laut.de-Kritik
Rockrotz fürs große Stadion.
Review von Kai ButterweckNach den vielen, in der Corona-Zeit entstandenen düsteren Platten ist endlich mal wieder ein bisschen Hoffnung angesagt. Cold Years lassen schon mit dem Titel ihres zweiten Studioalbums keine Zweifel aufkommen, dass sie es mit dem Stimmungswechsel ernst meinen. Sänger Ross mimt zu Beginn des Openers "32" noch den zarten Pop-Troubadour, ehe er sich nach einer knappen Minute die Gitarre um die Schulter hängt und in bester Billie Joe Armstrong-Manier zum Punkrock-Großangriff ausholt.
Die Band aus Aberdeen fällt bezüglich ihrer Einflüsse mit der Tür ins Haus. Ross klingt wie eine Mischung aus Dave Hause und Brian Fallon. Seine Vocals werden von energiegeladenem Rock und satten Punk- und Alternativ-Verweisen angetrieben. So geht es der britischen Politik mit viel Rotz und kraftvollen Grooves an den Kragen ("Britain Is Dead"). Das Ende der schlechten Laune ("Goodbye To Misery") feiert die Band ausgelassen zu lupenreinem Stadionrock, ehe man mit dem flotten "Headstone" wieder zur Green Day-Schule zurückkehrt.
Cold Years versuchen erst gar nicht, das Rad des kantigen Rotzrocks neu zu erfinden. Vielmehr achten die Schotten darauf, bereits vorhandene Zutaten des Sounds so zu mixen, dass am Ende ein eigenständiges Klangmenü entsteht, das jedem Fan der erwähnten Referenz-Bands ein breites Lächeln ins Gesicht zaubert.
Die großen Momente des Albums kommen kurz vor der Halbzeitpause. Mit den treibenden Rocknummern "Home" und "Never Coming Back" beweisen Cold Years, dass sie das Zeug für die richtig großen Venues dieser Welt haben. Mit nachhaltigen Melodien, die die intensive Liebe zum Pop offenlegen, und einem ausgeprägten Gespür für facettenreiches Songwriting kreiert die Band so manch beeindruckende Hymne.
Wenn gegen Ende einige hochkarätige Against Me!-Verweise auftauchen ("Say Goodbye", "Kicking And Screaming") und der immer wieder ausgespiene Rockrotz Rekordweiten erreicht ("Jackknife"), kann man nur noch den Hut ziehen. Cold Years lassen den Großteil der Konkurrenz spielend leicht hinter sich. Sollte das so weitergehen, steht einer Zukunft im Rampenlicht der ganz großen Arenen nicht mehr viel im Weg.
1 Kommentar
Solides Gute-Laune-Album. Könnten vllt. in die Fußstapfen von The Gaslight Anthem treten hätten letztere sich nicht gerade erst wieder zusammengetan.