laut.de-Kritik
Den eingängigen Nummern fehlt es teilweise an Tiefgang.
Review von Michael EdeleHat einer von euch "Sing Meinen Song" auf Vox gesehen? Ich nicht. Ich verlasse mich dahingehend also auf das Urteil der Kollegen. Demnach war Daniel Wirtz der einzige sehens- und hörenswerte Teilnehmer. Nachzulesen in den entsprechenden News oder CD-Kritiken der Alben. Beinahe jeder Musiker in dieser Show ist in diesem Tagen mit einem neuen Album am Start, und auch Daniel will mit "Auf Die Plätze, Fertig, Los!" nicht hinten an stehen.
Ob die Sendung auf das Songwriting des Mannes abgefärbt, oder ob die Entwicklung zu poppigeren Gefilden von selbst eingesetzt hat, lässt sich nur schwer sagen. Tatsache ist jedoch, dass die neue Scheibe spürbar glatter und eingängiger durch die Boxen schallt. Was man von dem Hipster-Pulli im Gesicht, mit dem Daniel sich auch auf dem Cover im Icon-Style abbilden lässt, halten mag, bleibt jedem selbst überlassen. Was den Stil angeht, war der Kerl schon immer eine Nummer für sich, und wird das hoffentlich auch immer bleiben.
Dennoch klingt "Auf Die Plätze, Fertig, Los!" so, als ob Wirtz es für ein breiteres Publikum geschrieben hätte. Durchaus verständlich und vertretbar, wenn man sich als Musiker durchschlagen will/muss. Als Wirtz-Fan der ersten Stunde nehme ich das Album allerdings zögerlich auf, und das liegt nicht an der Aufmachung und am Drumherum, sondern am Inhalt.
Der Titeltrack rockt zum Einstieg ordentlich los und versprüht sommerlichen Flair. Textlich reißt die Nummer nicht vom Hocker, setzt eher auf ein Gemeinschaftsgefühl, das man von anderen sogenannten Deutschrockern immer wieder hört. Wenngleich die Kollegen meist deutlich stumpfer an die Sache rangehen.
Ebenfalls mit Power und guter Laune legt "Regentropfen" nach, das eine ordentliche Schippe Foo Fighters in der DNS aufweist. Radiomaterial? Definitiv! Starker Song mit Drive? Hundertprozentig! Ein typischer Daniel Wirtz-Song? Da bin ich mir nicht so sicher.
Seit wann setzt der Frankfurter auf Revoluzzer-Hymnen und Partysongs der Marke "Ich Weiß Es Nicht" oder "Freitag Abend" (mit extremem Lala-Faktor)? Nix gegen Party machen und entsprechende Mucke und Texte - aber irgendwie erwartet man von dem Hessen was anderes.
Sind es also nur meine Erwartungshaltungen, die hier eine höhere Punktzahl verhindern? Durchaus möglich. Aber Songs wie das textlich bedrückende "Du Fährst Im Dunkeln" (wer hat noch nie so über einen Freund gedacht?) und vor allem das mit sehr gewöhnungsbedürftigen Synthies versehene "Aus Versehen" werden nicht nur mich vor akustische Herausforderungen stellen. Aber auch hier: starker Text!
"Wir" scheint mir sowohl textlich als auch vom Flow her ein wenig mit der Eisenwurz gebürstet. Dass man sich in der Strophe spürbar bei der Gitarrenmelodie von The Cures "Spider's Lullaby" bedient hat, sei nur am Rande erwähnt. Der breitflächige Refrain wird auf jeden Fall für hochgereckte Feuerzeug-Apps auf den Displays sorgen.
Klingt euch das alles bislang zu negativ? Ist eigentlich gar nicht so gemeint. Schließlich funktionieren alle Songs ausgezeichnet. Mit dem tollen "Mantra", der Ballade "Viel Glück", der rockenden Liebeserklärung "Wenn Du Willst" oder dem bittersüße "Sehnsucht" ist durchaus Material mit den gewohnten und bekannten Stärken in Text und Musik dabei.
