laut.de-Kritik
Mit ihm würde man gerne Party machen.
Review von Yannik GölzAls ich das erste Mal den Track "Ronaldinho" gehört habe, war ich ein bisschen schockverliebt. Ich konnte nicht so richtig greifen, was Bobby VanDamme besonders machte, aber der Junge kam mir besonders vor. Es muss an der Kombination gelegen haben. Erstmal war da dieser wirklich dämliche Name, der eigentlich klingt, als hätte man damit vor zehn Jahren in der dritten Vorrunde VBT fliegen sollen.
Dann dieser irgendwie unscheinbare Kerl, den man gefühlt zwischen seinen etwas charismatischeren Statisten kaum im eigenen Video wahrnahm. Und all das kontrastierte mit einer ehrlich sauguten Vocal-Performance, in der er überraschend viel Raum für Pain, Energie und eine leichte, charmante Unbeholfenheit einfließen ließ.
Sein im Januar veröffentlichtes Debütalbum "Gova" hatte ein paar coole Tracks im Angebot, ging mir persönlich aber ein bisschen zu sehr durcheinander. Sein Zweitling "Von Seite" ist nun wahrlich auch kein Konzeptalbum und kommt mit ein paar Misses daher, fühlt sich aber als Gesamtwerk trotzdem prägnanter und scharfkantiger an. Nein, es ist nicht perfekt, aber da sind die Stellen, in denen der wahnsinnig talentierte MC herauskommt.
Räumen wir mal die Tracks aus dem Weg, die nicht so sehr zünden: "Samira" würde gern herzzerreißendes Storytelling sein, der Kitsch würgt das Ding aber etwas ab. Ähnliches gilt für "Generation" das sich mit dem Anspruch verhebt, eine Hymne für eine ganze Alterskohorte zu sein. "Cash Rules", der wahrscheinlich raplastigste Track, klingt über weite Strecken wie von jemand anders, so sehr versucht Bobby, sich diese bissige Rap-Persona anzueignen, die er einfach nicht so recht mag.
Welche Rap-Persona passt denn nun zu ihm? Mir persönlich gefällt Bobby immer dann am besten, wenn er den Everyman gibt. Klar, er darf gerne seinen Shit talken und sich an seinem Erfolg erfreuen. Wenn er im Intro sich selbst als ein "Phänomen" bezeichnet, geht das aber ein bisschen über Bord, vor allem, weil er diese Glamour-Welt eh nicht so wahnsinnig spannend zu greifen kriegt.
Aber wenn er sich auf "Brazil Funk Freestyle Pt. 2" mit ziemlich bodenständigem Herzschmerz in Rage singt, dann hat das wiederum ziemlich Punch. Gerade im Direktvergleich zu Featuregast Azet merkt man, dass Bobby hier die klar bessere Präsenz hergibt.
Generell: Man muss sich an seinen Stanni-Modus Autotune-Gesang gewöhnen, aber der Mann liefert eine ganz schöne Präsenz und einen überraschend großen Spielraum, um seine Stimme zu variieren. Gerade im Kontrast zu anderen Rappern entpuppt er sich als großartiger Assist-Player. Das Hin und Her mit Labelboss Farid Bang zum Beispiel, "Money On My Mind", findet eine interessante Pocket nach der anderen auf einem klassischen Nullerjahre-Rapbeat - die Micpasses finden maximalen Profit darin, wie unterschiedlich die beiden den Beat tackeln.
Der mit Abstand beste Song des Albums "Andere Niveau" funktioniert ähnlich: Auch hier nimmt Bobby den Kontrapunkt zum bissigen, zähnefletschenden Bariton seines Gastes ein: Gemeinsam mit dem niederländischen MC 3robi nimmt er einen minimalistischen, grimy, fast industriellen Beat auseinander.
Man würde bei beiden Tracks nicht denken, dass er derjenige ist, der hier die Bäume ausreißt. Aber er verwandelt gute Parts in wirklich großartige Songs.
Immer wieder bekommt man zwischendurch das Gefühl, dass Bobby relativ viel Azzlackz und insbesondere Celo & Abdi gehört hat, was regelmäßig angenehm in seinem Humor durchschimmert. "RS Schluckt Wie Nh..." ist ein denkbar bescheuerter Tracktitel. Aber irgendwo steckt in dieser Plumpheit eine ziemlich unterhaltsame Antihaltung.
Zuletzt muss man ihm noch zugute halten, dass der Kerl einen astreinen Beatgeschmack hat. Viele seiner Kollegen machen Partytunes, ohne dass man ihnen auch nur bei einer Feier das Aux-Kabel anvertrauen möchte. Hier haben wir dagegen nicht nur einen schönen Genremix aus House, melodischem Trap bis hin zu Brazil Funk. Wir hören auch eine ziemliche Treffsicherheit mit den Tempi und den Rhythmen.
Es findet sich kein zweiter "Ronaldinho" auf dem Tape, aber man möchte sich zu jedem Track bewegen. Closer "Lalala" sollte eigentlich direkt Material für die Liste der Schamlos-Samples sein, aber irgendwie bettet er es Storytelling-mäßig ziemlich clever ein: Der Track erzählt von der Stockwerk-Party, die die Nachbarschaft anfrisst. Ja, man glaubt wirklich, dass man mit diesem Mann gerne Party machen würde.
Klar, nicht jeder Track ist ein Volltreffer, aber öfter als nicht findet Bobby gute, effektive Grooves. Und er weiß besser als viele andere Deutschrapper, wie man sich in den Dienst eines Instrumentals stellt. Soundtechnisch legt er hier ziemlich dick vor, eine sympathische Figur ist er sowieso. Wenn jetzt noch ein klein bisschen die Qualitätskontrolle verschärft wird, könnte der hier richtig gefährlich werden.


 
		
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