laut.de-Kritik
Als hätten sie im Studio von Snow Patrol und Coldplay gastiert.
Review von David HutzelOhne eigenes Album schon im Vorprogramm von Get Well Soon und Bodi Bill? An besten Kontakten hat es den Jungs von Abby offenbar nie gemangelt. Die vier Kumpels Filou, Tilly, Lorenzo und Henne kommen schließlich von der Mannheimer Popakademie. Mit einem Major-Deal im Gepäck will die mittlerweile in Berlin beheimatete Band jetzt endlich durchstarten.
Die Ideen der 13 Debüt-Songs könnten teils gut aus einem nebligen Rave-Keller stammen – würden die Berliner sie nicht präsentieren, als hätten sie im Studio von Snow Patrol und Coldplay gastiert. Oft sanft, aber wenig gefühlsecht: "Friends And Enemies" wirkt an manchen Stellen schlicht ängstlich produziert. Keine der brummenden Gitarren, keiner der geloopten und überlagernden Klänge drängt sich in den Vordergrund. Der sichere Weg eben. Ein Debüt, das sich nahtlos in den Indie-Pop der neusten Generation einreiht. Für die fun.-hörende, selbsternannte Szene-Avantgarde.
Wenn die Synths nicht gerade herum nölen, dann lohnt es sich manchmal doch, die Tanzschuhe geschnürt zu haben. In Sänger Filou steckt schließlich ein beträchtlicher Teil Andrew Wyatts und "Monsters" erinnert in seiner Anlage tatsächlich an die Tanzkaskaden von Miike Snow. Besonders, wenn die Berliner in house-artige, nicht enden wollende und melodiös-minimalistische Instrumental-Parts verfallen: Das Tanzbein pulsiert. Im nächsten Moment jedoch reißen einen flache Indie-Off-Beats ("Streets", "Calm Down") direkt wieder auf die öde Liegewiese.
Die Songs plätschern vor sich hin, der Gesang erstarrt in Monotonie und beschert wenig Tiefe. "We felt like kings one summer day", singt Filou in der Plain-White-T's-Hommage "Like Kings". Sommermusik, die vor allem vom Moment lebt. Wenigstens das. Anders macht es da "Evelyn", die Zusammenarbeit mit David Lemaitre. Indie-Pop, die Melancholie als Spielgefährte an der Hand, dazu ein verwobenes Netz an Gitarren-Fingerpicking formen einen der stimmungsvollen Höhepunkte. Sonar-Sounds und schwärmende Gitarren könnten auch "Annie" zu einem dieser Stücke heben – jedoch bleibt das Überraschende, das Stilbrechende im Hintergrund.
Stattdessen: Mitsummtaugliche Streicher im Refrain, ein kalkulierter Feuerzeug-Moment. Schlimmer kann das nur noch der Alex Clare-Song mit Ellie Goulding-Refrain, "Riddles". Wo sind die Vibes der Insel? Immerhin rühmten sich Abby im Vorfeld damit, im selben Abbey Road-Studio aufgenommen zu haben, wie einst die Beatles. Nicht einmal die Vorhänge seien seitdem gewaschen worden. Ob Abby sich deshalb nicht weit von so manchem ausgetretenen Pfad der Pop-Geschichte entfernen wollten?
Der letzte Track "We Don't Worry" (Abbys Beigabe zum Schweighöfer-Film "Schlussmacher") wagt nicht wirklich mehr. Seine Hook prügelt das Stück ungestüm und ungefragt dem Hörer entgegen – ein Spiegelbild des gesamten Albums: Aus dem Weg, ihr staubigen Beatles-Gardinen! Fenster auf! An den See. Die raren, mutigen Momente auf "Friends And Enemies" suchen, mit Sonne paaren und aufsaugen. Eine unbeschwerte Stunde bietet einem die Platte auf diesem Weg jedenfalls.
1 Kommentar
Sterbenslangweilig.
Das bei VIVA auf Dauerrotation laufende "Streets" war ja schon nicht vielversprechend. Das Album insgesamt ist aber nochmal so dröge. Es ist nicht direkt schlecht, aber man hat das alles halt schon tausendmal gehört.
Die Rezension spricht mir aus der Seele.