laut.de-Kritik

Hip Hop-Teletubbies auf Campingtour.

Review von

Ich will ganz ehrlich sein: Wer das Cover sieht, kann sich unmöglich des Eindruckes erwehren, die Männer, die hier gleich ihre Stimmen zum Lobgesang auf den großen Hip Hop-Gott erheben wollen, seien Poser, Proleten, unterster Klischee-Abschaum. Zumal die Frisuren einzelner Mitglieder eher an die Teletubbies erinnern, als an eine gestandene Vereinigung von Rapmusikern.

Die Jungs vom Boot Camp scheinen um ihre Ausstrahlung zu wissen; als Begleitung für ihr Intro wählten sie den schnellen Herzschlag einer Person, wie er etwa durch ein Stethoskop klingt. Es folgt allerdings nicht der erwartete Exitus.

Was bei "And So" aus den Boxen dröhnt, ist ein klassisch pumpender Dirty South-Beat mit schöner synkopischer Verzögerung sowie Teks sehr treffender Rapstyle im Stil von B-Real. Diesen Track muss man sich einfach mehrfach anhören, gerade wegen des hervorragenden Beats aus dem Mischpult von Curt Cazal, der bereits auf der "Warriorz"-Platte von M.O.P. mitmischen durfte.

Die MCs geben sich in hervorragendem Wechsel die Klinke in die Hand, was bei einer immerhin siebenköpfigen Crew alles andere als selbstverständlich ist. Erinnerungen an die goldenen Wu-Tang-Zeiten kommen auf, wenn der Vergleich manchem auch blasphemisch vorkommen mag. So ganz unbeschriebene Blätter sind die MCs der Boot Camp Clik allerdings auch nicht. Tek und Steele bilden gemeinsam die Cocoa Brovaz, Buckshot ist Mitglied bei Black Moon, Starang, Louieville und Top Dog verdienten sich ihre Sporen bei den Originoo Gunn Clapaz.

Es folgt typischer G-Funk, wobei die Qualität der Beats trotz hochkarätiger Unterstützung von the Alchemist, der sonst für Mobb Deep arbeitet, und Boodah von Busta Rhymes etwas nachlässt. Eine Ausnahme bildet "Welcome To Bucktown USA", wo sich die Clik von Supreme und The Roots-Mitglied Scratch unter die Arme greifen lassen. Eine simple Pianobasslinie inclusive harmonischen Klaviersamples und tollen Scratches bescheren einen der Höhepunkte des Albums.

In "Had It Up 2 Here" meldet sich auch Illa Noiz eindrucksvoll zu Wort, ebenfalls Mitglied des Boot Camp. Es stellt sich die Frage, warum das einzige wirklich bekannte reguläre Mitglied der Stiefelrapper, Heltah Skeltah, keinen Part zu dem Album beisteuert. Die Antwort darauf liefert "Whoop His Ass", eine absolut clubtauglicher Crunktune. Wer solche Tracks abliefern kann, braucht kein Zugpferd.

Der nächste Stilwechsel vollzieht sich fast unmerklich. Auf einmal werden Frauenstimmen in die Beats gesampelt, und das Ganze driftet ziemlich in Richtung Jay-Z, wobei die beinahe schon charakteristische Basslastigkeit erhalten bleibt. "Think Back" besinnt sich dann wieder auf den G-Funk, der Titeltrack langweilt und stellt den kreativen Tiefpunkt des Albums dar.

Als Outro spricht Tek noch einige besinnliche Worte und beendet damit den Boot'schen Campingausflug durch die wichtigsten Hip Hop-Sparten der Jetztzeit. Das Album hinterlässt einen recht positiven Eindruck, wenn auch einige Tracks zu leicht vorhersehbar sind, und der grundlegende Rapstyle keine großen Variationen aufzuweisen hat. Ab und an reißt ein Übertrack das Album aus dem Mittelmaß, aber das alleine macht die Scheibe noch nicht zu einem must have.

Trackliste

  1. 1. Yo Boot Camp! (Intro)
  2. 2. And So
  3. 3. Let's Get Down 2 Bizness
  4. 4. Let's Roll
  5. 5. Welcome To Bucktown USA
  6. 6. That's Tough (Little Bit)
  7. 7. Yeah What Eva (Skit)
  8. 8. Had It Up 2 Here
  9. 9. Whoop His Ass
  10. 10. Daddy Wanna
  11. 11. Ice Skate
  12. 12. Just Us
  13. 13. Think Back
  14. 14. Chosen Few (Live For This)
  15. 15. Word's From Tek (Outro)

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Boot Camp Clik – The Chosen Few €30,76 Frei €33,76

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Boot Camp Clik

Frage: Ein New Yorker-Kollektiv, das aus der Hip Hop-Historie zu Zeiten der goldenen Ära des Genres nicht wegzudenken ist, das aber nicht mit fernöstlichen …

1 Kommentar

  • Vor 13 Jahren

    Bin grad zufällig auf dieses alte review gestoßen.
    Und ich glaube, nie ein schlechteres erblickt zu haben.

    Dirty South? Crunk? G-Funk???

    Tut mir Leid, Herr Gässlein, das hört sich für mich danach an als ob Mozart in ner Rock n Roll Tambourin gespielt hätte... das Review hier ist echt peinlich