laut.de-Kritik
Ein bisschen Kitsch, aber mit viel cremigem Ton.
Review von Markus BrandstetterKeine Frage, Carlos Santana ist einer der unverkennbarsten Gitarristen dieses blauen Planeten. Das gilt nicht nur für seine grandiosen Performances zu Beginn seiner Karriere, sondern auch für seine Zeit als Lila-Launebär der Pop-Worldmusic-Gitarre. Unverkennbar im Sinne von: Das ist Santana, der da spielt. Unglücklicherweise bedeutete das aber längst nicht immer etwas Gutes.
Leider mangelte es Santana sehr oft und sehr lange an zündenden Ideen. Seit er in den 1990ern damit ein Comeback feierte, Gaststars Songs schreiben zu lassen (die meist nach deren Werk klangen) und dann darüber zu solieren, driftete er mehr und mehr in die Beliebigkeit ab. Da half dann auch dieser cremige, unverkennbare Ton nicht mehr, denn der tüdelte schön, aber beliebig über irgendwelchen kitschigen Vermeintlich-World. Ob sich da jemand unter Wert verkaufte oder einfach Ideenlosigkeit vermarktete, sei dahin gestellt.
Jetzt hat Carlos eine EP aufgenommen – als Basis diente ein Traum von der Mona Lisa, den Santana hatte. Die taucht auch auf dem fürchterlich aussehenden Frontcover auf, ist aber verantwortlich für ein durchaus genießbares Album, auf dem his Carlosness (nennt man den so?) durchaus Momente der Topform aufblitzen lässt.
Die Gitarre am linken Speaker spielt Moll, auf dem rechten Channel schmiegt sich Carlos an. Der Ton ist differenziert, mit viel Dynamik im Anschlag, cremig, fiebrig. Carlos soliert fast zweieinhalb Minuten, ehe ein afro-kubanischer Groove einsetzt. Und was macht Carlos? Der soliert munter weiter und das ist im Grunde okay. Nicht dass man Kadenzen und Groove nicht tausendfach gehört hätte, aber man hört Santana durchaus gerne beim Spaß haben zu. Nach circa 5:40 Minuten wird ein Song mit Vocals draus. Der klingt zwar nicht beliebig, geht aber als durchschnittliche World Music mit gutem Gitarristen durch.
Beim Titeltrack packt Carlos dann das Wah-Pedal aus – und stellt sich auch rigoros drauf. Percussiver Groove, etwas getriebener als der Opener, Reibeisen-rrraawwwwwwwwws von Ray Greene und die Beschwörung der Mona Lisa. Die hat Carlos übrigens im Traum gefragt, ob er sich nicht an sie erinnern könne, schließlich seien die beiden "lovers in another time" gewesen. Das passt gut zu Carlos Liebe zum Kitsch.
Am besten ist es sowieso immer dann, wenn Carlos sich einen Wolf soliert. Bei "Lovers From Another Time" wird das zum smoothen Pianostück, der Gesang doppelt Carlos' Gitarrenlinie (oder andersum?). Und auch wenn die Streicher gar synthetisch klingen mögen und für Stirnrunzeln sorgen – hier schweift der Latino-Gitarrengott und seine Band, allen voran Ehefrau und Schlagzeugerin Cindy Blackman aus.
Drei Songs und zwei Kurzversionen, länger ist "In Search Of Mona Lisa" nicht. Gönnen wir Carlos das bisschen Kitsch – er ist in Spiellaune und wir hören ihm ja gerne zu, dem Altmeister, dem manchmal eben die zündenden Ideen fehlen, um sein Spiel optimal in Szene zu setzen.
1 Kommentar mit 2 Antworten
schöner ohrenschmeichler. don carlos' formkurve zeigte ja schon auf der zupackenden kollabo mit dem isleys nach oben. hier kommt wieder seine versponnenere seite zum tragen. schnurrige frühlingsmusik.
einfach mal das neue Album anhören : Africa speaks..
hier ein Vorgeschmack :
https://www.youtube.com/watch?time_continu…
und :
https://www.youtube.com/watch?v=1tosh8K1mN8