laut.de-Kritik
Einsatz Raekwon - und alles ist gut.
Review von Dani FrommAuch "under the influence of 36 invasion" sollte man sich nix vormachen: Es ist schon lange nicht mehr alles Gold, das das Fledermaus-Logo trägt. Zu viele mittelprächtige bis schwache Veröffentlichungen entfleuchten in den vergangenen Jahren den 36 Kammern - neben den Perlen und unbestrittenen Meilensteinen, die die Erwartungen dann doch wieder in den Himmel katapultieren.
Man darf sich also getrost auf ein neuerliches Wechselbad der Gefühle einstellen, wenn die verbliebenen Herren vom Clan die "Legendary Weapons" zücken. Ein Kung-Fu-Film-Sample zum Einstieg ... nicht gerade überraschend. Der schmuftelige Gitarren-Live-Sound, mit dem "Start The Show" anhebt, schon eher. Der lässt - mit Verlaub - Schlimmes befürchten.
Doch dann: Einsatz Raekwon - und alles ist gut. Zu supersmooth groovendem Bass flowt sich der Chef eins. "My roots is steel." Ach, was! Eine, zwei, drei Zeilen später sind die anfänglichen Bedenken in alle Winde zerstreut. "Today I have an opponent that is worthy."
Klar, mein Herz blutet noch immer - und wohl auf immerdar - um den gefallenen Wu-Bruder ODB. Ich vermisse GZA, den weithin unterschätzten Meister Masta Killa sowieso. Ich verstehe noch immer nicht wirklich, was den RZA hinter dem Mischpult hervor ans Mikrofon gezogen und warum er sich dort mittlerweile festgebissen hat. Einen richtigen Clan-Track, der mehr als zwei, maximal drei Kollegen zu Wort kommen lässt, würde ich auch mal wieder aushalten.
Abgesehen davon gilt, was sich "Laced Cheeba" so zusammensamplet: "Your kung-fu is good. Your magic is good." Sehr im Gegensatz zu der dürftigen Auswahl auf "Chamber Music" befriedigt "Legendary Weapons" selbst Hardcore-Wu-Jünger durchaus.
An die Stelle überbordenden Detailreichtums früherer Tage treten schlichte, fast schon minimalistische Beats. Bass, reduzierte Drums und ein paar Akzente genügen, um faszinierend dichte Atmosphären zu erschaffen. Die atmen auch dann noch durchgehend den Geist der 36 Kammern, wenn man die Klingen nicht mehr alle Nase lang, sondern nur noch hin und wieder durch die Lüfte fahren hört.
"Diesel Fluid" chillt auf leisen Dubreggae-Anleihen – in derbem Kontrast zu Method Man, Trife Diesel und Cappadonna, die ihre Zeilen kompromisslos wie Handkantenschläge ins Geschehen setzen. "I still know hustling / dope tracks and instrumentals / travel the world": Mit "The Black Diamonds", flankiert von schwermütigem Klavier, liefert Ghostface Killah den Beweis dafür. "Freedom of speech / watch how I reach my potential."
Trotz entschlackter Ästhetik bleibt Platz für souligen Gesang von Tre Williams ("Never Feel This Pain"), üppige Bläser-Einsprengsel ("225 Rounds") und zwingende Grooves (wohin man schaut). Inspectah Deck darf gerne ein bisschen antiquierter tönen, U-God - wie eh und je - eine Spur nölig. Für frischen Wind sorgen - neben Noah Rubin, Fizzy Womack und Andrew Kelley an den Reglern - die einmal mehr zahlreich zu Tisch gebetenen Gäste.
"My Wu-Tang niggas call me the 36th chamber lyrical miracle, spit with you rap dudes", freut sich Heltah Skeltah-Schwergewicht Sean Price. "Still a rude dude" passt wohl auf niemanden besser als auf M.O.P. Killarmys Killa Sin zieht mit "Drunk Tongue" sogar einen Alleingang durch - und schlägt sich dabei mehr als wacker.
"I can't / won't / don't stop, I ain't got an off switch", erläutert Inspectah Deck in "Never Feel This Pain". Erklärt wohl, warum sich der ganze Clan standhaft weigert, sich auf längst errungenen Lorbeeren auszuruhen. Gut so, denn: "Ain't a damn thing changed. Just say the name, bitch: Wu-Tang!"
8 Kommentare
Ganz ehrlich, ich empfind das Album ein bisschen als Mogelpackung. Natürlich sind Gäste aus dem Killa Beez Umfeld immer gerne gesehen, aber wenn der Aderlass an Ur-Clanern so dramatisch ist und höchstens mal 1-2 der Ursprungsneun (Rip ODB) auf einem Track zu hören sind, dazwischen aber lauter Leute, wegen denen ich mir das Album NICHT gekauft habe, dann schmerzt das schon ein wenig.
Weils auch schade ist, denn die Mukke an sich ist wieder richtig gut geworden! 8 Diagrams fand ich gut, aber vom Sound her doch nicht mehr vergleichbar mit den alten Sachen. Jetzt auf 'Legendary Weapons' höre ich wieder düstren, toll rumpelnden Sound der erfrischend alt und true klingt, aber eben kaum noch was von diesen einzigartigen Stimmen und deren Flow, dem kranken Humor, dem Wu-Way halt. Ich will keinen Trife Diesel, sondern wenigstens EIN Lied mit dem GZA! Und RZA klingt mittlerweile, als hätte er ein paar Hundert Kilo zu viel drauf. Was auch wieder sehr schade ist, da ich ihn (offensichtlich im Gegensatz zu dir Dani ) früher am Mike mit am abgedrehtesten fand. Siehe Gravediggaz.
Joah, musikalisch top, aber an den Rest muss ich mich wohl erstmal gewöhnen.
Bzw. Dani, du bist doch an der Quelle: Wasn jetzt nun los mit den Jungs? Ist die Fehde so tief, dass anscheinend wirklich keiner mehr Bock aufs Arbeiten mit dem RZA hat? Was macht der GZA?
irgendwie is jedes album was irgendwie mit Wu Tang zu tun hat sofort album der woche... dabei is dieses album nur ok...
@ Boogie Bear: Ach. Und was hättest du lieber als Album der Woche gesehen?
Also Start The Show ist schonmal gut.....
@ der dude: ok hast recht, aber es ist trotzdem irgendwie auffällig ^^
@Boogie Bear (« @ der dude: ok hast recht, aber es ist trotzdem irgendwie auffällig ^^ »):
na die sache ist halt die, dass ein okeskes wu album oftmals immer noch besser daherkommt als der ganze rest der wöchentlich gedropt wird bzw bei laut.de eine rezi bekommt (zumindest raptechnisch).
vielleicht ist es aber auch eine verschwörung der rezi autoren hier und sie veröffentlichen immer dann eine wu kritik wenn sie wissen, dass keine konkurrenz in der woche in sicht ist. hmm