laut.de-Kritik

Limp Bizkits Wes Borland bricht mit allen Hörgewohnheiten.

Review von

Limp Bizkit stellten mit Albumtiteln wie "Chocolate Starfish And The Hot Dog Flavored Water" plus zugehörigem Artwork unter Beweis, dass sie nicht ganz backe sind. Und um seine Neurosen auszuleben, reicht zumindest Gitarrist Wes Borland die Hauptband nicht aus. Das stellt er mit Big Dumb Face zum zweiten Mal unter Beweis. Die Vokabel 'experimentell' existiert, um solche Alben zu beschreiben.

"Where Is Duke Lion? He's Dead ..." mit gewöhnlichen Alben zu vergleichen, ist unmöglich. Es mit denselben Maßstäben zu bewerten im Grunde auch. Borland schafft die komplette Reizüberflutung, haut in seinen Mixer alles, was ihm gerade in die Finger kommt und packt am liebsten noch tonnenweise Soundeffekte obendrauf.

"The Blood Maiden" ist der Soundtrack zu einer Strandparty, auf der die Besucher schamlos rülpsen und über Pentagramme singen. Konzipiere ein Ziltoid-Musical, lass es die Muppets und Strapping Young Lad im Duett vortragen, und du kriegst womöglich einen ähnlichen Sound.

Die Vocals jagt Borland konsequent durch Voice-Filter, in Grindcore-Passagen mit Ultralow-Pitch, in quirligen "Die Paula ist 'ne Kuh"-Parts mit Chipmunks-Highs. Stellt euch vor: Auf Dauer zehrt das extrem an den Nerven. Manchmal wünscht man sich schon, Big Dumb Face würden wenigstens einmal gewohnte Hörkonventionen bedienen. Doch Fehlanzeige: Verschnaufpausen existieren in diesem Wahnsinn nur, wenn sie eine andere Art von Wahnsinn verkörpern.

"Where Do All The Good Guys Go" ist ein Beispiel dafür. Borland krallt sich Elemente der Nachrufballade und schreibt eine Parodie darauf. Weinerliche Vocals von brennenden Kirchen erklingen zum dünnen Plastikklang einer Orgel, im Hintergrund fiept die Trauergemeinde. In der zweiten Hälfte tanzt man zu flottem Beat.

Sowas wie Groove kommt in "Jesus Retreats" auf, in dem statt purem Durcheinander der Limp Bizkit-Riff-Background durchschimmert. Borland garniert den Track mit einem frickeligen Gitarrensolo. Insgesamt hält er sich damit auf "Where Is Duke Lion? He's Dead ..." aber zurück. Aber es passiert schließlich auch so genug. Etwa Noise-Overkill in "The Goat Is Dead", direkt nach einem kurzen Hip Hop-Teil mit Jethro Tull-Anleihen. Oder Metal-Comedy in "Magic Guillotine": "What color is it? / RED! / What specific color of red? / BLOOD RED! / So it is like a flying blood red head on fire? / Yes ..."

Flying Lotus veröffentlichte kürzlich den Spielfilm "Kuso", in dem er 100 Minuten lang surrealen Konzepten und Visuals frönt, was Kritiker unter anderem als den "ekeligsten Film, der jemals gedreht wurde" bezeichneten. Allerdings verbirgt sich hinter "Kuso" eine immense Kreativleistung, die man dringend anerkennen muss. Einen ähnlichen Geist, wenn auch ohne allzu ausgefeilte Doppelbödigkeit, verkörpert "Where Is Duke Lion? He's Dead ...". Die Platte ist in einerseits unhörbar, weil sie mit sämtlichen Gewohnheiten bricht, andererseits gerade deshalb faszinierend.

Was "Where Is Duke Lion? He"s Dead ..." fehlt, ist bei all dem stilistischen Kuddelmuddel Struktur. Darauf verzichten Big Dumb Face zwar sicherlich bewusst, kreieren damit aber eher Stückwerk als Songs. So ergibt sich zwar eine einzigartige Hörerfahrung, der Mehrwert bleibt aber etwas auf der Strecke.

Trackliste

  1. 1. Warning
  2. 2. He Rides The Skies
  3. 3. Zargon Moth
  4. 4. Jesus Retreats
  5. 5. Call To Worship
  6. 6. Magic Guillotine
  7. 7. The Blood Maiden
  8. 8. You're Fucked
  9. 9. The Goat Is Dead
  10. 10. Where Do All The Good Guys Go?
  11. 11. Masters Of Chaos
  12. 12. My Girl Daisy
  13. 13. The Ancient Gods Awaken
  14. 14. Whipping The Hodeus

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