laut.de-Kritik
Sie muss dich wirklich mögen, Dude.
Review von Markus BrandstetterWas bisher geschah: Sie lebt, weil du ihr Atem bist, sie schläft, wenn du das Kissen bist, sie möchte trinken, wenn du durstig bist - oder so ähnlich. Sie, das heißt Christina Stürmer.
Sie hat ein neues Album veröffentlicht, und zu Beginn sagt sie dir zur Abwechslung, was DU für SIE bist. Das hat in der Liebespoesie des konsensfähigen deutschsprachigen Populärliedes ja immer Saison.
Du bist nämlich ihr Katapult, singt La Stürmer zu Beginn des neuen Longplayers. Alles beginnt, wie auch Silbermond- oder Juli-Platten beginnen. "Bei dir find' ich den Antrieb, den ich brauch', du lässt mich fliegen / Du bist mein Katapult", und später: "Du schickst mich immer wieder hoch hinaus / Du lässt mich fliegen / Bei dir find' ich den Antrieb, den ich brauch'." Sie muss dich wirklich mögen, Dude.
Es folgt eine lyrisch profunde Ballade darüber, dass in der Welt sehr viel passiert und im Privatleben auch (Welten entdecken, Liebe gestehen, Lieder schreiben, Tanzen, Singen et cetera). "Und wir gehen den Weg von hier, Seite an Seite / Ein Leben lang, für immer."
Es wird nicht die letzte Ballade bleiben. "Träum Weiter" ist atmosphärischer Sound für den Dancefloor im All-Inclusive-Club, das "Get Lucky" der Stürmer. Es geht um Selbstermächtigung, sie hat ja bereits ein junges Erwachsenenalter erreicht, in dem es durchaus in Ordnung geht, weise Ratschläge an Prä-Adoleszente zu verteilen.
"Geh weiter, gib niemals auf / Denn wenn dus träumen kannst, dann schaffst dus auch" und "Nur weil es vor uns keiner jemals versucht hat / Heißt das nicht, dass es nicht geht": Man kann nur hoffen, dass der Beratschlagte die Lehrpoesie auch im wahren Leben umgesetzt hat. "Träum' weiter, auch wenn sie sagen, du spinnst." Aber genau, Hombre! Hör' da ruhig gut zu und schreib' dir das hinter die Ohren.
Stürmer scheint überhaupt viel Lust auf Balladen zu haben. Vielleicht hat sie sich in letzter Zeit sehr viele Gedanken über das Leben gemacht. Auf "Du Fehlst Hier" folgt gleich die nächste, "Astronaut". Diesmal soll man sich vorstellen, man sei schwerelos. Crazy!
"Ein Teil Von Mir" ist dann wieder all about the Durchhalteparole. Erst bei "Tanzen" haben die Balladen Pause. Es geht ums Tanzen. "Warum muss ich immer Großes bewegen? Ich möchte einfach nur tanzen", singt sie. Musikalisch passiert hier nichts anderes als gut produzierter und bedacht ausarrangierter Deutschpop. Viel Klaviersounds, effektierte E-Gitarren, geradlinige Drumbeats, dazu immer einen Klacks Atmosphäre.
"Tragflächen" steckt voller Meer, Wind und genanntem atmosphärischem Pop, den die ebenfalls bereits genannten Juli auf ihrem letzten Album "Insel" nicht besser hinbekommen haben. "Niemals Mehr Für Immer" trägt wiederum nicht nur einen hochdramatischen Titel, sondern richtet zudem eine Ode an die Vergänglichkeit. "Es ist niemals mehr für immer, es ist niemals mehr wies war. Von unseren Plänen und Versprechen ist heute nichts mehr da".
Auch bei "Leicht" mag Christina Stürmer dich wieder sehr gerne, weil du den Herbst zum Frühling machst. "Das Leben ist kompliziert und manchmal ganz schwer, doch mit dir ganz leicht", beteuert sie. Es tut nie weh, es bleibt aber auch nie besonders viel hängen. Viel Substanz besitzt das Ganze nicht.
Bei "Neue Farben" fragt sie dann: "Fühlt sich dein Leben manchmal grau an / So wie der Winter hier in Wien?" Der Winter in Wien ist übrigens nicht leiwand. Daraufhin setzt es wieder Lebensratschläge, ehe es dann mit der - Überraschung! - Ballade "Zeppelinherz" zu Ende geht. Was ein Zeppelinherz ist, weiß ich nicht. Vielleicht eines, das viel heiße Luft ablässt. Würde zu dieser Art von Deutschpop eigentlich passen.
10 Kommentare mit 6 Antworten
Ganz schlimm gegimptes Cover.
Die gibt's noch?
Läuft zzt jede Stunde im Staatsradio.
Ich mag sie aber nicht.
Ich auch nicht!
me2!
Als Vertreter des positiven Sexismus würd ich da nicht Nein sagen.. ansonsten braucht die aber echt niemand. Nuff said.
Ein Katapult schmeißt Dinge von sich, kann den Besungenen daher gut verstehen.
Gruselig