laut.de-Kritik

Roadtrip-Feeling statt Lagerfeuer-Atmo.

Review von

"Gratitude" heißt der dritte Longplayer von Benjamin Francis Leftwich. Und er klingt bedeutend anders als die beiden vorherigen Alben. Dort beschränkte er sich vorrangig auf Gitarrenmusik: Songs wie "Atlas Hands", "Pictures" oder "Shine" sind zwar wundervoll, jedoch litten die Vorgänger schon ziemlich unter einer gewissen Eintönigkeit. Diesen Makel gleicht Leftwich nun mit elektronischen Anteilen und verschachtelteren Songstrukturen aus.

Den Anfang macht der titelgebende Song "Gratitude", ein schönes, mit Adlibs unterlegtes Piano-Intro. Im Hintergrund gesellt sich während der zweiten Hälfte des Songs ein jazziges Saxophon. Garniert wird alles mit einer untypischen Brise Autotune. Ein sich stetig steigernder Song, der die Vorfreude wachsen lässt.

"Look Ma!" wurde wie der Titelsong als Single auserkoren. Auch hier hört man: Leftwichs Gesang und die treibende Melodie sorgen für neue Emotionen. Dachte man früher noch an ewige Lagerfeuersessions, ruft die neue Platte von Anfang an das Gefühl von Aufbruch bzw. Bilder eines Roadtrips hervor.

Mit "Sometimes" kehrt dann Benjamins musikalisches Ich aus Folk-Gefilden zurück - aber eben anders als früher: Die Musik wirkt vielfältiger. Auch in Sachen Produktion legt der Brite zu: Das lässt sich etwa am sauber ausproduzierten und melancholischen "Big Fish" festmachen. Unterm Strich stecken so bereits in den ersten fünf Anspielstationen mehr Details als in den beiden anderen Platten.

Mit "Luzern" findet sich der obligatorische Lovesong. Dieser erinnert aber weniger an melancholische Gitarrenmusik, sondern eher an einen Indietronic angehauchten Popsong. "Miracle Sister" wiederum soll helfen, "durch die Oberfläche von Dingen zu sehen". Und so reicht das Album von Softrock ("Blue Dress") bis hin zu elektronischer Musik samt Pianoeinflüssen ("Roisin"). Der ruhige Outro-Song "The Mess We Make" entlässt einen nach gut 40 Minuten Spielzeit aus einem gelungenen Album.

"Gratitude" erweist sich als durchdachter, komplexer und elektronischer als der bisherige Output des Briten. Die Melodien haben mehr Tempo, die geraten Lyriks pointierter und die Klangteppiche ausgefeilter. Die bis dato allgegenwärtige Gitarre weicht ein wenig dem Experiment. Das hat dem festgefahrenen Schaffen des Singer/Songwriters gut getan. Auch wenn die die Änderungen an manchen Stellen vielleicht etwas zu poppig ausfallen.

Trackliste

  1. 1. Gratitude
  2. 2. Look Ma!
  3. 3. Sometimes
  4. 4. Big Fish
  5. 5. Tell Me You Started To Pray
  6. 6. Luzern
  7. 7. I Got You
  8. 8. Real Friends
  9. 9. Blue Dress
  10. 10. Miracle Sister
  11. 11. Roisin
  12. 12. The Mess We Make

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