laut.de-Kritik
In Deckung, jetzt: X Gon' Give It To Ya!
Review von Dani FrommTom Holkenborg hat die ganz große Leinwand hervorragend im Griff. Das wissen wir spätestens seit dem akustischen Höllentrip auf der "Fury Road", auf den er uns vergangenes Jahr geschickt hat. Er hat sich also bestens qualifiziert, um Deadpool den Soundteppich auszurollen. In Rot, versteht sich. Muss ja zum Anzug passen.
Zimperliesen sollten sich vielleicht eine andere Freizeitgestaltung suchen: Die musikalische Ausgestaltung des dringend gewünschten und entsprechend heiß erwarteten X-Men-Spin-Offs entpuppt sich als mindestens so deftig und durchgeknallt, wie es der Merc with a Mouth verdient hat.
Man meint, neben Mad Max auf Imperator Furiosas Beifahrersitz zu sitzen. Kaum wird es düsterer, fällt Batmans fledermausohriger Schatten auf die Szenerie. In den wenigen Augenblicken, in denen sich so etwas wie Ruhe oder Besinnlichkeit auszubreiten droht, in höchstens "Four Or Five Moments" allerdings, changiert die Stimmung irgendwo zwischen Heimatfilm und "Fackeln im Sturm": absurd!
Junkie XL strickt aus knatternden Synthies, wuchtigsten Drums, schrappenden Basssaiten und reichlich Streichertheatralik großes Effektkino, das einer Ganzkörpermassage gleichkommt. Immer wieder nehmen die Tracks, wähnt man sie schon am Ende, frisch Fahrt auf und walken Trommel- und Zwerchfell noch ein weiteres Mal durch.
Holkenborg kreiert eine Atmosphäre voller Energie, Dynamik und Bedeutungsschwangerschaft, so dicht, dass sie auch ohne die bewegten Bilder funktioniert. Wenn auch nicht über die komplette Spieldauer, dafür geraten die Junkie XL-Nummern einander doch deutlich zu ähnlich. Die zahllosen enthaltenen Details mildern diesen Eindruck nur eingeschränkt ab.
Dass es trotzdem kaum je langweilig wird, liegt eher an den eingeflochtenen Stücken anderer Interpreten. Die brechen die Stimmung jedesmal so gründlich, dass man sich wahlweise an den Kopf fassen oder verneigen möchte. Oder beides, in beliebiger Reihenfolge.
Das Junkie-XL'sche Trommelinferno flankieren zwei herrliche Schnulzen: Juice Newton eröffnet mit "Angel Of The Morning", am Ende glitschen wir auf dem Saxofonschlonz von George Michaels "Careless Whisper" zurück in die 80er. Dazwischen, "Hey, yeah!", wollen noch Salt-N-Pepa shoopen, und Neil Sekada lädt sein "Calender Girl" zum soultriefenden Schmuseengtanz.
Teamheadkick finden etwas verspätet eine große Bühne für ihren "Deadpool Rap". Der hatte mit dem Kinofilm eigentlich überhaupt nichts zu tun, sondern entstand vielmehr als Reaktion auf ein Videospiel mit Deadpool in der Hauptrolle. Kann man getrost noch mal aufwärmen.
Das passt alles überhaupt nicht zusammen und damit so prächtig zu der Hauptfigur wie deren Arsch auf jedes beliebige Gesicht. "A Face I Would Sit On" zu finden: für einen nicht so furchtbar wählerischen Charakter vermutlich eine eher einfache Aufgabe.
Die eigentliche Hymne des Streifens liefern trotzdem weder Junkie XL noch Salt-N-Pepa noch Wham!: Nö, die bringt DMX mit, dessen Gebell einen erheblichen Betrag zum wahrhaft umwerfenden Charme der kursierenden Trailer leistete.
Wer immer diese Auswahl getroffen hat: Überhäuft ihn mit Lorbeeren. Ein passenderer Rahmen für diesen ollen Haudrauf-Hit hätte sich so wenig auftreiben lassen wie für ein in jeder Hinsicht extraordinäres Ergebnis des Marvel'schen Waffe X-Projekts eine angemessenere Aufmarsch-Musik. In Deckung, jetzt: "X Gon' Give It To Ya"!
1 Kommentar mit einer Antwort
Isch fin'ds subbä!
fin'ds?