laut.de-Kritik
Der Däne geht seinen düsteren Weg weiter.
Review von Toni HennigAnders Trentemøller war zuletzt auf "Memoria" um Abwechslung im Düster-Genre bemüht. Es blieb jedoch zu befürchten, dass sich der Stil des Dänen früher oder später erschöpfen könnte. Auf "Dreamweaver" macht der mittlerweile 51-Jährige das einzig Richtige und konzentriert sich weiter auf seine songwriterischen Fähigkeiten. Auch dieses Mal stammen die Texte, die von Vergänglichkeit, Verlust, Sehnsucht und dem Bedürfnis nach persönlicher Veränderung handeln, und Gesangsmelodien, die dieses Mal die in Island geborene Künstlerin Dísa übernimmt, wieder aus seiner Feder.
"A Different Light" bildet mit akustischen Gitarrentönen, dräuenden Ambient-Klängen und säuselndem Gesang einen recht gefälligen Einstieg. Einen überzeugenderen Eindruck hinterlässt "Nightfall", das im wogenden Tempo in dreampoppige Mazzy Star-Sphären führt. "Dreamweavers" beginnt mit sich überschlagenen Shoegaze-Sounds, macht es sich jedoch schnell auf der Wave-Tanzfläche bequem. "I Give My Tears" erinnert mit eisigen Drumcomputer- und nebligen Saitenklängen sowie hallgetränkten Vocals an die Cocteau Twins zu ihren düsteren Anfangszeiten, als die Band noch nicht um Zugänglichkeit bemüht war.
Auch der weitere Verlauf gestaltet sich nicht unbedingt fröhlicher. Ganz im Gegenteil. "Hollow" markiert mit sparsamen Saitentönen in tiefstem Moll und tieftraurigen Gesangslinien den emotionalen Tiefpunkt der Platte. Auch in "Empty Beaches", das sich musikalisch wieder mehr an Mazzy Star orientiert, agiert der Däne mit angezogener Handbremse. Gut, dass "Behind My Eyes" und das instrumentale "In A Storm", das an The Cure zu Beginn der 80er-Jahre denken lässt, mit stürmischen Post Punk-Klängen wieder auf die Tanzfläche führen und so etwas Auflockerung im schleppenden Soundbild bringen.
Kurz vor Ende kommen in "Winter's Ghost" sogar Erinnerungen an die frühen Alben Trentemøllers auf, wenn melancholische Ambient-Töne und hauchige Vocals eisige skandinavische Winterlandschaften vor dem inneren Auge entstehen lassen. Zum Schluss sorgen in "Closure" melancholische Klavier- und entschleunigte Saitenklänge für einen ruhigen Ausklang.
Letzten Endes schließt "Dreamweaver" nahtlos an den Vorgänger an, hinterlässt aber insgesamt einen schlüssigeren und ausformulierteren Eindruck. Der musikalische Aufwärtstrend des Dänen setzt sich also auch mit diesem Album fort.
2 Kommentare
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Das Ganze erinnert stimmlich wie musikalisch doch sehr an "Italians Do It Better"-Johnny Jewels Bandprojekt Chromatics. Obwohl diese doch noch etwas eingängiger daherkommen, sind die Ähnlichkeiten verblüffend. Gute Scheibe. Schön zum (oder besser vorm) einschlafen abends bei einem Glas guten Rotwein.