laut.de-Kritik
Neubelebung der Klassiker ohne Zuckerguss oder Patina.
Review von Ulf KubankeWenn ehemalige Genesis-Mitglieder solo die Songs der Mutterband zum Besten geben, ist das nicht automatisch ein Grund zur Freude. Ray Wilson kann davon ein Lied singen, wenn auch kein schönes. Wenn Steve Hackett hingegen eine Allstar-Freundesliste ins Hammersmith Ideon bestellt, um die großen alten Schinken zu zelebrieren, ist alles in bester Artrock-Butter.
Hackett ist genau der Richtige dafür, so etwas hochwertig auf die Beine zu stellen. Schon immer ging der stille Gitarrist im Vergleich zu den Rampensäuen Peter Gabriel und Phil Collins ein wenig unter. Hinter den Kulissen war sein kreativer Beitrag von "Nursery Cryme" (1971) bis "Wind & Wuthering" (1976) schon immer essentiell. "Genesis Revisited: Live At Hammersmith" versammelt nun Tracks aus nur dieser Ära. Toller Ansatz.
Hackett schiebt das gesamte riesige Set dezent in eine Gitarren-betontere Richtung. Dabei steht sein Sechssaiter nie eitel im Vordergrund, sondern in jeder Sekunde des Gigs im Dienste der Songs. Jeder Gast und jedes Instrument unterstreicht er in seiner Rolle. So entfaltet sich das gesamte Ensemble ungehemmt vom langen Schatten des Meisters. Auf diese Weise erstrahlen sogar weniger bekannte Perlen wie etwa "Shadow Of The Hierophant" in neuem Glanz (mit Kollege Mike Rutherford für Hacketts Solodebüt "Voyage Of The Acolyte" 1975 geschrieben).
Es ist alles andere als leicht, die charismatischen Stimmen von Gabriel und Collins zu ersetzen. Leadsänger Nad Sylvan macht seinen Job hier mehr als gut. Seine Stimmlage liegt nah bei den beiden Ikonen. Dennoch kopiert er sie nicht sklavisch, sondern bringt über die Phrasierung eine ganz eigene Note in die Interpretation.
Spätestens beim epischen "Supper's Ready" ("Foxtrot", 1972) wächst Sylvan förmlich über sich hinaus. Der gelegentliche Vocaleinsatz von Drummer Gary O Toole bildet den passenden Kontrast. Hinzu kommen Edelgäste, wie etwa Nik Kershaw mit einem hervorragenden "The Lamia" ("The Lamb Lies Down On Broadway", 1974).
Spätestens bei den mitreißenden Variationen von "Blood On The Rooftops" und "Unquiet Slumbers For The Sleepers" (beide "Wind & Wuthering", 1976) sollten auch die Fans von Steven Wilson, Porcupine Tree und Storm Corrosion hinter dem Ofen hervorlocken. Sowohl Wilson als auch Opeths Mikael Åkerfeldt betonen nimmermüde, wie wichtig viele dieser frühen Genesis-Juwelen für ihe eigene musikalische Entwicklung waren. So gelingt Steve Hackett eine echte Neubelebung der Klassiker ohne Zuckerguss oder Patina.
7 Kommentare mit 3 Antworten
Dieser Kommentar wurde vor 11 Jahren durch den Autor entfernt.
Wär's nicht langsamt Zeit für 'Nursery Cryme', 'Foxtrot' oder 'Selling England...' als Meilenstein?
http://www.youtube.com/watch?v=659fIDwpJCM
die songauswahl ist natürlich über alle zweifel erhaben-leider überzeugt mich die stimme überhaupt nicht.
@morbuskobold
da stimme ich die absolut zu-das wäre doch jetzt mal die gelegenheit!("lamb lies down" und ja! auch "trick of a tail" sind für mich auch meisterwerke)
Streng genommen, Mr Crowley, sind alle Alben aus den 70ern Meisterwerke. 'Trick of the tail' mag ich auch sehr gern, wobei mir da Collinsens Stimme noch zu unreif wirkt. 'Wind and the wuthering' wäre auch noch ein Kandidat.
Wenn Genesis dann ganz klar „The Lamb…“. Die Geschichte, die Riffs, die Atmosphäre. Unübertroffen.
musikalisch könnte man die tatsächlich nehmen. aber vor foxtrot oder erst recht the lamb ginge das so gar nicht....
Dieser Kommentar wurde vor 11 Jahren durch den Autor entfernt.
für jene, denen mehr nach gabriel ist: http://www.laut.de/Peter-Gabriel/Alben/Ein…
http://www.laut.de/Peter-Gabriel/Alben/And…
http://www.laut.de/Peter-Gabriel/Alben/Up-…