Der Pressetext spricht von einem erwachsenen Rockalbum. Das ist in aller Regel leider ein Synonym für kommerziell. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal über ein Wirtz-Album schreiben würde, aber mir fehlt auf "Auf Die Plätze, Fertig, Los!" stellenweise einfach die Tiefe bei den Songs. Sowohl musikalisch, als auch textlich. Würde mich aber dennoch nicht wundern, wenn ihm damit der Durchbruch gelingt. Zu wünschen wäre es ihm.
5 Kommentare mit 4 Antworten
Tatsächlich das unpolitischte Album von Daniel. Kaum Kritik an Mainstream-kritiklos-Konsumern, Casting-Wahnsinn, Möchtegern-Alpha-rücksichtslos-Agitierten, Erfolgsheischende-opportun-Wendehälsen. Stattdessen viel analytische Selbstkritik, Psychocoach-Lebenshilfe und einige Up-Tempo Los-jetzt-Stimulanzien. Musikalisch gewohnt gut verpackt und literarisch-lyrisch ausgefeilt. Aber,... Akustik Voodoo zündete auch erst beim 4 Mal Hören,... abwarten. Das wahre Potential diese genialen Musikers ist derzeit dienstags im TV zu erkennen und natürlich auf all seinen Alben..
Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.
"Kaum Kritik an Mainstream-kritiklos-Konsumern, (...) Erfolgsheischende-opportun-Wendehälsen. (...) Das wahre Potential diese genialen Musikers ist derzeit dienstags im TV zu erkennen"
Ich hatte es schon befürchtet. Die Frage: War dies im Zuge seines TV-Auftrittes so geplant? Dann lässt sich der Wirtzling ja doch verbiegen. Oder wäre das Album auch so eine eher "glattgebügelte" Nummer geworden? Aktuell kann ich nur an seiner ersten Single und an dieser Review urteilen, daher mach ich es kurz: Es wird das erste Album von Wirtz sein, welches ich mir nicht direkt kaufen, sondern in das ich vorerst reinhören werde.
Und wieder... nach mehrmaligem Hören des neuen Werkes entwickelt sich der wirtzeigene Zauber. Sprachlich kraftvoll wie immer, auch ohne Kraftausdrücke, verzaubern die Melodien den geneigten Hörer. Ohrwürmer brennen sich in den Geist, es entwickelt sich eine kopfinterne Playlist auf repeat , die man nur ungern unterbricht. Akustik Voodoo vom Erdling... Auf die Plätze fertig los!
Unbedingt kaufen. Der Meister lebt...
Wirtz, ganz eindeutig! Hört man sofort, Sound, Texte, Stimme unverkennbar. Klar gibt es auf dieser Scheibe auch Veränderungen und dennoch ist es Wirtz geblieben. Wäre ja schlimm, wenn es immer das Gleiche wäre, würde auch irgendwann langweilig werden. Wem das nicht passt, es wird keiner gezwungen die CD zu kaufen. Freu mich darauf Herrn Wirtz endlich mal live zu sehen.
Live ist er eine Granate. Habe ihn vor vier Jahren in Jena im F-Haus erleben dürfen, nachdem "Akustik Voodoo" herausgekommen war. Gut zweieinhalb Stunden Spielzeit, einige Live-Überraschungen, unterhaltsame Statements und der abschließende Medley aus 6 Tracks verendeten dann die Perfektion
echter gänsehaut-shit!
WIRTZ – Auf die Plätze, fertig, los!
Nach Mehrfachen anhören und einer gewissen „Gewöhnungszeit“ folgt nun meine Kritik zum neuen Werk von „WIRTZ“. Dazu sollte ich sagen, dass ich kurz nach dem Release der Unplugged CD dazu gestiegen bin. Mein Favoriten-Album ist und bleibt „Erdling“.
