hocker fallen.
Flow und Technik auf hohem Niveau, alles andere leider austauschbar und schon hundertmal gehört.
„KKS“ erschien erst wieder fünf Jahre nach dem letzten Solo-Ausflug des Rappers. Tatsächlich kommt einem der Zeitabstand aber viel geringer vor, was in erster Linie an den unzähligen weiteren Projekten, die in der Zwischenzeit erschienen sind, liegen dürfte. Dementsprechend klingt das fünfte Album von Kool Savas auch: Technisch präsentiert sich der – mittlerweile kann man das ja so sagen – „Altmeister“ hochversiert, doch sowohl die minimalistischen Beats als auch die uninspiriert und stellenweise auch fragwürdig umgesetzten Konzepte ziehen diese LP hörbar herunter. Die Experimente mit Gesang und Autotune sind eher anstrengend denn angenehm zeitgemäß, während die kaum ausgeklügelten Klangteppiche mit ihren hektischen Snares schnell ermüden. Ein Album ohne jeglichen Zwang – und Grund. 2/5.