laut.de-Kritik

Brillant in großen Refrains, überambitioniert bei Experimenten.

Review von

Hierzulande steht der ganz große Durchbruch für Shinedown zwar noch aus, in den USA sind sie aber längst Megastars. "Attention Attention" hört man das in jeder Faser an. Die Band um Brent Smith hat Anhänger sowohl im kernigen Rocklager als auch im Feld der Nickelback-Hörer. Mit ihrem sechsten Album wollen sie beide Lager bedienen, Radiostationen glücklich stimmen und sich dabei auch noch künstlerische Integrität bewahren. Das war wohl etwas überambitioniert ...

Die beste Nachricht zuerst: Verglichen mit dem recht lahmen Vorgänger "Threat To Survival" steigern sich Shinedown deutlich. Das liegt vor allem an einigen Songs, bei denen die oben genannte Mischung tatsächlich aufgeht. "Devil" ist so ein Fall. Krachende, am Metal kratzende Riffs ziehen sich als roter Faden durch den Song. Weichere Strophen und Keyboard-Einspielungen holen die Pop-Fans ab. Smiths Talent, absurd eingängige Vocalmelodien trotzdem rau und aggressiv klingen zu lassen, sowie die herausragende Produktion von Bassist Eric Bass erledigen den Rest.

Ein Paradebeispiel dafür, wie man Heaviness und Mainstream-Tauglichkeit ausbalanciert, gelingt mit "Darkside". Das Stück ist ein Stampfer durch und durch, allerdings nur in den Strophen hart und brachial; im Refrain wechseln Shinedown in beschwingtes Feeling und regen zum Fingerschnippen an. Die beiden voran- bzw. nachgestellten Songs "Monsters" und "Creatures" demonstrieren dann, warum Shinedown längst die bessere Alternative zu Nickelback sind. In Ersterem fahren sie eher die rifforientierte Kroeger-Schiene, letztere ist eine von großen Melodie- und Streicher-Bögen getragene Powerballade – für den stimmgewaltigen Smith ein Schaulaufen sondergleichen.

Solche Melodien braucht der Sänger allerdings dringend, will er brillieren. Im Zuge der Experimentierfreude, die Shinedown auf "Attention Attention" immer wieder offenbaren, bleiben aber ebendiese oft auf der Strecke. In "Kill Your Conscience" beginnt Smith plötzlich zu rappen – und scheitert kläglich. Zwar leiten Shinedown von dort flüssig zum kraftvollen Refrain über, die Sprechgesang-Parts machen den Track trotzdem quasi unhörbar. Ähnlich zweischneidig klingt "Black Soul", wo Smith mit passender Synth-Melodie schon wieder gefährlich nah an Gangsta-Gefilde rückt. Gitarrist Zach Myers rettet ihn mit hartem Distortion-Sound und gutem Solo.

Die stilistische Bandbreite begründen Shinedown unter anderem mit dem textlichen Konzept, das sie als Reise durch die menschliche Psyche beschreiben – vom Dunkeln ins Licht. So ergibt es durchaus Sinn, in der zweiten Hälfte süßliche Pop-Nummern wie die aufeinander aufbauenden "Get Up" und "Special" anzustimmen, bevor "Human Radio" und "Brilliant" in euphorischem und wieder härterem Album-Roundup die letzten Schatten verdrängen. Dadurch zerfranst "Attention Attention" allerdings auch. Die zwingende Wirkung, die "Devil" anfangs noch entfachte, verpufft im Laufe der dreizehn Songs (plus Intro) zusehends.

Shinedown sehnen sich nach Arenen, nach bombastischen Feuersäulen, nach Händemeer und auch nach Fans, die sich zum Lollapalooza Glitzerpuder ins Gesicht schmieren. "Attention Attention" liefert die richtigen Songs für all das. Doch weil gerade waghalsige Experimente nur selten funktionieren, fügt die Band letztlich ihrem Sound nichts Lohnenswertes hinzu. Props fürs Verlassen der Komfortzone, etwas mehr Fokus hätte trotzdem gut getan.

Trackliste

  1. 1. The Entrance
  2. 2. Devil
  3. 3. Black Soul
  4. 4. Attention Attention
  5. 5. Kill Your Conscience
  6. 6. Pyro
  7. 7. Monsters
  8. 8. Darkside
  9. 9. Creatures
  10. 10. Evolve
  11. 11. Get Up
  12. 12. Special
  13. 13. The Human Radio
  14. 14. Brilliant

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Shinedown – Attention Attention €9,40 €3,00 €12,40
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Shinedown – Attention Attention [Vinyl LP] €49,44 Frei €52,44

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Shinedown

Die wohl bekannteste Rockband aus Jacksonville, Florida sind nach wie vor Lynyrd Skynyrd. Doch nicht nur Metalcore-Bands wie Evergreen Terrace oder Casey …

1 Kommentar

  • Vor 6 Jahren

    Sehr passende Review der Scheibe. Wen die (gutgemachten) Popnummern wie "Get up" nicht stören, kann sich gerne noch ein Pünktchen addieren. Für Fans der alten Scheibe ist das Ding auf Albumlänge sicherlich unhörbar.
    Ich schwanke dazwischen und hoffe mit der neuen 5FDP mehr Härte zu hören...wird aber wahrscheinlich auch wieder nichts.