laut.de-Kritik
Man nannte ihn einst ehrfürchtig den Hardcore-Gladiator ...
Review von Stefan JohannesbergMan nannte ihn einst ehrfürchtig den Hardcore-Gladiator. Ganz Heerscharen gegnerischer Emcees rappte er auf den Bühnen Europas in Grund und Boden. Was nur wenige wussten, auch als Koch und Mafiapate ging er erfolgreich dem Mikrofon-Mundwerk nach und "zerstörte seinen Feind". Selbst als die Elbe das neueste Projekt der Old-School-Legende ins Wanken brachte, trotzt das Advanced Chemistry-Mitglied Toni Landomini aka Toni L cool den Naturgewalten und schüttelt seinen heißersehnten "Funkjoker" erst eine Woche später als geplant aus dem Ärmel.
Sein Ziel: die heutige Rap-Generation soll das musikalische Fundament kennen lernen, auf denen Hip Hop erbaut wurde. "Ein bisschen Funk, ein bisschen Soul, ein bisschen Rock'n'Roll und ihr seid drin im Flow", fordert der Heidelberger. Für den funkigen Feldzug wählt Toni neben seiner prägnanten Stimme zumeist die Waffen der Old School. Toni und alte Mitstreiter wie Torch, Boulevard Bou oder DJ Stylewarz kreieren zusammen mit dem Zulusoundsystem Block-Partystimmung par excellence. Ein solider Live-Sound unterstützt die groovenden Samples, und die Refrains animieren wie bei einer "Jam aus den Achtziger" zum Mitgrölen.
Toni L selbst aber beherrscht jeden Beat nach Belieben. Zeilen wie "Der Teufel gab mir das Mic und sagte bitte bitte rock es, Toni L der Funkjoker, der Lieblingsrapper Gottes", oder "Ich brauch kein Battle mehr, weil ich genug gewann", zeigen deutlich sein über lange Jahre hinweg erarbeitetes Selbstbewusstsein in Sachen Skillz. Wer es wie Toni im Titeltrack schafft, 53! Soul- und Funkkünstler in einem Song unterzubringen, ohne an Flow zu verlieren, gehört zu den ganz Großen. Kleines Beispiel gefällig? "Diana Ross genoss, wie es in meinem lyrischen Schloss floss" oder "Full Force bringt mir daraufhin das Frühstück, ins Ohr singt mir Aretha Franklin, das bringt früh Glück."
Mit "Sind wir Gäste" befindet sich nach "Fremd im eigenen Land" und "Operation Artikel 3" auch der dritte Teil von Tonis kritischer Gesellschaftsanalyse der Gastarbeiterproblematik auf seinem zweiten Album. Bei dem ernsten Thema überzeugt er aber genauso wie später bei der poetischen und originellen "Ode ans Meer". Doch in seiner lyrischen und raptechnischen Stärke liegt leider auch das Problem des "Funkjokers".
Mit der Wucht seiner stimmlichen Skillz rammt und hämmert er nämlich die Lieder als Gesamtkunstwerk in Grund und Boden. Die Beats und Melodien verblassen dank Mr. L und können in den Hintergrund gedrängt ihre ganze Klasse nicht entfalten. So verfehlt Toni leider auch das oben erwähnte Ziel, da die Rap-Masse halt mehr auf den Sound abfährt als auf die Qualitäten am Mic. Die Headz, B-Boys und Fly-Girls dagegen werden sich ebenso gerne auf Tonis Funkreise begeben wie ich. Aber das war eh klar.
6 Kommentare
Toni L ist auch nicht mehr das, was er mal war, schade eigentlich, hoffentlich wird das angekündigte funkalbum gut.
das angekündigte funkalbum ist grandios.
@freddy (« das angekündigte funkalbum ist grandios. »):
Oh ja, das isses auch, eindeutig ein Highlight dieses Jahr
Schreib das doch bitte auch gleich nochmal da (http://forum.laut.de/viewtopic.php?t=48600) rein. 11 Antworten sind definitiv zu wenig.
Hat er doch bereits.
Dann halt nochmal, kann ja auch nicht schaden.
Ähm... hast ja recht, ich habe ihn übersehen.