laut.de-Kritik
Mit der Sonne im Rücken und dem Highway vor der Kühlerhaube.
Review von Olaf SchmidtVier Jahre Zeit für ein fünftes Album sind eine lange Zeit. Aber Kinder wollten großgezogen werden und Bärte mussten weiter wachsen. Tatsächlich dulden die Männer mit Holzfäller-Charme aber auch einen Herrn ohne Gesichtspelz in den eigenen Reihen, man weiß nicht, was da schiefgelaufen ist. Konzentrieren wir uns lieber auf die Musik.
Nach "Mirage Rock", das für ein sehr geteiltes Echo sorgte, lautete für manchen Fan die bange Frage: Fahren Band Of Horses weiter den breiten AOR-Highway runter, mit den Eagles und anderen Countryrock-Gesellen auf der Rückbank? Oder wenden sie sich wieder dem Indie-Sound der ersten zwei Alben zu?
Die Antwort liegt irgendwo in der Mitte. Einen Zwitter liefert die in South Carolina ansässige Gruppe hier ab, ein Übergangsalbum möglicherweise, analog zu "Infinite Arms". Man merkt der Band deutlich an, dass sie ihre Weiterentwicklung nicht vollkommen zurückstecken will, aber gleichzeitig die Wurzeln ihrer Musik im Auge behalten möchte.
Ungewöhnlich ruhig leitet der erste Teil von "Dull Times/The Moon" das Album ein. Rhythmustaste sieben auf der Bontempi-Orgel, ein wenig Gitarrengestreiche und sanftes Schlagzeug, so einfach kann es sein. Die zweite Hälfte rockt mehr und macht eines der Mankos der Platte deutlich: Juhu, Loudness War! Natürlich, schließlich war Rick Rubin beteiligt, auch wenn das Album hauptsächlich von Grandaddy-Mastermind Jason Lytle produziert wurde. "Solemn Oath" im Anschluss clippt ebenfalls munter vor sich hin. Nun gut, es nützt ja nichts. Schade um diese tolle Midtempo-Ballade, die auch auf einem der ersten Alben nicht negativ aufgefallen wäre.
In "Hag" experimentiert der Fünfer mit seltsamen Geigenarrangements herum, die mich etwas an "Sugar Man" von Rodriguez erinnern. Vielleicht haben Ben Bridwell und seine Buben den famosen Dokumentarfilm auch gesehen. Der Song reiht sich in eine größere Anzahl langsamerer Nummern ein.
Überhaupt: "Why Are You OK" wird nicht als die rockigste Platte in die Diskografie der Südstaatler eingehen, aber vielleicht wegen seiner experimentellen Vielfalt als eine der interessantesten. Auch "Country Teen" mit einem sehr eigenwilligen Stereosound sticht heraus. Die Kopfhörerpflicht hätten sie direkt aufs Cover schreiben sollen, den meisten Leuten wird das im Raum kaum auffallen.
"Casual Party" dürfte all jenen das Blut in den Adern gefrieren lassen, die mit "Mirage Rock" nichts anfangen konnten. Der Song repräsentiert alles, das man an diesem Album lieben oder hassen konnte. Entspannter Uptempo-Rock der ländlichen Art, mit der Sonne im Rücken und endlosen Highway-Kilometern vor der Kühlerhaube. Bridwell mag anscheinend keine Partys: "Awful conversation at the casual party", moniert er, "the job, the babble on, the recreational hobbies / No, it never stops."
"In A Drawer" schlägt mit dezentem Synthie-Einsatz in die gleiche musikalische Sparte und dürfte ähnlich polarisieren. Erstmal durchatmen, als nächstes haben die Pferdemänner eine Verschnaufpause namens "Hold On Gimme A Sec" eingebaut. Über die Sinnhaftigkeit solcher Musikskizzen lässt sich weiterhin vortrefflich streiten. Ein Song ist das jedenfalls nicht.
Etwas weiter in die Vergangenheit schielen "Whatever, Wherever" und "Even Still" als Rausschmeißer. Bezeichnenderweise hält die Band das Tempo dort wieder sehr langsam. Macht nichts, Ben Bridwell besitzt diese außergewöhnliche Kopfstimme, die sofort für die typische Atmosphäre sorgt. Eine Atmosphäre, die nur diese Musiker hinbekommen. Die schnellen Songs, die Band Of Horses früher am Start hatten, gibt es noch, aber sie klingen dann nach dem letzten Album.
Band Of Horses sind nicht mehr die Band von 2004 und werden es auch nicht wieder. Vereinzelte Spritzer des alten Sounds mischen sie noch immer in die Songs, aber im Großen und Ganzen fühlen sie sich mittlerweile in der AOR/Americana/Countryrock-Welt heimisch. Wer mit den letzten beiden Alben wenig anfangen konnte, wird auch mit "Why Are You OK" nicht glücklich. Alle anderen bekommen entspannte Musik und schöne Songs, denen man etwas Zeit lassen sollte.
1 Kommentar
Nach dem ersten hören eher die langeweile des Vorgängers. Natürlich sind einige nette Songs und Melodien dabei, aber auf Albumlänge schläfert das mal wieder ein. Dass Rick Rubin seine Finger im Spiel hatte lese ich hier zum ersten mal, überrascht mich letztendlich aber wenig.
gutwillig eine 3/5