laut.de-Kritik
"In meiner Welt will Barbie nur die Patte und kein' Pisser namens Ken."
Review von Dominik Lippe"W-A-doppel-S-E-R, jeder kennt bald diesen Namen." Auf ihrer Debüt-EP "07:30" schwebte sie noch durch den nächtlichen Rausch des urbanen Lebens, "22:22" widmet sich nun der eigenen Positionsbestimmung. Von "Naan & Lassi" bis "Intertrikots" lobt sich Wa22ermann schamlos selbst, formuliert ihre hochgesteckten Ziele und stampft "wie Godzilla unstoppbar" auf diese zu. Dagegen fehlt ihr die Bereitschaft, vorgefertigte Mädchenträume und sonstigen Humbug kritiklos zu schlucken, wie sie es in "TNs" auf den Punkt bringt: "In meiner Welt will Barbie nur die Patte und kein' Pisser namens Ken."
Wa22ermanns gesunder Beißreflex steht in einem offenkundigen Kontrast zu den feinsinnigen Instrumentals. Es besteht geradezu ein Spannungsverhältnis zwischen Text und Musik. So schießt sie in "Naan & Lassi" gegen die inexistente Konkurrenz, während Palazzos Produktion klaglos und selbstgenügsam die benebelten Bläser durch den Hintergrund hallen lässt. Mit katholischer Nachsicht umspült die jazzige Untermalung von ATP Beatz den "Kitty Kat Flow", den die Rapperin mit protestantischem Pflichtbewusstsein zum Besten gibt: "Erst kommt die Arbeit, dann das Vergnügen!"
Gewalt und Arbeitsmoral treffen auch in "Khudahafiz" aufeinander. Wa22ermann verteilt "Bitch-Slaps links und rechts" und "wenn es sein muss, brechen Kiefer", während sie zugleich darauf pocht, ihrem Tagwerk nachzugehen: "Bei uns ackert man - verdammt!" Ihrer urbanen Geschäftigkeit steht erneut ein Sound gegenüber, der Fünfe gerade sein lässt. Palazzo und 2ir1n überführen den Song in ein orientalisches Wüstensetting. Dazu betten die Sitar-Sounds ihren scharfkantigen Vortrag meditativ ein und schlagen nebenbei noch eine Brücke zur vorderindischen Herkunft der gebürtigen Pakistani.
"Khudahafiz" funktioniert zudem als Hommage an Kitty Kat, jener Rapperin, die in der Hochphase Aggro Berlins schlicht zu früh dran war. "Ich bin 'ne Frau, aber wäre ich ein Mann, würde ich dir jetzt sagen: 'Alter, lutsch mein‘ Schwanz'", zitiert Wa22ermann feministisch vielleicht nicht mehr ganz State of the Art den Song "Bitchfresse (L.M.S.)" der "Miyo"-Rapperin. Mit Halbtagsthaiboxerin OG Lu huldigt sie ihr erneut in "Kitty Kat Flow", während Donna Savage in "Dickes Fell" Vorbildern wie Missy Elliott oder Schwesta Ewa, aber fairerweise auch Britney Spears und Christina Aguilera die Ehre erweist.
"Wegen euch Queens, bin ich heute die, die ich bin", nimmt die Wienerin sinnbildlich die Fackel entgegen, um sie mit "Cardi B Energy" weiterzutragen. OG Lu, Donna Savage und die Protagonistin dieser EP bilden die Speerspitze einer jungen Generation durchsetzungswilliger Artists. Es ist schon bemerkenswert, dass zeitgleich zu "22:22" mit "Eurosport" von Dardan und Azet sowie "Isso" von Yassin und Mädness zwei völlig unmotivierte Projekte ungleich erfolgreicherer Rapper erschienen sind. Möge Wa22ermann recht behalten, wenn sie in "Naan & Lassi" prophezeit: "Wenn ich sterbe, dann als Star."
7 Kommentare mit 2 Antworten
Für das, was momentan als Deutschrap wahrgenommen wird, echt okay. Freiwillig hören würde ich es nicht. Stimmlich und textlich zu dünn bis hin zu einfältig. Aber ich gehöre auch nicht zur primären Zielgruppe und einem jungen Menschen sei das zugestanden. Bessere Identifikationsfigur als viele gruselige Gestalten.
Unterachreibe ich genau so.
killer.
lol
Leider brutal langweilig
Blueface baby
Dieser Kommentar wurde vor 3 Monaten durch den Autor entfernt.
Bei der Stimmt eigentlich super viel. Guter Stimmeinsatz, guter Beatgeschmack, passende Delivery und auch ne gute Mischung aus Hipster und Street. Das Teil davor hat sich allerdings deutlich individueller angefühlt. Hier könnte jede Zeile auch von jemand anderem gerappt werden.