laut.de-Kritik

Sogar Mama schunkelt heimlich zu "Bleed".

Review von

Meshuggah feiern 25-jähriges Jubiläum ihrer ersten Veröffentlichung. Natürlich mit einer Veröffentlichung. Besser gesagt, mit zweien: zum einen das Re-Release der Ein-Track-EP "I", zum anderen vorliegendes zweites Live-Dokument "The Ophidian Trek". Das bestätigt von Beginn an vor allem zwei Dinge: Meshuggah sind höllisch gut. Aber von Meshuggah braucht man keine Live-Scheibe.

Lässt man die beigelegte DVD außen vor und fokussiert sich vorerst nur auf die mit derselben Tracklist ausgestattete Doppel-CD, hört man erwartungsgemäß kaum einen Unterschied zu einem Studioalbum. Der Sound klingt vielleicht minimal dünner, Jens Kidman einen Zacken monotoner und sehr vereinzelt dringt runtergemischter, verzichtbarer Jubel durch die vertrackten Riffbretter. Aber sonst? Genauso gut hätten Meshuggah eine Best-Of unters Volk bringen können.

Kommen wir also zum Videomaterial. Die Aufnahmen stammen größtenteils von der 2013 in der Londoner Brixton Academy geschossenen Show, bei einigen Songs vertraute man auf das nächtliche Wacken Open Air. Den Unterschied erkennt man dank immergleichem Rotlicht und fast dauerhaft im Schatten stehenden Musikern kaum.

Es ist zwar teilweise witzig zu beobachten, wie Kidman mit "The Dude"-T-Shirt, Monstergehabe und Grimassenschneiderei seine Lines aus den Tiefen seiner Kehle hervorpresst, während die Fans teils verwirrt, teils überfordert, teils fasziniert, teils in konzentrierte Headbangposen vertieft dem Geschehen beiwohnen. Aber so richtig Spaß macht es trotzdem nicht, der Band bei ihren interaktionslosen Rhythmikdemonstrationen zuzuschauen. Weder die Songs noch die Konzerte Meshuggahs sind für eine DVD gemacht.

Die Songauswahl sättigt sich, der Tour entsprechend, hauptsächlich von "Koloss". Das Album ist mit sechs Stücken vertreten. "ObZen" kommt mit fünfen nah ran, "Catch Thirty Three" bekommt sein Dreierpaket "Mind's Mirrors / In Death – Is Life / In Death – Is Death", "Nothing" ist mit "Rational Gaze" vertreten und der "Chaosphere"-Klassiker "New Millenium Cyanide Christ" darf selbstverständlich nicht fehlen.

Was gibt es sonst über die Setlist zu sagen? Es sind eben Meshuggah - und die können aus mittlerweile 25 Jahren Musik schöpfen. Was davon sie live umsetzen, ist eigentlich ziemlich egal. Alles verblüfft. Abschalten ist trotz wenig ansprechendem Bild und performancetechnischer Studiokopie keine Option. Wenn nicht Jens Kidmans Dude-Skills, dann zieht eben Thomas Haackes Drumming in den Bann. Oder Thordendals seltsame "Soli". Oder, oder, oder. Dem komplizierten Groove dieser Band kann man sich schlichtweg nicht entziehen. Bester Beweis: Wenn die eigene Mutter mit den ironischen Worten "Das ist so entspannend" den Raum betritt, wenig später aber selbst heimlich zu "Bleed" schunkelt.

So geht "The Ophidian Trek" als hübsche Hit-Compilation durch, bleibt im Grunde jedoch überflüssig. Legt euch die Studioalben zu, bastelt euch eure eigene Zusammenstellung. Das klingt am Ende genauso. Klar, Haackes Schlagzeugkünste zu sehen anstatt nur zu hören, mag ein Kaufgrund sein, aber da ist man mit "Alive" vielleicht besser beraten. Doch scheißegal wie, was, warum – Meshuggah sind einfach mächtig. Immer und überall.

Trackliste

  1. 1. Swarmer
  2. 2. Swarm
  3. 3. Combustion
  4. 4. Rational Gaze
  5. 5. Obzen
  6. 6. Lethargica
  7. 7. Do Not Look Down
  8. 8. The Hurt That Finds You First
  9. 9. I Am Colossus
  10. 10. Bleed
  11. 11. Demiurge
  12. 12. New Millennium Cyanide Christ
  13. 13. Dancers To A Discordant System
  14. 14. Mind's Mirrors / In Death - Is Life / In Death - Is Death
  15. 15. The Last Vigil

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