laut.de-Kritik

Im hessischen Hades regiert brachiale Wortgewalt.

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Ungewöhnlich melodisch flankieren Akustikgitarre und Piano den "Weg Des Assassin". Der Friede währt allerdings nicht lange, dann schleicht sich der Marschrhythmus ein. Erst schleppend, dann mit vollem Pomp reißt das knapp eineinhalbminütige Intro aus der Schmiede Martelli & Stereominds nicht nur die geneigte Hörerschaft mit in den hessischen Hades. Des is Frankfurt, Junge, die Nordwestkämpferfaust geballt und schlagbereit.

Ich kann mich nicht erinnern, wann mich zum letzten Mal so wenig Inhalt so dermaßen umgemäht hat. Azad und die mitwirkenden üblichen Verdächtigen erzählen auf Albumlänge nichts, aber auch gar nichts, was man nicht, selten mehr, viel öfter weit weniger eindrucksvoll, schon unzählige Male gehört hat: Konkurrenten sind selbstredend sämtlich Porree, Azad ist der Bozz im Geschäft, das Leben eins der härtesten.

Die Flucht aus der brennenden Azphalthölle der Mainmetropole führt, wenn sie überhaupt gelingt, höchstens hie und da über den Pfad der Schmerzen ins Jammertal, wahlweise ans Meer der Tränen. Wenig lebensfroh - stinklangweilig. Möchte man meinen.

Nix da. Wenn Azad, Barretta-Style, Feuer auf Beats spuckt, die für Rückenwind in Orkanstärke sorgen, regiert Wortgewalt im brutalsten Wortsinne. Die Botschaft lässt keinen Funken Raum für Deuteleien. Altmeister Rakim, der in "Guerilla" zum Grenzen und Ozeane überschreitenden Sparring antritt, bringt es auf den Punkt: "Nobody hold us back."

Um sich diesen entfesselten Naturgewalten in den Weg zu stellen, wäre auch je ein gerüttelt Maß Wahnwitz und Lebensmüdigkeit gefragt: Azad und Konsorten planieren ebenso erbarmungslos wie gründlich einfach alles. Brachialgewalt kann so erfrischend sein.

DJ Rafik setzt mit seinem zurecht mehrfach preisgekrönten Turntablistenhandwerk der Spitzenklasse stockfinsteren Beatbrettern, unter anderem von Sti, Brisk Fingaz & X-Plosive, Farhot und M3 & Noyd, die Krone auf: DJ und MC brauchen sich hier um die Reihenfolge auf dem Flyer nicht zu streiten. Das Rampenlicht - angemessener wäre wohl ein Flak-Scheinwerfer - reicht für beide.

Ebenso wenig um Aufmerksamkeit betteln müssen in unzähligen Kämpfen gestählte Rap-Gladiatoren, die mit Azad in die Arena steigen. Charakteristisch zischendes Endlos-Einatmen bedeutet, wie jeder weiß, Katastrophenalarm und kündet in "300" von der Ankunft des Reimroboters. Unerreicht seine verschachtelten Reime, unerreicht auch die unverfrorene Ungerührtheit, mit der Kool Savas in "Was Anderes" zu Werke geht.

Daneben begeben sich einmal mehr die alten Warheit-Kollegen, die Thronfolger Hanybal und Solo sowie Manuellsen an den Start. Die machen ihre Sache allesamt ordentlich, wenngleich des letztgenannten R'n'B-beeinflusste Gesänge nach wie vor meine Tasse Tee nicht sind.

Hie und da frage ich mich trotzdem, ob bei der Auswahl der Rudelkollegen nicht vielleicht doch eine Rolle spielt, dass der alte Silberrücken neben helleren, stellenweise fast niedlich jugendlich anmutenden Stimmen einfach immer noch eine Spur mächtiger, noch bedrohlicher rüberkommt. Wenn ja: Es funktioniert gar prächtig. Lägen die Umstände nur ein wenig anders, ich würde eine Zeile aus "300" unterschreiben: "Isch hab'n Rohr bis unners Kinn, du!"

Trackliste

  1. 1. Weg Des Assassin
  2. 2. Bandog feat. DJ Rafik
  3. 3. Guerilla feat. Rakim
  4. 4. Assassin feat. 439 & DJ Rafik
  5. 5. 300 feat. Tone & DJ Rafik
  6. 6. Rocky feat. Hanybal & DJ Rafik
  7. 7. Stacheldraht feat. Warheit
  8. 8. Detonation feat. DJ Rafik
  9. 9. Klagelied (Wie Lang) feat. Tino Oac
  10. 10. Was Anderes feat. Kool Savas
  11. 11. Zu Laut feat. Manuellsen
  12. 12. Actionmuzik feat. Jeyz & Hanybal
  13. 13. Feuer & Wind feat. Manuellsen
  14. 14. Armageddon
  15. 15. Der Letzte Augenblick

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LAUT.DE-PORTRÄT Azad

Azads Hip Hop-Roots lassen sich bis ins Jahr 1988 verfolgen. Als kurdisches Flüchtlingskind findet er schwer Anschluss in den kalten deutschen Landen.

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