laut.de-Kritik

Halsbrecherische Celli und Gastslots für Hetfield und Trujillo.

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Die Liaison aus Krach und Klassik kennt man. Beide Genres eint das theatralische Element, die Übertreibung und emotionale Überspitzung. Apocalyptica fügen ihrer Exegese aus Hoch- und Popkultur eine Prise Kalkül hinzu. Versuchte das Trio aus Finnland in den vergangenen Jahr vermehrt auf eigenen Beinen zu stehen, schließt sich für die verstromte E-Musik-Bande der Kreis.

Auf ihrem Debüt widmeten sie sich 1996 der Interpretation von Metallica-Klassikern. Von der naiven Frühphase spannen die Cellisten den Bogen ins Hier und Jetzt. Mittlerweile selbst in der ersten Metal-Liga angekommen, liefern sie nun den zweiten Teil ab. Nach der intimen, kammermusikalischen Darbietung von einst hört man auf "Plays Metallica Vol. 2" die volle Kapelle.

"One" etwa mit einem an Leonard Cohen oder Lou Reed gemahnenden James Hetfield im Spoken Word-Modus - "Lulu" lässt grüßen - oder "The Four Horseman", mit einem düster-grollenden Rob Trujillo an den vier Saiten, erhalten dank zusätzlicher Klassik-Spuren ein eigenständiges Format. Die Orignale schimmern immer wieder durch, auch weil zwei von vier Metallicats mitwirken.

Nah am Punch des Originals flechtet das Trio spannende Momente mit ein, etwa wenn im Intro zu "Ride The Lightning" das Anfangs-Riff in augmentierter Form erklingt. Insbesondere die nackensprengenden Instrumentalpassagen inklusive Soli sind eine Steilvorlage für die halsbrecherisch agierenden, aber im Klang eine eigene Note transportierenden Celli. Das gilt etwa für "Blackend", den ähnlich gebauten Opener von "And Justice For All".

Trotz des vergleichbaren Ausbildungshintergrundes - alle drei Cellisten sind Absolventen der Sibelius-Akademie - bringen Eicca Toppinen und Co. unterschiedliche Künstlerbiografien mit. Während bei Perttu Kivilaakso und Paavo Lötjönen die klassische Musikerbiografie aufgrund des familiären Hintergrunds vorgezeichnet schien, musste sich Toppinen durchbeißen und stammt aus einfachen Verhältnissen. Working Class und Hochkultur gehen Hand in Hand.

So auch auf der großen Überraschung der Platte. Dass sich die Finnen an den Industrial meets Thrash-Klopper und Titelgeber des großen Klogriffs "St. Anger" heranwagen, hätte ich nicht gedacht. Dabei funktioniert die Mischung aus harschen Riffattacken und den melodiösen Zwischenparts sehr gut. Da der Track noch nicht das totgenudelte Stadium der Klassiker erreicht hat, kitzeln Apocalyptica hier das Maximum heraus.

"The Unforgiven II" sowie "The Call Of Ktulu" kommen dem dynamischen Spektrum der klassischen Instrumente entgegen. Mit "Holier Than Thou" zeigen die Finnen Kante. "To Live Is To Die", im Original zehn Minuten, paraphrasiert die Gruppe in gerade mal drei Minuten, ein Luftholen vor dem Meisterwerk der Platte, der Anti-Kriegs-Hymne "One (ft. James Hetfield & Rob Trujillo)". Dieser zeitlose Klassiker wartet mit Spoken Word-Passagen statt Gesang auf, was der Dramatik dieser Nummer keinen Abbruch tut. Vielmehr ballt "One" aufgrund der Aktualität im Weitgeschehen (Israel-Gaza, Ukraine) die Magengegend zu einem Klumpen zusammen.

Trackliste

  1. 1. Ride The Lightning
  2. 2. St. Anger
  3. 3. The Unforgiven II
  4. 4. Blackened
  5. 5. The Call Of Ktulu
  6. 6. The Four Horsemen (ft. Rob Trujillo)
  7. 7. Holier Than Thou
  8. 8. To Live Is To Die
  9. 9. One (ft. James Hetfield & Rob Trujillo)
  10. 10. One (Instrumental)

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