laut.de-Kritik

Die Quintessenz der Tragödie eines Internet-Stars.

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Lil Yachty ist vielleicht die Quintessenz der Tragödie eines Internet-Stars. Zwei virale Songs haben ihn auf "Lil Boat" zu handfestem Star-Status katapultiert, plötzlich muss der 19-jährige Hobbyrapper – nun mit 360-Grad-Deal und einigem Gegenwind im Netz – ein Debütalbum abliefern. Und floppt. "Teenage Emotion" unterperformt auf quasi allen Leveln, dem kleinen Boot steht das Wasser bis zum Kiel. Nun soll Durchbruch-Nachfolger "Lil Boat 2" den Schiffsbruch verhindern. Und trotzdem zeigt es weiterhin einen Yachty im Unvermögen, eine wirklich handfeste Identität für sich selbst abzustecken.

Auch wenn der typische Rucksackträger von diesem An-der-Grenze-zum-Meme-Rapper zunächst verständlicherweise irritiert ist, sollte man dem jungen Mann aus Atlanta gewisse Qualitäten nicht absprechen. Eine davor ist sein durchdringendes Star-Potential. Yachty kann ansteckende Positivität in seinem Mojo eines aufblühenden Klassenclowns kommunizieren, die ihn damals auf "1 Night" oder "Minnesota" zu einem so unverwechselbaren Sympathiebolzen gemacht haben.

"Lil Boat 2" tut sich allerdings genauso wie sein Debüt schwer, diese Magie erneut einzufangen. Mit der Entscheidung, die Musik zum Lebensweg zu machen, scheinen bei Yachty Lockerheit und Intuition für den nächsten griffigen Pop-Rap verloren gegangen zu sein. Insbesondere, wo nun kommerziell schlechte Erfahrungen mit erzwungenen Crossover-Sounds gemacht wurden, scheint sich Boat an die Schwanzfedern seiner Labelgroßmeister zu klammern. Der Einfluss der Migos und Quality Control-Chef Coach K sind nun überdeutlich.

Nur zwei Tracks beinhalten Yachtys berüchtigtes Autotune-Crooning ("She Ready", "Love Me Forever"), der Rest suhlt sich in Trap-Bangern, die instrumental sehr an die Wege seiner Wegbereiter erinnern. Doch warten die Migos auf ihren besseren Songs mit präzisen Flows und einem unverwechselbaren Cool-Faktor auf, scheint Lil Boat auf der Mehrzahl seiner Trunkruttler nicht so ganz zu wissen, was er eigentlich tut. Dass Bars nicht seine Stärke sind, dürfte ihm klar sein, weswegen es Sinn ergibt, dass er viel Verantwortung an Produktion und Gäste abwälzt. Yachty selbst versinkt trotz ein paar solider Flows in einem Sumpf der selbstauferlegten Genre-Konventionen, um sich ja keinen Fehltritt zu leisten.

Klanglich dürfte dabei die starke Präsenz von Soundcloud-Schlachtrössern wie Pi'erre Bourne bemerkenswert sein, die mit ihren infernalischen Lo-Fi-Bässen auf Tracks wie "Count Me In" oder "Flex" eigentlich so gar nicht auf ein Yachty-Projekt passen, aber in diesem ohnehin recht 808-dominierten Soundgerüst überraschend stimmig ankommen. Passt eben zum Zeitgeist in 2018, und auch die Gastbeiträge beweisen einen guten Riecher für die wichtigen Gesichter der aktuellen und aufkommenden Welle. Mit Lil Pump, Trippie Redd, Young Boy Never Broke Again, Tee Grizzley und Lil Baby kommen erfrischende Performances und dringend benötigte Farbe in die Tracklist, auch die Migos und 2 Chainz machen ihr altbewährtes Ding.

Und das ist am Ende des Tages wohl der Kern der Tragödie: Irgendwo im Grunde seines Herzens steckt in Lil Yachty nämlich ein kleines bisschen Genie, das nur mit Gespür für Melodie und Spaß an der Sache Sommerhits geschrieben hat, ohne dass der Junge auch nur das leiseste Talent für irgendeine Form von Vocals mitbringt. Doch mit der zunehmenden Professionalisierung und einem Flop von einem ambitionierten, aber schlussendlich verschossenen "Teenage Emotion" haben sie ihn bei Quality Control zu einem mittelmäßigen Trap-Artist getrimmt.

"Lil Boat 2" ist eine Absage an Lil Yachtys tatsächliches Potential und seine Persönlichkeit unter dem Vorwand, seine grassierenden Schwachstellen zumindest notdürftig auszubessern. Jetzt rappt er ein ganzes Stück standfester und seine Stimme trägt ein wenig mehr Bass, genug um mit Charisma, hochkarätiger Feature-Riege und kompetenter Produktion ein servierbares Trap-Tape zu basteln. Aber wirklich mehr als Mittelmaß wird diese Richtung für das Sailing Team auch nicht mehr zu bieten haben.

Trackliste

  1. 1. Self Made
  2. 2. Boom! (feat. Ugly God)
  3. 3. Oops (feat. 2 Chainz & K$upreme)
  4. 4. Talk To Me Nice (feat. Quavo)
  5. 5. Get Money Bros. (feat. Tee Grizzley)
  6. 6. Count Me In
  7. 7. She Ready (feat. PnB Rock)
  8. 8. Love Me Forever
  9. 9. DAS CAP
  10. 10. POP OUT (feat. Jban$2Turnt)
  11. 11. NBAYOUNGBOAT
  12. 12. Mickey (feat. Offset & Lil Baby)
  13. 13. FWM
  14. 14. Flex
  15. 15. Whole Lotta Guap
  16. 16. Baby Daddy (feat. Lil Pump & Offset)

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