laut.de-Kritik
Die Tracks besitzen ausreichend Bums.
Review von Gregory BritschDirt Crews "The First Chapter" war ja kein Album im eigentlichen Sinne. Hierbei handelte es sich vielmehr um eine Zusammenstellung ihrer Singles aus den Jahren 2004 und 2005 für My Best Friend und Moodmusic. Darunter befinden sich zahlreiche Hits wie "Rok Da House", "808 Lazerbeam", "Darkside" oder "Largo". Ein Jahr später liefern Felix B. Eder und sein Partner Peter Gijselaers auf dem eigenen Label Dirt Crew Recordings geschwind ihr Debütalbum nach.
Mit "Raw" erweitern Eder und Gijselaers den stilistischen Horizont ihres Dirt Crew-Projekts. Spielte zuvor die charakteristische, dreckige Rohheit von Houseklängen alter Schule sowie ein latentes, greifbares Gefühl von Rave eine entscheidende Rolle, legten die beiden bei der Produktion von "Raw" ihr Augenmerk auf einen stärker akzentuierten Sound.
Die Tracks gehen nicht mehr ganz so offensichtlich nach vorne. Offenbar war im Studio mehr Subtilität das Gebot der Stunde. Ein ungeahnter Tiefgang hat sogar Einzug gehalten, die Dubversion von "Deep We Are" – der Titel ist Programm, geriert sich beispielsweise schön tiefgängig und hat obendrein noch eine feine Hookline auf einem satten Beat zu bieten. Ebenso gefühlsmäßig wohltemperiert wirkt "How Does It Feel", insbesondere dessen smart arrangierte Strings.
In eine vergleichbare Kerbe schlägt "In The Park". Zu Beginn dröhnt sanft eine warme Bassline, später gesellen sich satt schmalzende Handclaps dazu und die nächste Hook biegt mit Jack im Schlepptau um die Ecke. Aller soundtechnischen Diversifizierung zum Trotz haben die Tracks alleweil ausreichend Bums, um es mal salopp zu formulieren.
Und die Dirt Crew frönt auch nach wie vor ihrer alten Liebe Oldschool, wie das mit perkussiven Tribalelementen ausgestattete "Coming For You" oder "Boogie Down" nachdrücklich zeigen. Entgegen dem unter vielen deutschen House- und Technoacts verbreiteten Neigung, dem Hype um Minimal zu erliegen und auf den fahrenden Zug noch aufzuspringen, nehmen Eder und Gijselaers das ganze Bohei wohl eher gelassen zur Kenntnis. Wenngleich sie mit "Get Raw" fast schon ein Muster an kickend-hypnotisierender Reduktion abliefern.
Dass die zwei Dirt Crew-Mitglieder nebenbei auch noch Remixer sind, die ihr Handwerk verstehen, dürfte mittlerweile ausgiebig die Runde gemacht haben. Auf einer zweiten CD sind neun Versionen versammelt, die Eders und Gijselaers' Talent zeigen, Tracks zu pimpen und zu veredeln, ohne über die Stränge zu schlagen. Und gleichermaßen einen unverkennbaren Stempel hinterlassen, manches Mal sogar besser als das Original klingen.
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