laut.de-Kritik
In den Dance-Pop-Abgründen des ZDF-Fernsehgartens.
Review von David HutzelEinst verwöhnten uns die Crystal Fighters mit ihren Hybriden aus kurzweiligem Pop und Dubstep-Anleihen. Lange bevor letztere ihren Weg in Songs von Justin Bieber, Taylor Swift und Alex Clare und somit in die Top-Ten-Charts dieser Welt fanden. Nachdem auch die baskisch-britische Band spätestens mit der Feed Me-Kollaboration "Love Is All I Got" Erfolge verbuchen konnte, verwundert es vielleicht gar nicht: Auf dem neuen Langspieler "Cave Rave" frönen die Musiker fast gänzlich dem durchsichtigen, weit weniger spannenden und einfachen Pop.
Ist das nun ein weiterer Schritt in Richtung Mainstream – oder darf es gar als eine Art Gegentrend betrachtet werden? Schließlich sollte die Musik einst als "Statement gegen die kulturelle Homogenisierung Europas" fungieren, mahnte Synth-Frickler Gilbert noch im Zuge des ersten Albums.
Mit "Cave Rave" scheint dieses ambitionierte Zitat zumindest weitestgehend relativiert. Höhlen-Hall-Stimme und Schlager-Melodie leiten in "Wave" eine handzahme Platte ein, das kleine Bisschen Bass traut sich niemals, aus dem Schatten der braven Stimmung herauszutreten. Nette Sommer-Songs a là Vampire Weekend ("LA Calling"), ganz hübsche Folk-Pop-Lieder ("No Man") und verträumte Synth-Nummern ("Everywhere") gibt es zuhauf. Doch gut begonnen verhallt das Gros dieser Momente in der Bedeutungslosigkeit.
Die richtig schlimmen, schmerzenden Stücke des Albums beanspruchen glücklicherweise nur den Mittelteil für sich: Die Brandung zu Beginn von "Bridge Of Bones" macht Platz für seichte Klavierklänge, Lionel Richie-Feeling breitet sich aus. Irgendwie karikieren sich die Musiker mit dieser schmalzigen Version des astreinen Pop der ersten Platte inzwischen selbst. Auch "Love Natural", das einen vom ersten Moment an in die grausigen Dance-Pop-Abgründe des sonntäglichen ZDF-Fernsehgartens hinabreißt, gehört in diese Kategorie.
Der einzige Song, der davon zeugt, dass die Wahl-Londoner das Melodie-Handwerk der unkonventionellen, erfrischenden Art noch nicht verlernt haben, trägt den Namen "Are We One". Das Stück wandelt zwar ebenso stets an der Grenze zur Cheesiness, doch ist es nicht vollständig glatt produziert, wabert hier und da. Bis zuletzt die einzige Rechtfertigung für das Wort "Rave" im Albumtitel. Mit den restlichen neun Tracks kann sich die Band getrost in einer der besagten Höhlen im baskischen Gebirge wegschließen.
4 Kommentare
Wäre jammerschade, wenn das so stimmt.
Hmm, waren mir immer sympathische Hipster. Das Video zu "I Love London" ist ja wohl mal ein Meilenstein.
naja, ganz so schlecht is es nu wirklich nich.
aber im vergleich zum überragenden debut doch ein wenig enttäuschend.
man vermisst total die power und einzigartigkeit des erstlings.
viele schöne melodien, kein schlechter trakc dabei, aber halt auch wenig woran man sich wirklich längerfristig erinnert.
eindeutig ein rückschritt.
4/5
leider absolut zutreffende Kritik, "No Man" sehe ich ebenfalls noch etwas weiter vorne. Insgesamt darf man aber echt schockiert sein. Auch auf dem Erstling waren schon Nummern dabei, die wohl nur bei Live-Auftritten funktionieren ("I Do This Everyday; "I Love London"), auf der anderen Seite gab es aber wunderschönes oder auch kreatives Liedgut zu bewundern. Dieses Mal ist es einfach nur erschreckend, was den Chrystal Fighters gelungen ist. War aber mit dem bereits vorab präsentierten "Separator" durchaus so zu erwarten. 2/5 kann man daher schon geben.