laut.de-Kritik
Der Baron Münchhausen des Hamburger Raps kommt mit Briefträger-Styles.
Review von Stefan JohannesbergMit Nico Suave kommt der nächste potentielle Rapstar aus HH. Erste Meriten konnte der gebürtige Mendener bei EinsZwo auf deren Album "Gefährliches Halbwissen" ("Sternzeichen Krebs") sammeln. Zusammen mit DJ Spark und den Produzenten Ill Will und Sleepwalker kreiert er eine sehr smoothe, jazzige Variante des Hip Hop. Am ehesten standen The Roots und ATCQ Pate. So wurde auf jeglichen Bombast verzichtet und das Augenmerk auf das Wesentliche gelegt. Funkige Gitarren, ein swingendes Klavier, sowie livehaftige Drumbeats sorgen für ganz entspannte Stimmung. Die sehr differenzierte Produktion und der Hip Hop-Sound sorgen dafür, dass die Songs trotzdem mit genügend Druck und Kopfnicker-Style aus der Rille schwappen. Absolute Highlights sind hier die Hymnen "Ich sage ja!" und "Lauf der Dinge".
Suave selbst verstärkt mit seinem ruhigen, klaren Flow die chillige Atmosphäre. Er flucht genauso wenig, wie er sich als superharter Roughneck aufspielt. "Mein Style ist weder hart noch dreckig wie Hafenarbeit" ("100%"). Seine Raps erinnern eher an seinen HH-Buddy Dendemann oder Doktor Renz vom Fetten Brot. Nico hält sich eben nicht viel mit Battle-Raps auf ("Fürs Battlen tragt euch einfach nur ins Gästebuch ein" aus "Ich bin nicht der..."), sondern beweist seine Skills mit durchdachtem, doppeldeutigem Storytelling. Sich selbst bezeichnet er als Raps Münchhausen, der mal in die fiktive Rolle eines Briefträgers schlüpft, um seine Meinung kundzutun. So sind auch die Geschichten über seine "Jugendsünden" mit Vorsicht zu genießen, denn nicht jedes Detail muss autobiographisch sein.
Nico Suave verdeutlicht wieder einmal die regionalen Unterschiede der einzelnen Rap-Crews. Während im Ruhrpott und in Berlin auf der harten Underground-Schiene gefahren wird, präsentiert der Norden einen lockeren Style, der den nötigen Schuss Selbstironie nicht missen lässt. Deichkind zum Beispiel wurden in der Juice jüngst zur wacksten Gruppe gewählt. Vielen Hip Hop-Fans gefiel aber ihr intelligentes Spiel mit den Rap-Klischees nicht. Nico Suave wird das jedoch nicht passieren, da er noch genug Straße in sich trägt.
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