laut.de-Kritik

So schön waren Seelenqualen schon lange nicht mehr.

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Anathema scheinen Gefallen daran zu finden, ihre Fans unendlich lange nach neuem Material dürsten zu lassen. Eigentlich haben sie ja 2007 mit der neuen Scheibe Vollzug gemeldet, doch bis heute ist bis auf drei Songs im Internet nicht viel davon zu hören. Dass sie nun auch noch ein semi-akustisches Album mit neu arrangierten aber älteren Songs dazwischen schieben, scheint die Qual der Wartezeit zunächst noch einmal zu verlängern.

Doch eigentlich ist "Hindsight" genau das, was die traurigen Seelen der Anathema-Gemeinde so lange vermissen und sehnlichst erwartet haben. Waren die Songs der Engländer schon immer in Musik gegossene Melancholie, so erreichen sie in dieser akustischen Form eine ganz neue Ebene. Eigentlich müsste dieses Album auf die Liste der rezeptpflichtigen Medikamente kommen, denn Suchtgefahr geht von ihr auf jeden Fall aus. Man kann einfach nicht widerstehen, obwohl man merkt, wie die Stücke mit jedem Durchlauf mehr und mehr an einem zehren.

Fragiler und einfühlsamer als je zuvor legen uns die Cavanagh-Brüder und ihre beiden Mitstreiter neun neu arrangierte Stücke aus ihrer Vergangenheit vor, die meist gar nicht so weit vom Original entfernt sind. In dieser reduzierten Form treten die Melodien und Harmonien aber erst wirklich ans trübe Licht der Kerzen und breiten sich nach und nach im ganzen Körper aus. Wenn notwendig, greift auch mal eine verzerrte Gitarre ein, doch maßgeblich geben Akustikgitarre, Klavier, Cello und Daniels unnachahmliche Stimme den Ton an.

Natürlich übernimmt Lee Douglas bei "A Natural Disaster" wieder den Gesang. Ihre zarte Stimme greift einmal mehr ganz heimlich nach deiner Seele. Dass sich dieser Griff im Laufe des Albums immer mehr verstärkt, lässt sich beinahe nicht vermeiden. Man muss fast schon aufpassen, wie sehr man sich dem hingeben möchte. Mit "Unchained (Tales Of The Unexpected)" hat es auch ein ganz neuer Song aufs Album geschafft, der sich perfekt in das Konzept einpasst, wahrscheinlich aber kaum Einsicht in das Material des kommenden Albums gewähren dürfte.

Man muss die Briten tatsächlich dafür bewundern, wie sie ein solches Album mitten im Sommer veröffentlichen und dennoch den Soundtrack zu den ersten Herbstdepressionen abliefern. So ergreifend und so schön waren Seelenqualen schon lange nicht mehr.

Trackliste

  1. 1. Fragile Dreams
  2. 2. Leave No Trace
  3. 3. Inner Silence
  4. 4. One Last Goodbye
  5. 5. Are You There?
  6. 6. Angelica
  7. 7. A Natural Disaster
  8. 8. Temporary Peace
  9. 9. Flying
  10. 10. Unchained (Tales Of The Unexpected)

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LAUT.DE-PORTRÄT Anathema

Wer in Traurigkeit versinkt, nur die Schattenseiten des Daseins wahrnimmt und beschließt, sich selbst zu subtrahieren, sprich, sich aus dem Leben zu …

13 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    http://www.kscopemusic.com/anathema/

    Neun alte Songs sowie ein bis dato unveröffentlichtes Stück im Unplugged-Akustikgewand.
    Zurückgeschraubt auf's Wesentliche.
    Schwebende Gitarren.
    Verträumter, zerbrechlicher Gesang. Teils zweistimmig, teils weiblich & zweistimmig.
    Klagendes Cello.
    Unaufdringlicher Bass.
    Reduziertes Schlagzeug.
    Allerlei interessante Soundspielereien.
    Wunderschön herausgearbeitete Melodiebögen, die in den Originalen oft in der Distortion-Wand untergingen.
    Zerbrechlich.
    Emotionsgeladen.
    Geht unter die Haut.

    Fantastisch!

    Schon jetzt mein persönliches Album des Jahres. Wie wohl die nächste Platte klingen wird?

    Highlights:
    - "Fragile Dreams": Zwar nah am Original gehalten, doch in der akustischen Version noch einen Tick schöner.
    - "Inner Silence": Der vielleicht allerbeste Song, den Anathema jemals hervorgebracht haben.
    - "Are You There": Man erkennt das Original fast gar nicht mehr. Geniale Gitarrenspielerei!
    - "Flying": Mitreißend! Die scheinbar ins unendlich steigende Melodiefolge am Schluss diesmal leicht spanisch angehaucht. Genial.

    Schwachpunkte:
    - "Leave No Trace": Hier hätte ein wenig mehr Percussion wohl alles rausgerissen. So fehlt dem Stück ein bisschen was.
    - "A Natural Disaster": Super gespielt, aber fast keine Veränderung gegenüber Original.

    3 Hörproben unter obigem Link.
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    9.5 von 10 Punkten.

  • Vor 16 Jahren

    Are You There ist in der Tat umwerfend. Sehr schönes Album, wird im Herbst bestimmt noch häufig bei mir laufen! Und dann gibt's die Band auch wieder mal live zu sehen!