laut.de-Kritik
Akustische Zerstörungswut zum 20-jährigen Bandjubiläum.
Review von Robert FröweinChile ist ja nicht unbedingt das Paradebeispiel für amtlichen Metal. Vielleicht liegt es auch daran, dass die wenigen bekannten Bands von dort relativ schnell das Weite suchen. Die Doom Metal-Senkrechtstarter Procession etwa befinden sich großteils in Schweden, das Death/Thrash Kampfgeschwader Criminal hat seinen Hauptwohnsitz vor einiger Zeit nach Großbritannien verlegt. Zudem feiern die letztgenannten Schwiegermütterverschrecker um Shouter und Rhythmusgitarrist Anton Reisenegger dieses Jahr ihren 20. Geburtstag und zelebrieren diese Begebenheit in Form des siebenten Studioalbums "Akelarre".
Reisenegger selbst hat schon im Vorfeld verlautbart, die langjährigen Fans von Criminal müssten keine Angst haben, denn obwohl "Akelarre" übersetzt "Hexensabbat" bedeute, mutiere man keinesfalls zu einer Black Metal-Combo. Nun gut, wer sich mit der Criminal-Diskographie bislang vertraut gemacht hat, darf das berechtigterweise anzweifeln. Denn schon das 2004er Werk "No Gods, No Masters" kokettierte frech mit Grindcore, "White Hell" wurde vom hoch geschätzten Kollegen Edele partiell beim Schwedentod verortet.
Auf "Akelarre" orientieren sich Criminal nun wieder stark am rifflastigen Südamerika-Thrash älterer Prägung. Das fällt spätestens beim zweiten Albumsong "Resistance Is Futile" oder beim Tribal-artigen "State Of Siege" auf, die beide stark von Criminals ewigen Vätern im Geiste, Sepultura, beeinflusst sind.
Neben dem Augenmerk auf messerscharfe Riffs scheinen die Exil-Chilenen auch das Patent für Groove und Eingängigkeit bekommen zu haben, denn neben der stets hohen Geschwindigkeit erweisen sich Songs wie "The Ghost We Summoned" oder "The Power Of The Dog" als wahre Nackenabschrauber. Irgendwo zwischen der unkontrollierten Thrash-Brutalität von Legion Of The Damned und puristischer Old-School Salven der Marke Destruction betten sich Criminal in ihr eigenes Nest akustischer Zerstörungswut, verlieren über die volle Albumdistanz aber sukzessive an Spannung und Verve.
Das merkt man bisweilen am eher suboptimal geglückten Speed Metal-Einwurf "Akelarre" oder dem Death Metal-lastigen, dennoch austauschbaren "Vows Of Silence". Nach dem letztjährigen Ausstieg von Gründungsmitglied Rodrigo Contreras haben Criminal auf "Akelarre" auch die Solos zurückgeschraubt, obwohl sich Nachfolger Omar Cascallar bei seinen Einsätzen schadlos hält.
Für die Champions League des Genickbruch-Metal reichts bei Criminal leider auch diesmal nicht. Gerade im Thrash-Kosmos ist die Konkurrenz zurzeit so groß und stark, dass selbst dieses durchaus feine Teil nicht zum Überdurchschnitt addiert werden kann. Zum Wochenende einläuten und Bierkapseln köpfen taugt das Stück aber allemal. Damit sind der blonde Anton und seine Spießgesellen ohnehin wieder im grünen Bereich.
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