laut.de-Kritik
Die Musik strahlt eine beeindruckende Genialität und Virtuosität aus.
Review von Gregory BritschSchön, dass Richard D. James mal wieder etwas von sich hören lässt. Das letzte Album "Drukqs" ist mittlerweile auch schon fünf Jahre her. Abgesehen von der Remix-Compilation "26 Mixes For Cash" und dem wiederveröffentlichten "Hangable Auto Bulb" war nicht allzu viel von ihm zu hören. Doch Maestro Panzerfahrer werkelte abseits des Rampenlichtes weiterhin an seinen musikalischen Visionen.
Auf dem eigenen Label Rephlex erscheint nun "Chosen Lords". Auf CD fasst Aphex Twin die nach seinem Dafürhalten zehn besten Stücke der elfteiligen - bisher lediglich dem 12inch Vinyl-Format vorbehaltenen Veröffentlichungsreihe - unter dem sinnigen Titel Analord zusammen. Typisch für die spezielle Art von Humor des eigenwilligen Sturkopfes aus Cornwall. Ganz zu schweigen von den Stücken, die da "Klopjob", "Crying In Your Face" oder "PWSteal.Ldpinch.D" heißen.
Mit der Analordserie bezieht sich Richard D. James mehr oder minder ungeniert auf sein bisheriges Schaffen als Aphex Twin. Damals, in den Neunzigern, als er mit seinen zu jenem Zeitpunkt neuartigen Sounds wohl mit den Ausschlag gab für die Wortschöpfung IDM, der so genannten Intelligent Dance Music. Er setzte nicht nur in der elektronischen Musik neue Maßstäbe, die zweifelsohne bis heute Bestand haben und an die allenfalls sein Spezl Tom Jenkinson heranreicht. Letzten Endes kann man ihn, sei es als Aphex Twin oder AFX, nur an seinem eigenen Wirken messen.
Richard D. James wäre nicht Richard D. James, der verschrobene Zynikerkauz aus der englischen Provinz, wenn er sich auch nur einen feuchten Furz darum kümmern würde, was Medien, Plattenlabel oder sonst wer von ihm erwarten oder gar denken. Er zieht sein Ding durch, komme was da wolle. Der Erfolg gibt ihm schließlich recht. So, als ob nichts gewesen wäre, keine Zeit vergangen, setzt er sein Werk unbeeindruckt fort.
"Chosen Lords" präsentiert den Analord denn auch in Höchstform. Fast wie selbstverständlich strahlt seine Musik nach wie vor eine beeindruckende Genialität und Virtuosität aus. Anders als etwa Aardvarck mit seiner Carl Craig-Hommage "Cult Copy" klingt "Chosen Lords" jedoch nicht betont oldschoolig. Umgesetzt in einer immer noch frisch klingenden Art und Weise, erscheint sie geradezu zeitlos. Mehr oder minder wie damals. Wenn man es nicht besser wüsste. Das ist der große Pluspunkt dieser Zusammenstellung.
Noch immer hantiert Richard D. James spielerisch mit seinen Synthies. Entlockt ihnen Melodiebögen und Hooks, denen etwas Sakrales anhaftet, die sich mal kindlich geben, mal schräg-entrückt davon schweben oder einfach nur wunderschön klingen, sich dabei aus den Arrangements herausschälen. Für seine Verhältnisse zeigt er sich richtiggehend melodiös und eingängig. Die Musik von AFX entfaltet eine ansehnliche Dynamik aus treibenden Bum-Tchak-Electrobeats und zackigen Breaks. Ohne im, für ihn eigentlich typischen, infernalen Breakbeatsplatter zu enden.
Neben einem nuancierten Hauch abstrakten Funks kommt in den Tracks vor allem forciertes 303-Geschraube zum Einsatz. Da zwitschert und blubbert es in einem fort. Und mit "PWSteal.Ldpinch.D" zeigt Richard D. James, dass er ebenso clubtauglichen, housigen Sound produzieren kann – wenn er Bock drauf hat. Darauf fünf Dosen warmes Red Cornish!
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