laut.de-Kritik
Lauwarmes Schlager-Revival ohne jede Inbrunst.
Review von Dani Fromm"Ein Lied Kann Eine Brücke Sein". Stimmt wohl - und kaum etwas entführt einen so schnell so restlos in nostalgische Gefilde wie der richtige Schlager zur richtigen Zeit. Schlager, damit wir uns hier auf keinen Fall missverstehen, sind toll. Sie lassen in Erinnerungen schwelgen, wecken anheimelnde Sehnsucht nach einer heilen Welt, die allerhöchstens bittersüßes Liebesleid trübt.
Wohlan: Zelebriert den Schlager, huldigt ihm. Er hat es verdient. Was er dagegen keinesfalls verdient hat: zu halbgaren, lauwarmen Aufgüssen verwässert zu werden, wie sie Dieter Thomas Kuhn und Band hier vorsetzen.
Dabei scheitert das Album keineswegs an der Auswahl des Liedguts. Einen Hit am anderen knöpft sich Dieter Thomas Kuhn vor, von Su Kramers "Hier Ist Das Leben" bis zu Marianne Rosenbergs Dauerheuler "Marleen". "Hallo, Herr Nachbar", winkten einst Cindy & Bert, über eine Existenz in Buchform sinnierte Daliah Lavi. Jeder kennt sie, die Geschichte vom Teufel und dem jungen Mann, die Paola einmal erzählte, Christian Anders' "Verliebt In Den Lehrer" oder Roberto Blancos Rückkehr nach Amarillo.
Dieser Umstand schadet Dieter Thomas Kuhn enorm: Er muss sich nämlich unwillkürlich dem Vergleich mit den ursprünglichen Interpreten stellen - und kackt dabei gediegen ab. Es fehlt ihm die Inbrunst einer Manuela, wenn er die deutsche Version von "Killing Me Softly", "Etwas In Mir Wurde Traurig", anstimmt. Für "Ich Steh' Ja So Auf Disco", womit schon Udo Lindenberg zur "Damenwahl" blies, mangelt es Kuhn an dessen Fähigkeit zur Selbstironie.
Viele seiner Vorbilder gehen auch nicht gerade als die allerstärksten Sänger durch, doch warfen sie sich mit Herz und Seele, Haut und Haaren in ihre Titel. Den Eindruck hat man bei Dieter Thomas Kuhn schon lange nicht mehr. Wie eine Pflichtübung rattert er etwa "Ich Komm Zurück Nach Amarillo" herunter.
Fürs Schlager-Revival-Festzelt, wo man unbedingt einen Live-Act braucht, mag das genügen. Mit fällt allerdings überhaupt kein Grund ein, warum man sich aus der Tonkonserve statt dieser Neuauflagen ohne Tiefgang und Emphase nicht lieber gleich die furiosen Originale anhören sollte.
Eine einzige Nummer kannte ich nicht: Für "Wärst Du Die Sonne" zeichnet Lukas Hilbert verantwortlich. Er bedient sich - wohl, um den Schock des unverhofft Unbekannten abzumildern - ausgesprochen vertrauter Harmonien. Tom Pettys "Learning To Fly" oder "Talking Bout A Revolution" von Tracy Chapman grüßen aus den Gitarrenakkorden.
Dieter Thomas Kuhns Begleitband indes liefert solides Handwerk, setzt die Nummern, wenn schon nicht besonders einfallsreich oder originell, so doch angemessen flott und schmissig in Szene. Percussion, Bläser, Streicher- und Orgelklänge laden zum Tanztee-Schwof.
Auch wenn Dieter Thomas Kuhn noch eine Michael Holm-Nummer und Bee Gees "Nightfever" hintendran klatscht, spricht das Schlusswort der große, weiterhin unerreichte Udo Jürgens: "Noch ein Hauch von Zärtlichkeit, noch ein Blick, dann ist es vorbei." "Hier Ist Das Leben" wirkt dermaßen belanglos, dass man sich noch nicht einmal dazu aufraffen kann, sich zu ärgern. "Man tut so, als wäre nichts geschehen, und dann sagt man sich Goodbye." Ist ja nichts passiert. Die Erinnerung an die Evergreens, die dieser Platte zugrunde liegen, nimmt uns niemand fort.
3 Kommentare
Der Dieter. Hat den Absprung schon lange verpasst. Jetzt ist er nur noch eine schlechte Karikatur einer schlechten Karikatur.
Alles egal, Live Open Air auf der Neckarwiese, direkt am Fluß, 30 Grad, Sonnenschein, ein kühles Bier in der Hand (nicht das Erste an diesem Abend) und schon ist diese Rezension belanglos (so geschehen letztes Wochenende ^^)
Dani, diese Kritik ehrt dich!