laut.de-Kritik

Krachige Brachial-Gitarren zu schauderhaften Lyrics.

Review von

Die schlechten Dinge zuerst? Oder die Guten? Ach, mischen wir den Inhalt der Eindrucks-Tüte zum Album "Laut Gedacht" in bunter Studentenfutter-Abwechslung und kommen zu gegebener Zeit jeweils in die Nörgel- oder Lob-Ecke. Die neu aufgegangene Silbermond-CD über dem Frühlings-Schallplattenmarkt ist eine ziemlich verzwickte Angelegenheit. Denn immer wieder schieben sich finstere Wolken vor das Bautzener Band-Gestirn.

Da krachen in "Meer Sein" jene silbermond'schen Brachialgitarren los, die das ganze Album über signalisieren: "Wir sind echte Rocker!" Falsche sind sie sicher nicht, die Mannen um Sängerin Stefanie Kloß. Handwerklich können sie was in ihrem Metier. Druckvoll und energisch geht es im Opener zur Sache, ebenso im nachfolgenden "Wenn Die Anderen", bevor "Das Ende Vom Kreis" eine erste Balladen-Verschnaufpause gestattet. Doch mit den ersten drei Songs ist der Spannungs-Aufbau des Albums bereits vorhersehbar und bleibt weitgehend im Rahmen einer "Mehrfach krachen lassen, um dann mal mit der Wunderkerze im Dunklen herumwedeln zu können"–Attitüde.

Ebenso berechenbar wie die Titelplatzierung zeigt sich das Gros der meisten Songs: Laut und heftig knallender Heavy-Rock, der hinter seiner zwar stets versiert gezeichneten und produktionstechnisch gut ausgeführten Fassade wenig aufregend bleibt. Allerlei schauderhafte Text-Unfälle trüben das Gesamtbild zusätzlich. Sie sind gut gemeint, die Worte und Sätze, die Steffis Stimme in die Songs legt, diese Political Correctness-Lyrics, die nur vordergründig "rebellisch" erscheinen. In der Mehrzahl behandeln sie die allseits bekannten Themen rund um Erfahrungen und Gedanken junger Leute zwischen/in Schule und Berufsleben. Das ist nichts Verwerfliches. Aber unebene Platitüden und die oft eingesetzte Reimfress-Maschine vermiesen manchen guten Song-Moment. Hat am Ende gar Christina Stürmer ihr Lyrik-Kästlein im Silbermond-Studio liegen gelassen?

"Kein Weg Ist Zu Lang/Kein Weg Ist Zu Weit/Denn Du Glaubst An Jeden Schritt/Und Du Weißt/Irgendwann Schließt Sich Der Kreis". Naja. "Ich Habe Einen Schatz Gefunden, Und Der Trägt Deinen Namen", ist die putzige Erkenntnis in "Das Beste". "Wenn Die Anderen" droht mit: "Keine Ahnung Wie Das Endet/Denn Heute Gehen Wir Nicht Mehr Nach Haus". Huch! Wenn das die Eltern der jüngeren Silbermond-Fans hören! Es sei auch "Schwer, Den Weg Im Sand Zu Finden" – tatsächlich? Wie wär's mit einem Fuß vor dem anderen? Wahrscheinlich zu einfach. Ziemlich viel bedeutungsschwangeres "Blubb" also in den Silbermond-Texten. Da reiße ich mir lieber ein Tütchen der guten, alten "Frigeo-Ahoj-Brause" auf – prickelt einfach besser.

Die ausgelutschte, aber auf solchen Alben nicht fehlen dürfende Konsumverweigerungs-Haltung in "Nein Danke" haben dereinst etwa Wir Sind Helden mit "Guten Tag" erheblich pfiffiger und amüsanter umgesetzt. Einen Totalausfall in Sachen Song wie Text präsentiert "Schick Love": "Und Wenn's Mit Der Karriere Abwärts Geht/Bestellen Wir Uns Erfolg Im Monatssparpaket". Huh! Das liest sich nicht nur holprig, sondern klingt auch so. Die Garnierung mit nervigem Handygefiepe verursacht zusätzliches Hörleiden. Silbermond versuchen sich hier am schweren Spiel mit der Ironie, doch statt überzeugend wirkt es leider nur unfreiwillig komisch.

