laut.de-Kritik

Kein Reggae-Interpret besitzt mehr Soul.

Review von

Sweet, sweet Reggae music: Man könnte meinen, Beres Hammond habe dieses Etikett für sich gepachtet. Seit den 70ern mischt er im Musikgeschäft mit, hat angesichts der Flut seiner Produktionen selbst längst den Überblick verloren: "Etwa mein 25. Album", glaubt er von seinem jüngsten Werk.

Rechnet man zahllose Sampler, Kollaborationen und die Platten anderer Künstler, bei denen er an den Reglern saß, dazu, so dürfte sich die Zahl leicht verdoppeln lassen. "A Moment In Time" beweist eindrucksvoll, warum Hammond nach wie vor mit Recht als ungekrönter König des Lovers Rock gilt: Kein Reggae-Interpret besitzt mehr Soul.

In diesen Gesang möchte man sich fallen lassen, sich einkuscheln, wie in einen flauschigen Schal. Wunderbar gefühlvoll umgarnt die stellenweise leicht angeraute Stimme Hammonds seine Zuhörer. Die besungenen Emotionen, werden greif- und erfahrbar, egal ob es sich dabei um eine gut gelaunte Liebeserklärung oder einen Percussion-lastigen Gruß an Mama Afrika handelt.

Durchgehend bewegt sich Beres Hammond mindestens knietief im Soul. Ab und an vergisst man darüber glatt, dass man es in "A Moment In Time" mit einer astreinen Reggaeplatte zu tun hat. Einer Reggaeplatte allerdings, die verschiedenste musikalische Einflüsse mit offenen Armen aufnimmt und verwendet: ein wahrer Archaeopteryx zwischen den Genres.

"No I Can't" atmet den Geist alter Motown-Schnulzen. Keyboardakzente machen glauben, Jackie Mittoo, der Keyboard-King aus dem Studio 1, habe auf einen Sprung vorbei geschaut. Gesprochene Passagen lassen Erinnerungen an Barry White aufkeimen, während Backgroundchöre dem Geschehen an anderer Stelle einen gospeligen, beinahe sakralen Anstrich verleihen.

Markante Bläser tröten "Can't Say I Never Tried" fast schon Big Band-Charakter ein, obwohl nur einige wenige Instrumente den allgegenwärtigen klassichen Reggae-Groove bereichern. Fragt mich nicht, wie das geht. Ich hab' zudem keine Ahnung, wie "A Place For You" trotz Halls und dubbigen Basslaufs so arg an Stummfilm-Begleitmusik aus der Klamottenkiste erinnern und der Titeltrack schließlich beinahe in Richtung Swing abdrehen kann.

All das klingt absurd, gelingt aber vortrefflich. Beres Hammond erweist sich als wahrer Meister der Balance, für den Pianoballaden, Streicher-Arrangements, Funk-Gitarren, pluckernde Bässe, Bläser und Dubs gleichermaßen vertrautes Terrain bedeuten. Seine Tunes schmeicheln "Body & Soul", sein Gesang schmilzt "Dark Clouds" so restlos, wie die durchflirrende Sonne den Morgennebel. Wir brauchen mehr davon. Gerade im Herbst.

Trackliste

  1. 1. I Feel Good
  2. 2. No Goodbye
  3. 3. Picking Up The Pieces
  4. 4. Still Will Be Heaven
  5. 5. Can't Say I Never Tried
  6. 6. Friends?
  7. 7. I'll Live Again
  8. 8. Talking Africa
  9. 9. Bring It On
  10. 10. Dark Clouds
  11. 11. A Place For You
  12. 12. Body & Soul
  13. 13. Cry No More
  14. 14. A Moment In Time

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