laut.de-Kritik
Wüstensound und Geigennoten.
Review von Giuliano Benassi"Wir sind stolz auf dieses Album. Da wir uns nicht auf eine Stilrichtung festgelegen wollten, haben wir experimentiert und uns im Studio Zeit genommen ", erzählen Calexico zur Entstehung von "Feast Of Wire". Das Ergebnis ist ein Werk, das neben gewohnten Elementen auch neue Einflüsse und Ideen vorweisen kann.
Ist der Opener "Sunken Walz" ein typisches Calexico-Lied, mit ruhiger Erzählstimme, rhythmischer Akustikgitarre, Ziehharmonika und langgezogenen Begleitnoten, zeugt die erste Singleauskopplung "Quattro" von einer neuen Spielfreude: So klimpert es aus allen Richtungen, während Chef Joey Burns eine Fülle an Instrumenten spielt und eine unbekannte Vielfalt in seiner bisher eher monotonen Stimme birgt. Mit "Black Heart" beweist die Band dagegen, dass sie viel dazu gelernt hat: Streichinstrumente, Transistorengeräusche und eine dunkle, düstere Stimme erzeugen eine Atmosphäre, die dem Titel und dessen Lyrics gerecht wird.
Es ist nur der Anfang. Das Instrumental "Pepito" erinnert an "Battle of Evermore" von Led Zeppelin, "Not Even Stevie Nicks..." ist folkig, "Close Behind" hätte die B-Seite zu "Crystal Frontier" sein können, "Woven Birds" präsentiert sich einfühlsam, traurig und im 3/4-Takt. "Across The Wire" mit seinen fröhlich-melancholischen Mariachi-Klängen thematisiert das "exico" im Bandnamen, während "Dub Latina" und "Guero Canelo" einen Hauch Karibik verbreiten. Das jazzige "Crumble" hätte 1970 gut zur Eröffnungsszene eines Inspector Callaghan-Films gepasst.
Ein lebendiges, angenehm anzuhörendes und vielfältiges Album, also. Nach den Erfolgen von "Hot Rail" (2000) und der Single "Crystal Frontier" (2001) war die Gefahr groß, im Wüstenrockgenre hängen zu bleiben und sich immer wieder zu wiederholen. Der Aufbruch zu neuen Ufern ist Calexico mit "Feast Of Wire" zweifellos gelungen. Nur - zu welchem? Die Band scheint sich in eine neue Richtung bewegen zu wollen, weiß aber noch nicht so recht, wohin. Zu groß ist der Unterschied zwischen akribisch zusammen gesetzten Stücken wie "Black Heart" und Klangschnipseln à la Giant Sand wie "Stucco" oder "Attack El Robot! Attack". Zu weit der Abstand zwischen dem Wüstensound von "Sunken Walz" und der Meeresbrise von "Dub Latina".
Die Natur dieser Probleme ist jedoch nur ein weiterer Beweis fur die Güte der Band. Auch wenn "Feast Of Wire" das eine oder andere Kriterium für ein Meisterwerk nicht erfüllt - ein gutes Album ist es allemal. Was fehlt, sind etwas mehr Strenge und Zielstrebigkeit. Eine Aufgabe fürs nächste Album, vielleicht? Vorerst können wir uns aber auf eine ausgedehnte Europa-Tournee freuen.
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