Genug gejammert. Denn "Laut Gedacht" hat schließlich auch seine guten Seiten. Da ist zum einen die wunderschöne Ballade "Unendlich", die nicht nur einen würdigen Nachfolger der "Symphonie" darstellt, sondern diese sogar übertrifft. Überhaupt sind die langsamen Titel die überzeugenderen und geglückteren Arbeiten, wie zum Beispiel "Kartenhaus". Hier sind gar hübsche Textmomente zu finden, und das zurückgenommene, filigrane Gitarrenspiel gefällt. Der Schlusstitel "Ich Wünsch Dir Was" zählt ebenfalls zum besseren Teil. Doch die Anzahl herausragender Tracks ist leider spärlich geraten. Ein nach den ersten Takten verschenkter Song ist "So Wie Jetzt": Einfühlsam-atmosphärisch unterlegt träumt Steffi: "Augenblick Verweile", bis sie dann doch wieder im sattsam bekannten Rockbrei-Einheitstopf absäuft.

Silbermond zeigen sich auf "Laut Gedacht" sehr bemüht, dem Vorurteil der austauschbaren Deutschrockhype-Schublade zu entkommen. Das gelingt auf Kosten von Lockerheit und Mut zu ganz eigenen Sound- und Songkonzepten. Textlich bleibt es meist in einer gut gemeinten, aber zu betulichen und öfter kräftig daneben gegangenen Ausführung stecken. Die Uptempo-Nummern klingen auf Albenlänge recht einförmig mit ihrer meist stetigen, harschen Gitarrengewalt. Die können was, die Silbermonde, keine Frage. Doch die aneinandergereihten Einzelfragmente aus dem gut studierten Rock- und Pop-Satzbaukasten berühren zu wenig. Es fehlen, von den angesprochenen Ausnahmen abgesehen, abwechslungsreiche und wirklich bewegende Melodiebögen. Da hatten z. B. Juli bereits zu Debützeiten klar die Nase vorn.

Nichts zu meckern gibt es an der Arbeit von Frontfrau Stefanie: Sie röhrt, wispert, greint, haucht und rockt intensiv, leidenschaftlich und überzeugend. Trotzdem werden Silbermond in der Meinung eines Teils der Musikhörer – oft zu Unrecht - in der Schülerbrachialrock-Ecke stehen bleiben. Die Fans wird es nicht stören. Denn sie können zu "Laut Gedacht" weiterhin hervorragend mit bunten Cocktails oder irgendwelchen Lightbier-Katastrophen in der Hand aufrührerisch-rebellisch herumwippen. Den richtigen Stoff und die richtigen Biere kippen die echten Beinharten aller Schattierungen aber zu anderen Scheiben.

Trackliste

  1. 1. Meer Sein
  2. 2. Wenn Die Anderen
  3. 3. Das Ende Vom Kreis
  4. 4. Zu Weit
  5. 5. Unendlich - Album Mix
  6. 6. In Zeiten Wie Diesen
  7. 7. Das Beste
  8. 8. Unerkannt
  9. 9. Schick Love
  10. 10. So Wie Jetzt
  11. 11. Endlich
  12. 12. Lebenszeichen
  13. 13. Nein Danke
  14. 14. Kartenhaus
  15. 15. Ich Wünsch Dir Was

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17 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    ich finde es ist einfach quatsch, was man hier geschrieben hat!

    silbermond sind berühmt für ihre guten, rockigen und direkten texte und wenn da noch jemand dran etwas auszusetzten hat, dem kann man dann wirklich nicht mehr helfen! ich finde das album NICHT nur gut, weil ich fan bin sondern weil es einfach gut ist!

    silbermond sind gut und machen gute albem, denn:
    1. sie haben 2 echos für "beste single" und "bester live act" bekommen...was gibts daran noch auszusetzten?

    2. sie spielen geile konzerte in ausverkauften hallen!

    3. doppel platin BIS JETZT für das laut gedacht album, dann kann es ja wohl so schlecht nicht sein!

    ich würde den kritikern einen guten rat geben: schreiben sie lieber richtig oder garnicht! danke!

    liebe grüße

  • Vor 17 Jahren

    echt mal andrack. du kannst doch keine band verreißen, die nen echo und doppelplatin und ausverkaufte touren haben :rolleyes: