laut.de-Kritik
George Bushs größter Kritiker tritt ab, und zwar gewaltig.
Review von Michael EdeleEigentlich bekommen wir mit der Veröffentlichung von "The Last Sucker" ja einen Grund zum Trauern. Onkel Al ließ in letzter Zeit keine Gelegenheit aus, uns wissen zu lassen, dass er Ministry nach diesem Album zu Grabe tragen wird. Genauso wie der Bush-Clan vorerst das Weiße Haus räumen wird, so räumt auch Al Jourgensen mit dieser Scheibe seinen Platz als Bushs größter Kritiker.
So sehr man seinen Entschluss auch bedauern mag: Ministry verabschieden sich mit einem lauten Knall von der Bildfläche. Basstechnisch vielleicht ein wenig schwach auf der Brust, hämmert gleich der Opener "Let's Go" mit einem mächtigen Industrial-Riff los und sägt sich unbarmherzig im Midtempo durch den Gehörgang und wenig später durchs Genick. Ministry par excellence, auch wenn die programmierten Drums vielleicht ein wenig nerven und den guten Gesamteindruck etwas schmälern.
"Watch Yourself" beginnt noch eine Spur träger, nimmt aber nach ner knappen Minute ordentlich Fahrt auf und ist zum Chorus hin mit seinen offenen Akkorden eine wahre Offenbarung. Tommy Victor rifft sich genauso herrlich durch die Scheibe wie schon auf dem Vorgänger und hat auch ein paar wirklich geile Soli in petto. "Life Is Good" ist anschließend eine Groovemaschine vor dem Herrn, baut ein paar orientalische Samples als Loop ein und geht auch von den Drums her in Ordnung.
"The Dick Song", die persönliche Hymne für den ebenfalls scheidenden US-Vize-Präsidenten ist vom Tempo her ebenfalls eher gemäßigt, aber ziemlich straight. Vielleicht nicht übermäßig spektakulär, schraubt sich die Wirkung nachhaltig direkt ins Rückenmark. Fast genauso verhält es sich beim Titeltrack, bevor in "No Glory" die Klampfen mal wieder kräftig qualmen. Die Nummer geht echt ab wie Schmidts Katze und erinnert nicht selten an "Rio Grande Blood".
Wer sich hier schon mächtig freut, sollte sich für "Death & Destruction" anschnallen. Nicht nur, dass hier wieder mal ein paar extrem kultige Samples von Dschordsch Dabbeljuh Busch eingestreut werden. Onkel Al lässt eine ganze Bataillon Panzer über einen hereinbrechen und bietet einem mit der kaum zu identifizierenden Doors-Coverversion "Roadhouse Blues" nicht den Hauch einer Chance, zu verschnaufen. Als waschechter Blues geht der Song zwar nicht durch, aber der gute Al wäre nicht Al, wenn er nicht noch die ein oder andere Überraschung bereit hielte (ich sag nur Mundharmonika).
Vollkommen aus dem Rahmen fällt "Die In A Crash", das irgendwie nach ner Mischung aus Ramones und Dead Kennedys klingt. Dass Al Jourgensen im Grunde seines Herzens ein alter Punk ist, wissen wir ja schon lange. Für das abschließende, beinahe 15-minütige "End Of Days" hat sich der Ministry-Mastermind Burton C. Bell von Fear Factory als Sänger ins Studio geholt. Vom Tempo her geht es wieder deutlich ruhiger zu, aber die vielen versteckten Melodien, Chöre und Samples lassen das Stück zu einem echten Klassiker anwachsen.
Mit Ministry geht zwar eine der ganz großen Bands von uns, aber Mr. Al Jourgensen wird uns seine musikalischen und lyrischen Ergüsse mit Sicherheit in irgend einer anderen Form offerieren. Für "The Last Sucker" will ich an dieser Stelle jedenfalls artig danke sagen, nur den fehlenden Punkt zur Höchstwertung muss ich aufgrund des zuweilen schwachen Drumsounds leider einbehalten.
5 Kommentare
Fühlt sich fast ein wenig wie Psalm 69 an...
Und das wäre ...
gut?
ja die letze Scheibe von Al und seinen Mannen! hoffe, dass diese nochmal knallhart auf die Fresse haut!
kenne bis jetzt nur die Myspace Songs, diese sind aber auf jeden Fall sehr viel schmissiger als "Psalm 69", finde ich. Psalm 69 ist hingegen intensiver in Sachen Tiefgang.
Früher hat man die Präsidenten einfach erschossen. Heute macht man Alben. Auch ne Variante, solangs gute Musik ist wie diese