Das Album „Auf die Plätze, fertig, los“ fällt insgesamt einfacher aus. Texte fallen teilweise weit unter denen der letzten Alben, aber sind häufig immer noch gut.
Das Album wurde vorab als Laut bezeichnet und auch das versucht uns Dani in dem Titel Song schon zu zeigen und betont dies textlich auch nochmal. Der Song „Auf die Plätze, Fertig, Los“ rockt auch schon ganz gut als Opener los… Wo wir zum ersten Kriterium kommen… es rockt und gruncht nicht mehr so schön.
An alte Zeiten erinnern nur noch „Mantra“, „Du fährst im Dunkeln“ und „Aus Versehen“. Dabei stellt „Mantra“ die schein-Ballade da, die später Gas gibt (was mir besonders gefällt) und textlich einigermaßen Power hat. „Du fährst im dunkeln“ als mein persönlicher Liebling bietet wieder düstere Stimmung und hat ‚nen Kraftvollen Refrain. Schön, aber im gesamten Album zu viel genutzt ist die Distortion über den Strophen-Gesang. Und „Aus Versehen“ wirkt zwar manchmal so als ob Dani krampfhaft versucht irgendwie den Text zusammen zu bekommen und schön klingen zu lassen, aber funktioniert mit ruhiger, durch ‚Off-Beat-Gitarre‘ unterstützte Strophe und Lautstarken Refrain sehr gut!
Nicht weg zu denken ist da ebenfalls noch „Regentropfen“, der meines Erachtens mit ‚Clean-Gesang‘ besser klingen würde, aber textlich gut ist und einfach auch ansonsten gut klingt. Genauso wie „Wir“. Ich war mir erst nicht sicher, wurde mittlerweile aber mehrmals bestätigt, das der Klang der Gitarren, „The Cure“-Fans sehr bekannt vorkommen sollte. Dennoch ein schöner Song.
„Viel Glück“ bringt uns dann das Pech. Die zweite Hälfte des Albums fällt bis auf „Sehnsucht“ dann doch sehr ab. „Freitag Abend“ der im Voraus bei Fans schon für Skepsis sorgte, die sich auch nicht nach 120 statt 90 Sekunden Probehören verbesserte. Ich finde den Song bis heute den fast tiefsten Punkt des Albums. Bei „Ich weiß es nicht“ habe ich mich über das Wort >Babe< erschrocken… Hat er das echt grad gesagt!? Ey, der Song hat potenzial, doch alleine dieses Wort und auch der Rest Text an sich macht ihn mir kaputt…
„Wenn du willst“ ist dann, das, was keiner wirklich wollte… Wir haben genug Songs (vor allem im Moment), die uns erzählen was der jemand für Sie oder Ihn tun würde. Langweilige aneinander Gereime und extrem einfach gehaltene Musikstruktur. Nachdem dann die bereits erwähnte kleine Erhebung „Sehnsucht“ haben kommt das Finale – „Das nächste Mal“. Würd‘ sich textlich ja auch super als Konzert Ende eigenen. Aber so ganz meins ist es nicht. Die Strophen klingen gut, aber der Refrain ist mir viel zu schnulzig.
Ob gut oder schlecht hängt vermutlich mehr davon ab, wann man WIRTZ kennen gelernt hat. Textlich gibt es aber wohl doch kein Streiten, denn da sollten sich alle einig sein, das wir besseres gehört haben. Ich glaube alle die Ihn jetzt erst durchs Fernsehen kennen, werden das Album bestimmt nicht schlecht finden. Wenn sie es nicht sogar am besten finden, weil’s eben einfacher ist. Alle die, die schon länger dabei sind, finden es sicherlich nicht so gut.
Ich selber finde es durchschnittlich. Die erste Hälfte gefällt mir gut. Habe mehr erhofft, aber weniger erwartet (Ganz klar natürlich durch das was drum herum passierte). Die zweite Hälfte wird bis auf „Sehnsucht“ nicht meins. Ich kann mit dem Album leben, hoffe aber auf eine bessere Fortsetzung.