laut.de-Kritik

Brutalität und Verträumtheit in trauter Eintracht.

Review von

Drei Jahre sind ins Land gezogen, ehe Mikael Åkerfeldt uns mit "Watershed" sein neues Meisterwerk vorlegt. Die Zeiten, in denen er aggressiven Klänge und zarte Tönen auf unterschiedliche Alben unterbrachte, sind lange vorbei. Yin und Yang finden sich seit "Ghost Reveries" in trauter Eintracht nebeneinander und machen auch das neue Album zu einem emotionalen Erlebnis.

Beim eröffnenden "Coil" unterstützt eine akustische Gitarre den warmen, sanften Gesang von Mikael, der stimmlich inzwischen inzwischen nah an Dan Swanö bei Nightingale heran kommt. Nach und nach stoßen noch Bass, Flöten und die Stimme der Folksängerin Nathalie Lorich hinzu und lassen ein angenehmes Gefühl der Geborgenheit aufkommen. Doch dunkle Wolken ziehen mit den düsteren Klängen von "Heir Apparent" auf, wiegen mit einem kurzen Klavierpart in Sicherheit, brechen aber dann mit tiefen Growls und Doublebass über einen herein.

Diese Wechsel aus Verletzlichkeit und Brutalität ziehen sich nicht nur durch den ganzen Song, sondern auch durch das komplette Album und machen "Watershed" zu einer unglaublich vielschichtigen Angelegenheit. Fast schon introvertiert beginnt "The Lotus Eater", um dann zu brachialen Drums und harten Riffs zwischen klarer Stimmlage und tiefen Growls hin und her zu wechseln. Grenzen gibt es für die Band schon lange keine mehr, weswegen der Sound mit Leichtigkeit auf einzelne Töne reduziert werden kann, um dann über leichte Hippie-Keyboards wieder zurück ins Gitarrengeschehen zu finden und in einem gemurmelten Stimmgewirr seinen Abschluss zu finden.

Wunderschöne Klavierklänge und Mikaels einschmeichelnde, variable Stimme machen "Burden" zu einem Song zum Träumen, der Opeth stark in die Nähe zu Pink Floyd rückt. Dazu tragen auch die Hammondorgeln von Per Wiberg bei, die zusammen mit den Soli von Mikael und Fredrik Åkesson einen angenehmen 60s/70s-Flair verbreiten. Auch hier ist das Ende nicht weniger überraschend, stimmen sie doch während des Spielens die Akustikgitarre runter und lassen das Gelächter in einen industrialartigen Loop übergehen.

Nach einer etwas kräftigeren Einleitung versinkt "Porcelain Heart" immer wieder in einer spürbaren Melancholie, die sich ihren Weg nach außen immer wieder in kraftvollen Ausbrüchen bahnt, zu denen vor allem Drummer Martin Axenrot seinen Teil beiträgt. Ein wahres Wechselbad der Gefühle, das zum Ende hin noch einmal richtig Fahrt aufnimmt, ehe mit "Hessian Peel" das Monumentalwerk des Albums ansteht, das von der Stimmung her gut und gerne an Everon oder Pain Of Salvation erinnert.

Dieses Epos beinhaltet alles, was Opeth 2008 auszeichnet und schreckt auch vor Experimenten, wie rückwärts laufendem Gesang nicht zurück. Wieder bauen sich langsam aber sicher die harten Töne mit kräftigen Gitarrenklängen auf und machen das Stück zu einer Achterbahnfahrt der Emotionen. Daran schließt auch das finale "Hex Omega" nahtlos an und führt den Hörer zu eine ruhiges, besinnliches und melancholisches Ende heran.

Wer zur Limited Edition greift, bekommt einen besonderen Leckerbissen serviert. Mit einem zugegebenermaßen etwas eigenwilligen Cover gibt es eine zusätzliche DVD und das Booklet in einer als Päckchen aufgemachten Optik. Auf der DVD sind durchaus interessante Interviews mit den Bandmitgliedern zur Scheibe und ein paar Aufnahmen aus dem Proberaum zu sehen. Zusätzlich gibt es sämtliche Songs des Albums im 5.1-Mix und drei Bonustracks. Wer da nicht zuschlägt, ist eigentlich selber Schuld.

Trackliste

CD

  1. 1. Coil
  2. 2. Heir Apparent
  3. 3. The Lotus Eater
  4. 4. Burden
  5. 5. Porcelain Heart
  6. 6. Hussain Peel
  7. 7. Hex Omega

DVD

  1. 1. Rehearsal Tapes Watershed (5.1 Mix)
  2. 2. Derelict Herds
  3. 3. Bridge Of Sighs
  4. 4. Den Standiga Resan

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28 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    Tja, aber ich bin eigentlich ein ganz großer Opeth-Fan.
    Langweilig finde ich die Scheibe übrigens nicht, und es gibt hier einige wirklich richtig tolle Momente. Aber mir scheint, die Band/Akerfeldt ist gerade in einem Prozess der Neuorientierung, und es ist noch nicht ganz klar, was wie eingebracht wird. Die Mischung stimmt (noch) nicht so richtig.

  • Vor 16 Jahren

    @Thelema (« Tja, aber ich bin eigentlich ein ganz großer Opeth-Fan.
    Langweilig finde ich die Scheibe übrigens nicht, und es gibt hier einige wirklich richtig tolle Momente. Aber mir scheint, die Band/Akerfeldt ist gerade in einem Prozess der Neuorientierung, und es ist noch nicht ganz klar, was wie eingebracht wird. Die Mischung stimmt (noch) nicht so richtig. »):

    ich wollt ja auchwas dazu sagen, aber dank zitier funktion...bin ich mal faul, das trifft es nämlich ziemlich genau.
    Vorallen der letzte Satz, drückt das aus was ich immer empfinden wenn ich die auflege.

  • Vor 16 Jahren

    Groß! Gut, ein wenig unhomogen und für meinen Geschmack eine Prise zu "growlig" aber was solls? Insgesamt eine Hammerscheibe. Frickelig, verspielt und dennoch liebevoll mit Ecken und Kanten, die einem im Gedächtnis bleiben. Besonders einige Passagen, die durch die detailverliebte E-Gitarre oder Hammond(?) an altehrwürdige Prog-Veteranen erinnert, heben sich angenehm hervor.
    Wenn man auf dem ganzen Album noch ein wenig mehr Gefühl wie im (speziell durch den phänomenalen Frauengesang) genialen Opener Coil an den Tag gelegt hätte (Bei Burden flammte es wieder durch, schrammt aber gesanglich gerade so am Kitsch vorbei), wäre es zwar noch eine Schippe besser, aber insgesamt schon ein qualitative unangreifbares Brett.

    So als Referenz: ich fand Damnation sehr gut. Dafür gefiel mir Ghost Reveries überhaupt nicht.