laut.de-Kritik

Man hat einen Bollywood-Streifen vor dem inneren Auge ablaufen.

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Gemessen an der Tatsache, dass die Londoner ihre ersten drei Alben in nur drei Jahren von 2009 bis 2011 veröffentlichten, schraubten Bombay Bicycle Club nun verhältnismäßig lange an der neuen Platte herum. Jack Steadman, Sänger, Gitarrist und Mastermind der Truppe, hat dafür auch gleich eine Erklärung parat: "In den letzten paar Jahren haben wir versucht, uns 'unserem Sound' anzunähern." Und in der Tat – die Vergangenheit des Ensembles weist in ganz verschiedene musikalische Richtungen.

Rückblick: Mit dem ersten Langspieler "I Had The Blues But I Shook Them Loose" gewannen die Herren anno 2010 den NME New Band Award gegen die inzwischen zu Indie-Giganten gereiften The XX und Mumford & Sons – doch im Gegensatz zu den Genannten blieb den Herren von BBC der große Durchbruch noch verwehrt. Was sollte man also vor dem jetzt erscheinenden vierten Werk dieses Quartett erwarten?

"Die Tatsache, dass wir unser Album selbst produziert haben, hat eine Menge geholfen", meint Steadman in Bezug auf den Selbstfindungsprozess der Band. Endlich habe man genau die Sound-Einstellungen umsetzen können, die den Musikern im Kopf vorschwebten. Am neuen Langspieler beteiligt ist übrigens Mark Rankin, in dessen Portfolio unter anderem das letzte QOTSA-Album auftaucht.

Entscheidende Faktoren, die schlussendlich dazu beitragen, dass sich BBC auf "So Long, See You Tomorrow" nicht verrennen: Sie scheren sich nicht um die Gründe für den Hype des Jahres 2008. Die Band geht neue Wege: Gitarren-Indie ist tot! Versetzt man sich in "Overdone" hinein, dann sieht man einen Bollywood-Streifen vor dem inneren Auge ablaufen: Hier und da sind Ausschnitte eines Stücks des indischen Sängers Kishore Kumar eingestreut.

"So Long, See You Tomorrow" zeigt sich offen für allerlei Weltmusik-Einflüsse. Im Verlauf der Platte ist noch das mit orientalischen Samples ausgeschmückte "Feel" zu hören. Oft präsentieren sich diese Samples dann versponnen in einem letztlich äußerst passgenau geschneiderten Klang-Anzug: Hier gibt es Verspieltes, teils gewohnt post-punkig schrammelnde Gitarren, die aber nie direkt ins Ohr prügeln, sondern meist anmuten, als hätte ein Gitarrist im Studio nebenan seine Fingerkuppen von puristischer Genialität geleitet zu den Songs übers Griffbrett schweben lassen.

Die Briten verknüpfen das gerne mit elektronischen Elementen, verfremdeten Vocals, tiefen Synth-Bässen und ausgewogen bassorientierten R'n'B-Drums. Logische Konsequenz ist ein schöner Track wie die erste Single "Carry Me". In diesem ist ein Sample des "Travelling Song" von Lucy Rose zu hören, das in einen wunderbar hymnischen und sphärisch schwebenden Refrain mündet.

Selbst die Titel, die streckenweise ein wenig abfallen, wie der balladenartige Beginn von "Eyes Off You", wirken im Gesamtwerk nicht fehl am Platz: Im Kontrast kristallisiert sich heraus, was hätte geschehen können, wären Bombay Bicycle Club in ihrer Band-Entwicklung an dem Punkt stehen geblieben, an dem sie einst in den Himmel gelobt wurden. Jetzt, vier Jahre später, spielt es sich abseits des Hypes aus der Deckung heraus viel unbeschwerter.

Trackliste

  1. 1. Overdone
  2. 2. It's Alright Now
  3. 3. Carry Me
  4. 4. Home By Now
  5. 5. Whenever, Wherever
  6. 6. Luna
  7. 7. Eyes Off You
  8. 8. Feel
  9. 9. Come To You
  10. 10. So Long, See You Tomorrow

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