laut.de-Kritik
Das Monster ist zurück. Anders, brutal, melodiös.
Review von Manuel BergerZugegeben, anfangs war ich eher skeptisch, was ".5: The Gray Chapter" anging. Klangen die ersten Schnipsel aus dem Zusammenhang gerissen doch entweder nach aufgekochtem Möchtegern-Old School-Aggressor-Revival oder nach Stone Sour 2.0.
Stimmt, es klingt nach Stone Sour. Immerhin stehen dieselben kreativen Köpfe hinter beiden Projekten. Nur unterscheiden sich die entstehenden Gesamtbilder eben grundsätzlich. Und so lange die Musik gut ist, wenn kümmert es da, welcher Name darüber prangt? Es geht ums Hören, nicht ums Sehen, liebe Leute.
Mit Paul Gray und Joey Jordison hätte das Ergebnis sicherlich anders geklungen. Aber die beiden sind nun einmal nicht mehr Teil der Band. Was passiert logischerweise, wenn zwei treibende Kräfte wegfallen? Richtig: Veränderung. Es wäre schlimm, wenn nicht.
Slipknot anno 2014 klingen facettenreicher denn je. ".5: The Gray Chapter" mag nicht an die pure Raserei des Debütalbums heranreichen. Bei weitem nicht! Aber sich zu wiederholen, bringt schließlich niemandem etwas. So finden sich also auf Studioalbum Nummer fünf Melodien wie bei, nun ja, Stone Sour. Allerdings in einem wesentlich düstereren Kontext.
"The Devil In I" beispielsweise führt Verweichlichungsunkenrufe ad absurdum, hört man ihn im Albumflow mit "Sarcastrophe" und "AOV". "The Negative One" erstrahlt dank einleitendem "Be Prepared For Hell" in völlig neuem Licht. Vor dem Hintergrund der damit aufgebauten Folterkammeratmosphäre wirkt der Track lange nicht so halbgar wie im Single-Modus.
Mit "Killpop" schafft es sogar ein Stück Radiotauglichkeit auf die Platte. Entgegen seinem Titel startet der Song nämlich ziemlich poppig. Wisst ihr was? Geil! Obwohl das Solo gegen Ende etwas einfallslos daherkommt. Ebenso das nachfolgende "Skeptic", das ein wenig zu simpel ausfällt, um wirklich zu zünden. Harte Drums sind zwar schön schön und gut. Mit einem solchen Riff darüber ziehen jedoch selbst Slipknot niemanden vom Hocker.
Aber die Highlights kommen ja erst noch. Zunächst "Goodbye". Nach extrem ruhiger, häufig an "Vermillion Pt. 2" erinnernder erster Hälfte, steigert sich der Song dank abrupt einsetzendem Knüppelschlagzeug und schlichten, dafür diesmal wirkungsvollen Gitarrenwänden zu einer bärenstarken Machtdemonstration. Es geht eben nicht darum, möglichst brutal zuzuschlagen. Slipknot beweisen, dass sie weit mehr können. Ja, liebe Hater, Coreys Erfahrungen mit Stone Sour hatten hier gewiss ihre Finger im Spiel. Positiv, wohlgemerkt.
Das Zuschlagen hat Mr. Taylor natürlich trotzdem nicht verlernt. Über "Custer" dürften sich besonders alle Prügelknaben da draußen freuen. Gnadenlos und roh wechseln Slipknot zwischen bedrohlichem Lauern und echter, eruptiver Aggression hin und her. Ein fieses Sample macht den Wahnsinn perfekt. Aufgesetzt klingt hier rein gar nichts. Okay, ob der inflationäre Gebrauch des F-Wortes unbedingt sein musste, sei mal dahingestellt. Naja, zumindest Stoff für Mitsingspielchen: "Cut, cut, cut me up and / Fuck, fuck, fuck me up!"
Beim sechsminütigen Abschluss "If Rain Is What You Want" kommt man dann zugegebenermaßen um den Stone Sour-Vergleich endgültig nicht mehr umhin. Auch wenn diese Doomversion von Coreys Zweitband eher unspektakulär aus dem Album geleitet – ".5: The Gray Chapter" verkörpert eine würdige Fortführung der Geschichte Slipknots.
