laut.de-Kritik
Perlen aus zwei Jahrzehnten.
Review von Thomas HaasMan kann von Max Herre halten, was man will. Die Tauglichkeit für ein MTV Unplugged lässt sich dem Stuttgarter Urgestein aber kaum absprechen. Nach den Fantas und Sido reiht sich der mittlerweile 40-Jährige als dritter deutscher Rap-Act in die Liste derer ein, die ein ausgestöpseltes Konzert unter der MTV-Schirmherrschaft spielen dürfen.
Der Auftritt des ehemaligen Freundeskreis-Frontmanns fand im denkmalgeschützten Berliner Funkhaus Nalepastraße statt. Im klassischen Rahmen, bestehend aus einem 26-köpfigen Orchester und diversen illustren Gästen, präsentiert Herre eine Werkschau seiner 17-jährigen Musikerlaufbahn. Durch das Programm führt "Yo! MTV Raps"-Legende und Streetgraffiti-Pionier Fab 5 Freddy.
"Du wirst nie 'n guter Rapper, wenn du Soul nicht liebst", erklärte Max schon vor über einem Jahr auf seiner "Hallo Welt!"-Platte. Genau diese Soul-Sozialisation spürt man in jeder Sekunde des gut zweistündigen Auftritts. Neben Anleihen von Reggae und Funk nimmt natürlich der Rap eine unverkennbare Rolle ein, um eine losgelöste Studio-Aufnahmesession-Atmosphäre zu erzeugen.
Hinter den insgesamt 42 Titeln verbergen sich Perlen aus fast zwei Jahrzehnten. Direkt aus dem Schoß der Kolchose gibt's für die Heads, die Raps aus 0711 lieben, ordentlich was aus dem Freundeskreis-Frühwerk auf die Ohren. "Esperanto" ist immer noch "international verständlich" und erstrahlt durch den Afrobeat im dritten Part in neuem Schein.
Auch das Streicher-Arrangement von "A-N-N-A (Immer Wenn Es Regnet)", begleitet von einer Harfe, sorgt für einen Gänsehautmoment. Mit "Tabula Rasa Pt. 1" erhält zudem ein weiterer Gassenhauer des FK-Fundus eine neue Hochglanzlackierung.
Erstaunlich flüssig und homogen laufen dann die Übergänge zu neueren Erzeugnissen des Wahl-Berliners ab. Im Dreiergespann mit Afrob und Megaloh erklärt Herre mal eben, was "Rap Ist", nur um kurz darauf mit Philipp Poisel auf "Wolke 7" zu schweben. Viele Texte erhalten dabei spontane Abänderungen, die die ohnehin schon losgelöste Stimmung weiter auflockern.
Mit Gregory Porter ist zudem einer der aufstrebendsten Jazz-Musiker dieser Tage mit von der Partie, der in "So Wundervoll", das den Chorus von Billy Prestons zeitlosem "You Are So Beautiful" aufgreift, einen weiteren großartigen Augenblick beisteuert. Ohnehin machen alle Gastmusiker mehr den Eindruck, ehrlich mit Spaß und Herzblut bei der Sache zu sein, als nur einem alten Weggefährten einen Gefallen zu schulden.
Herres Intention, durch den speziellen Rahmen an Nirvanas "Magie und Nahbarkeit" anzuknüpfen, geht voll auf. Die fast schon jugendliche Unbeschwertheit, die musikalische Vielfalt, die nie das organische Gesamtkunstwerk aus dem Auge verliert, und die Intimität des Gigs geraten auf diese Weise einzigartig und bescheren den stromlosen Aufritten unter dem MTV-Banner einen weiteren Glanzpunkt.
21 Kommentare mit 51 Antworten
Hmm, hätte ich Bock drauf! Wobei ich lieber die Show sehen als hören wollen würde.
http://www.amazon.de/s/ref=nb_sb_ss_c_0_9?…
wer weiss denn bitte nicht was esperanto bedeutet? was soll man da nicht wissen? naja.
ansonsten habe ich auf maxherre.de schon viel von dem konzert gesehen/gehört und muss sagen, dass das einen sehr sehr guten eindruck macht. mit 42 tracks bleibt kein wunsch offen, max, gäste und orchester/band sind in höchstform.
nach weiterem studium der limited edition muss man herre und co wirklich ein gelungenes werk attestieren. eine sehr runde sache, tolle gastmusiker und vor allem eine beeindruckende songauswahl. super-album! auch das booklet lässt keine wünsche offen, toll bebildert erzählt es die fk-geschichte, so wie die von max und der entstehung dieses albums, die paar euro mehr sind gut angelegt.
Überraschend überragend. Kann mich an kein so gelungenes Rap Unplugged erinnern, obwohl Max Herre seit paar Jahren etwas unsympatisch geworden ist
Hab jz seit Jahren wieder einmal auf Viva geschaltet, um mir das bei Erstausstrahlung anschaun zu können und muss sagen, dass es mich wirklich überwältigt hat (auch wenns nur ein kleiner Bruchteil des Albums war). Mögen ihn alle als Studentenrapper haten, aber was solls, für mich einer wortgewaltigsten und lyrisch begabtesten überhaupt der ganzen deutschen Szene. Und dann noch die genialen Beats im Orchester gespielt und dann noch die geilen Features, einfach großartig.
Endlich mal ein gutes Unplugged-Album. Das Radiokonzept geht auf, allein schon dieser Fab5Freddy als Moderator ist sein Geld wert. Man kann sich schonmal beim Schmunzeln ertappen wie er Sammy Deluxe als Beatboxer mit Max beim Track "1992" noch während des Songs endlos feiert. Sophie Hunger und Patrice sind eine Bereicherung und auch sonst ist die Scheibe rundum gelungen.
Schön auch wie er nach wie vor seine erste Liebe bedingungslos repräsentiert.
Für mich ist das eine der positiveren Überraschungen dieses Jahr, gut gemacht Max!
JEdes mal wenn ich die Werbung zu diesem Schrott sehe könnte ich kotzen. Diese wir haben uns alle Lieb und es gibt nichts Böses auf der Welt Yolo Wichser gehen mir so auf den Sack. Und wie sich der MAx dann immer selbst lobt wie toll und schön alles ist... da krieg ich Würgereflexe.
Dito. Ich dachte eigentlich,mir könnte dieses Jahr niemand mehr so unsympathisch werden, wie Cro.
Und diese Linkshändergitarre. Widerlich.
Ich wünsch dir einen guten Rutsch Morpho. Freu mich schon auf ein weiteres Jahr voller sinnvoller Diskussionen
Ebenso, mein Bester. Auch wenn ich einen leicht sarkastischen Unterton in den "sinnvollen Diskussionen" wittere.
Im neuen Jahr machen wa mit dem Dudemeister mal einen drauf.