laut.de-Kritik
Garagentauglich, ungekämmt und voller Soul.
Review von Amelie KöpplGanz ruhig beginnt das neue Album der heimlichen Stars aus den Staaten. Ein Glockenspiel hier, ein Schlagzeug da, und immer präsent: die soulige, irgendwie beruhigende Stimme der Frontfrau, die ihren eigentlichen Beruf als Postbotin schon längst an den Nagel gehängt hat.
Dass Alabama Shakes modernen Bluesrock perfekt und kreativ beherrschen, beweisen sie schon im zweiten Song "Don't Wanna Fight". Lässig verzerrte Gitarren und ein treibender Bass machen Lust auf noch mehr neues Material.
Dumpfe Drums begleiten das entspannte "Dunes", das sich langsam zum dramatischen Refrain "Am I losing it?" hinaufschraubt. "Future People" beschert im Vergleich dazu eher ein Wechselbad der Stimmungen. Die Band greift auf Tempowechsel zurück, während Brittany Howard ihre Stimme in schwindelerregende Höhen treibt. Gospel-Backgroundgesang fällt mit schmutzigen Riffs zusammen und offenbart den musikalischen Reifeprozess der letzten drei Jahre.
Mit "Gimme All Your Love" präsentieren Alabama Shakes ein neu gewonnenes Selbstbewusstsein. Man kann den Gesang förmlich spüren, der hier ein wenig an die Verrücktheit Screamin‘ Jay Hawkins' erinnert. Zusammen mit aufregendem Rhythmuswechseln und dem harten Gitarrenspiel mausert sich der Track zum lauten Favoriten der Platte.
Akustisch und fast ruhig läuft "This Feeling" im Anschluss runter wie tief in ein Fass Butter getaucht: "I spend this time trying to find my way here." Zur Abwechslung einfache Akkordfolgen und zackiges Staccato gibt es anschließend in "Guess Who". Was in "The Greatest" passiert, muss mit übermäßigem Punkrock-Genuss zusammenhängen: Garagentauglich und ungekämmt bekommt man plötzlich ein fröhliches Stück Rock'n'Roll hingeworfen.
"Shoegaze" macht seinem Namen keine Ehre, ganz im Gegensatz zu "Gemini": Straight statt verspielt gehts hier voran. Die Band besinnt sich dabei auf ihre Wurzeln, als "Boys & Girls" noch in aller Munde war. "Miss You" und "Over My Head" lassen die Platte langsam vibrierend ausklingen.
Brittany Howard schöpft auf dem zweiten Album der Alabama Shakes stimmlich aus den Vollen. Sanftmütig, wild, laut, gefühlvoll oder völlig ausgerastet: Mit so einer Frontfrau kann es auf einer Platte gar nicht langweilig werden. Ihre Band dankt es ihr mit unendlich viel Liebe zum Detail.
2 Kommentare
In einer Welt ohne Kings of Leon hätte ich dies Band wahrscheinlich gefeiert.
Klasse Album.