Jeder wird mit der Scheibe sicherlich nicht glücklich werden. Dafür entfernt sich der Neuner einfach zu weit von seinen Ursprüngen. Aber in einem Buch immer dasselbe Kapitel zu lesen, wäre doch langweilig, oder? Das fünfte offenbart eben neue Seiten. Die Handschrift ist noch immer klar erkennbar, die Story entwickelt sich, wandelt sich, hält den ein oder anderen Twist parat. Dem Ende strebt sie garantiert noch nicht entgegen.
29 Kommentare mit 46 Antworten
Moin The negative one ist für mich mit dem Intro von Be Prepared For Hell ebenfalls ein grandioser Track, das Solo am Ende von Killpop fand ich aber mitreißend!
Insgesamt finde ich die Platte nicht "poppiger" als All hope is gone (Dead Memories, Snuff, Till we die) oder Vol. 3 (Extrembeispiel The Nameless, Vermillion...)
Insgesamt viel viel besser als gedacht, 4 * sind verdient.
Geiles Album
Bei Slipknot will ich Slipknot und kein Stone Sour. Das heißt ich will chaotischen Lieder wie bei Slipknot und Iowa und nen Gesang der richtig schön schmutzig klingt. Da verliert The Devil In I auch gnadenlos, die Clean Parts vom Gesang passen 0.
Slipknot sind keine Dummen und haben die letzten Tage ja nach und nach Songs online gestellt, die erinnerten mich sehr an die Iowa Zeit. Daher wurde Konzertticket bestellt und das Album wird heute gekauft.
An den Schreiber: Wenn ich Slipknot hören will höre ich Slipknot, wenn ich Stone Sour hören will höre ich Stone Sour. Ne Mischung ergibt keinen Sinn. Andere Künstler werden kritisiert wenn sie im Nebenprojekt so klingen wie in der Hauptband, aber hier wird es gefeiert?
das ist so in etwa auch meine meinung! fück stone sour 2.0
Das ist in etwa die Aufgeschlossenheit die ich von Metal Fans erwarte
Ich finde es hingegen sehr gut das Stone Sour Elemente auch bei Slipknot Einzug gehalten haben, denn das völlig zusammenhanglose Geknüppel von früher wurde doch langsam etwas langweilig.
Das hat nichts mit Aufgeschlossenheit zu tun, tut uns ja Leid, dass wir halt Slipknot drin haben wollen, wenn Slipknot drauf steht. Aber klar, wenn man zugibt, was man will und was nicht, dann hat das natürlich nichts mit Musikgeschmack zu tun. Geh doch mal in's nächste Geschäft und kauf dir die letzte Andrea Berg Platte, wenn du so aufgeschlossen bist...
Was soll ich denn mit Andrea Berg Platten? Was für eine krude Argumentation ist das denn? wtf? Ich will Slipknot Platten aber nicht jedes Mal dieselbe, das kann doch nicht so schwer zu verstehen sein oder?
4 Sterne-Album. Diesen Slipknot-Stone Sour Quatsch kann ich nicht mehr hören. Als würde sich melodiöser Sound und die sogenannten Roots (nein, nicht Jim) ausschließen. "Wait and Bleed" ist doch das Beste Beispiel dafür, dass nicht zuerst Slipknot veröffentlichten und dann kam irgendwie Stone Sour und dann lief es soundtechnisch zusammen. So ein totaler Käse. Beides lag von Anfang an im Sound drin - ohne Ursache-Wirkungskette.
Meine absoluten Highlights:
1. The Devil in I (vor allem das selbstironisch-bizarre Video)
2. Nomadic (Bester Vorbote für "We are Not Your Kind")
3. Sarcastrophe
Es knüppelt einfach so hart.
So hart wie du die Jenny beim Wacken sonst knüppelst?
Oder dich demächst in "The Gay Chapter" .
"The Gay Chapter" klingt irgenwie nach deiner Kindheit
Gefällt dir, was? Du darfst die Rechte demnach gerne erwerben.
Ich muss zugeben, dass mir Corey Taylor so als Typ einfach recht sympathisch ist. Der ist locker, in Interviews auch mal selbstironisch und (im Gegensatz zu vielen Anderen in der Szene) auch kritikfähig. Dazu kommt, dass ich seine Stimme mag und das Soundgerüst wirklich passt. Dass das natürlich technisch nicht A-Liga ist sollte klar sein.
Ballert rein die SCHEISSE. Rapmusic vom allerfeinsten. Meddl Looooooiiiiiiddddeee