laut.de-Kritik
Keine Ecken, keine Kanten, kein Stimmvolumen. Nichts!
Review von Dani Fromm"Don't Think About Me" bittet Deutschlands neuer "Superstar" in seinem Siegertitel. Lässt sich machen, versprachen wir bereits bei seiner Inthronisation am Ende der drögsten DSDS-Staffel aller Zeiten. Viel, über das man nachdenken könnte, hat der kleine Schweizer im Rahmen der Casting-Show schließlich nicht geboten.
Ein freundlicher Junge präsentierte sich da, hinreichend niedlich, um seiner minderjährigen Bravo-Klientel feuchte Träume zu bescheren. Neben Ecken und Kanten gehen ihm dummerweise auch Wiedererkennungswert und Stimmvolumen völlig ab.
Kaum gehört, schon vergessen - diesen Nicht-Eindruck hinterließ Luca Hänni Woche für Woche. Sein in inzwischen altvertrauter, deswegen aber nicht minder ärgerlicher Manier zusammengeschusterter Erstling verpufft ähnlich wirkungslos.
Als "Debüt-Album" mag man die hastig und entsprechend lieblos hingeschluderte Compilation gar nicht bezeichnen. Zum Gewinner-Song gesellen sich fünf bewährte Hits, die Luca Im Verlauf der Mottoshows bereits zum Besten gab.
Produktionen von Bohlens Fließband füllen die Trackliste auf die offenbar obligatorischen zwölf Nummern auf. Hallelujah. Über allgegenwärtige billige 90er-Jahre-Synthie-Beats, mutloses Akustikgitarrengeklampfe oder das immer gleiche Chimes-Klingeling, kaum dass der Weg in Richtung Ballade führt, kann man sich nicht mehr wirklich wundern, sobald der Warnhinweis "Produced by Dieter Bohlen" irgendwo zu lesen steht.
Die schlichten bis lächerlichen Texte zu kritisieren, fühlt sich im Jahr 2012 ebenfalls langsam an, als kicke man den Kadaver eines vor vier Tagen verstorbenen alten Hundes quer über die staubige Dorfstraße. Dass Bohlen seine lyrischen Ergüsse aus einem knapp hundert Vokabeln Schulbuch-Englisch umfassenden Wortschatz speist, wissen wir längst.
Rätselhaft bleibt, wie er es fertig bringt, ungebrochen night auf tight, heart auf apart zu reimen und abgeschmackte Floskeln der Marke "I love you more than words can say" (denn, "baby you are my destiny", nämlich!) in die Welt zu entsenden, ohne dass ihn die Scham in den Erdboden rammt. "I will die for you, I will cry for you."
Träumen, ganz feste glauben, endlos lieben und verlassen muss Luca ein halb Dutzend Mal, Hektoliter Blut wringen die Zeilen aus seinem unschuldigen Eidgenossenherz. Schade, dass man davon überhaupt nichts spürt: Lediglich sein unüberhörbarer Alpen-Akzent verleiht seiner aseptischen Darbietung die Spur einer eigenen Note - und die fällt nicht unbedingt positiv ins Gewicht.
In den vergangenen Jahren - den Totalausfall Pietro Lombardi einmal außen vor gelassen - gebar DSDS wenigstens Gewinner, die doch zumindest ihrer Stimme wegen Beachtung verdienten. Luca Hänni hat - ohne jetzt allzu gemein sein zu wollen - nichts. Keine Ausstrahlung, kein Alleinstellungsmerkmal. Nichts! Für ihn müsste man das Attribut "nett" erfinden, gäbe es das nicht schon. Und jeder weiß, wessen kleine Schwester das ist.
So mildern diesmal auch die nicht aus Bohlens Feder stammenden Nummern die Mühsal wenig, überbieten sie sich doch gegenseitig an Ödnis. Schnarchpop von Ed Sheeran ("The A Team") oder den Kings Of Leon ("Use Somebody"), Justin Biebers Träller-Liedchen "Baby" oder "Allein, Allein" von Polarkreis 18 - ein Stück langweiliger als das nächste.
Selbst Philipp Poisels "Eiserner Steg" landet ohne die Knautschigkeit in der Stimme des Original-Interpreten endgültig in der Zweidimensionalität des Popschlagers. In "I Will Die For You" scheinen dann - "Oh, eh, oh, eh, ah!" - folgerichtig auch noch Dschingis Khan um die Ecke zu keuchen. Die Grandprix-Truppe, nicht der Mongolen-Boss. In einem Land, das sich dieses Machwerk als "Musik" andrehen lässt, muss man das vermutlich explizit dazuschreiben.
Am Ende bleibt dank des offensichtlich gedankenlos gewählten Albumtitels ein Ohrwurm - von Suzanne Vega. Wie deren Luka fühlt man sich nach dem Konsum dieser Platte auch: geprügelt - und unendlich müde.
57 Kommentare
"Die schlichten bis lächerlichen Texte zu kritisieren, fühlt sich im Jahr 2012 ebenfalls langsam an, als kicke man den Kadaver eines vor vier Tagen verstorbenen alten Hundes quer über die staubige Dorfstraße."
Die arme Dani, frisch aus China und dann sowas..
"In den vergangenen Jahren - den Totalausfall Pietro Lombardi einmal außen vor gelassen - gebar DSDS wenigstens Gewinner, die doch zumindest ihrer Stimme wegen Beachtung verdienten."
nicht das ich als Schweizer jetzt da besonders reinschiessen will, aber komm schon. DSDS ...? das ist jetzt schöngeredet.
Kennt hier eigendlich jemand Klaus Kauker?
Wenn nicht guckst du hier:
http://www.youtube.com/watch?v=8j3ICZTlX48…
toller link. kauker ist großartig und dabei auch noch kurzweilig. finde den jungen echt toll.
Das hier ist auch toll, nur an der Stelle wo er sagt, die Black Eyed Peas würden Auto-Tune KUNSTVOLL einsetzen, rollen sich mir die Fußnägel hoch
http://www.youtube.com/watch?v=X0q1eA3cUF0…